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Vor Koalitionsverhandlungen
"Grundgesetz für alle" mahnt: Trans Menschen nicht vergessen
In ihrem Sondierungspapier haben die Ampel-Parteien zwar Schwulen, Lesben und Bisexuellen den Diskriminierungsschutz im Grundgesetz in Aussicht gestellt, allerdings nicht geschlechtlichen Minderheiten.

Die Initiative "Grundgesetz für alle" will den Diskriminierungsschutz für queere Menschen endlich verfassungsrechtlich verankern
- 18. Oktober 2021, 14:08h 3 Min.
Die Initiative "Grundgesetz für alle" hat die im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP vorgelegten Punkte zur Verbesserung der Situation von queeren Menschen in Deutschland, etwa die Abschaffung des Transsexuellengesetz, begrüßt. Die drei Parteien hatten sich darauf verständigt, in allen Bereichen gegen Queerfeindlichkeit vorzugehen (queer.de berichtete).
Allerdings warnt die Initiative davor, das Grundgesetz um lediglich das Merkmal "sexuelle Identität" zu erweitern. Trans*, inter*, queere Menschen gingen auf diese Weise leer aus, so die Aktivist*innen. Im Papier der drei Parteien hatte es konkret geheißen: "Wir wollen den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen."
"Alle Menschen in Deutschland verdienen den verfassungsmäßigen Schutz durch unser Grundgesetz. Um auch queeren Menschen diesen Schutz zu bieten, ist eine Ergänzung des Artikels 3, Absatz 3 zum Schutz von sexueller Identität sowie auch geschlechtlicher Identität essentiell", erklärte Christian Gaa, der Initiator von "Grundgesetz für alle". "Eine Ergänzung lediglich um das Merkmal der 'sexuellen Identität' reicht nicht aus. Dies würde nur das LGB von LGBTIQ+ schützen." Diese Erkenntnis baue nicht auf einem Bauchgefühl auf, sondern auf den einhelligen Stellungnahmen von renommierten Expert*innen wie der Berliner Verfassungsrichterin Ulrike Lembke, Professorin Anna Katharina Mangold oder Professorin Johanna Schmidt-Räntsch. "Eine Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags kommt zu einer vergleichbaren Einschätzung. Das darf nicht ignoriert werden!", so Gaa.
Ungarn zeige, "wie man trans Personen per Gesetz auslöscht"
Julia Monro von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität ergänzte: "Die geschlechtliche Identität gehört als eigenes Merkmal ins Grundgesetz, denn wir haben alle gesehen, wie schnell sich Mehrheitsverhältnisse ändern und neue Regierungen gebildet werden können und erleben nun z.B. in Ungarn, wie man trans Personen per Gesetz auslöscht." Für sie sei es frustrierend, "dass die geschlechtliche Identität immer wieder 'vergessen' wird". Dabei existiere seit fast drei Jahren der Personenstand divers und das Grundgesetz spreche immer noch nur von Gleichberechtigung für Männer und Frauen. "Spätestens daraus resultiert doch schon der Auftrag, das Grundgesetz anzupassen", erklärte Monro. Sie appellierte an SPD, Grüne und FDP, "den verfassungsmäßigen Schutz aller Menschen der queeren Community zu vereinbaren".
SPD, Grüne und zuletzt FDP haben inzwischen der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Es wird erwartet, dass die drei Parteien vor Weihnachten eine Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bilden werden. Für eine Grundgesetzänderung ist die mögliche Ampel-Koalition auch auf die Opposition angewiesen, da sie weder im Bundestag noch im Bundesrat über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfügt. (dk)














