Zu Update springen: Breymaier nicht mehr Leiterin der Arbeitsgruppe (21.10.)
Eine Personalie sorgt für großes Entsetzen in der queeren Community: Mit der Bundestagsabgeordneten Leni Breymaier lässt die SPD ausgerechnet eine Gegnerin von Trans-Rechten mit Grünen und FDP über die künftige Queerpolitik der Ampelkoalition verhandeln. Die 61-Jährige ist Sprecherin der SPD im Arbeitskreis "Gleichstellung, Vielfalt", dem für ihre Partei außerdem Karamba Diaby, Petra Köpping und Kaweh Mansoori – und damit keine einzige queere Person – angehören. Der Koalitionsvertrag wird in insgesamt 22 Arbeitskreisen verhandelt.
Breymaier lehnt ein Selbstbestimmungsgesetz für trans, inter und nichtbinäre Menschen strikt ab. "Ich hätte den Gesetzentwürfen von FDP und Grünen zur geschlechtlichen Selbstbestimmung, auch wenn die Abstimmung freigegeben gewesen wäre, nicht zugestimmt", erklärte die SPD-Politikerin im Mai in einem polemischen Facebook-Post, für den sie damals aus der SPDqueer scharf kritisiert wurde (queer.de berichtete).
Breymaier hält "biologisches Geschlecht" für maßgeblich
"Deine Standpunkte sind leider sehr deckungsgleich mit denen, welche wir von rechts Außen und sogenannten TERF's zu hören bekommen", wandte sich etwa Mara Geri, die Landesvorsitzende der SPDqueer Berlin, an die Abgeordnete. Breymaier fragte in ihrem Post unter anderem, warum "das gefühlte Geschlecht juristisch über dem biologischen Geschlecht stehen" solle. Darüber hinaus kritisierte sie, dass auch Jugendliche Zugang zu Behandlungen haben sollen. Die Einnahme von Pubertätsblockern bezeichnete sie als "ziemlich lifestylig".
Die frühere SPD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg hatte bereits 2019 in einer Aktuellen Stunde Zweifel an Reformvorschlägen für das Transsexuellengesetz geäußert (queer.de berichtete). Letztes Jahr sorgte sie mit der gemeinsam mit 15 anderen Bundestagsabgeordneten formulierten Forderung, Sexarbeit zu kriminalisieren, für Aufregung (queer.de berichtete).
Neben Breymaier kritisierte im Mai mit Karamba Diaby ein weiteres SPD-Mitglied im Arbeitskreis "Gleichstellung, Vielfalt" die von Grünen und FDP vorgelegten Gesetzentwürfe für ein Selbstbestimmungsgesetz. "Sie verharmlosen aus meiner Sicht Geschlechtseintragsänderungen und operative Eingriffe", schrieb er in einer "persönlichen Erklärung".
"Wie oft wollt ihr noch auf uns rumtreten?"
In sozialen Medien gibt es heftige Kritik an der Berufung Breymaiers. "Wie oft wollt ihr noch auf uns rumtreten? @spdbt Mit Leni Breymaier habt ihr eine queerfeindliche und vor allem transfeindliche Person als Verantwortliche für queere Themen eingesetzt. Wollt ihr uns verarschen?", schrieb ein junger trans Mann auf Twitter.
In anderen Posts hieß es: "grobe Fehlbesetzung", "als Verhandlerin untragbar" oder "ein Schlag ins Gesicht für alle, die meinen die SPD stehe für gleiche Rechte für queere Menschen". Ein User kommentierte: "Das ist wie Höcke als neuen Chef vom Verfassungsschutz einzusetzen."
Die SPDqueer zeigte sich dagegen optimistisch: "Wir haben eine klare Linie in der @spdde. Und alle an den Verhandlungen Beteiligten haben sich daran zu halten!", erklärte die LGBTI-Organisation der Partei in einem Tweet. "Deswegen sind wir überzeugt, dass am Ende Konsens über ein #Selbstbestimmungsgesetz, Art. 3GG etc. bestehen wird."
Die SPDqueer sei "irritiert über die Benennung von Leni zur Verhandlungsführung", ergänzte die stellvertretende Bundesvorsitzende Sarah Unger auf Twitter. "Wir sind im Austausch mit Mitgliedern des @spdde PV und bringen unser Missfallen deutlich zum Ausdruck. Wir erwarten, dass die Ankündigungen des #Zukunftsprogramm konsequent umgesetzt werden!"
Im Sondierungspapier von SPD, Grüne und FDP taucht ein Selbstbestimmungsgesetz nicht auf. Dort heißt es lediglich, man wolle das Transsexuellengesetz "anpassen" (queer.de berichtete). (mize)
Update 21.10., 15:05h: Breymaier nicht mehr Sprecherin
Statt Leni Breymaier leitet nun Petra Köpping das SPD-Team in der Arbeitsgruppe "Gleichstellung, Viefalt" der Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP. Dies teilte die SPD-Pressestelle am Donnerstagnachmittag auf Anfrage von queer.de mit (Liste aller SPD-Vertreter*innen). Breymaier ist jedoch weiterhin dabei. Eine Begründung für den Wechsel wurde nicht mitgeteilt.
Update 17.05 Uhr: Das sind die Verhandler*innen von Grünen und FDP
Die Grünen schicken ein ausschließlich weibliches Team in die Arbeitsgruppe "Gleichstellung, Vielfalt", darunter die bisherige queerpolitische Fraktionssprecherin Ulle Schauws sowie die erste offen bisexuelle Bundestagsabgeordnete Ricarda Lang. Außerdem dabei sind Aminata Touré, Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags, sowie die ehemalige frauenpolitische Sprecherin der Partei Gesine Agena.
Die FDP schickt u.a. Michael Kauch, Chef der Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL), in die Koalitionsverhandlungen. Der Arbeitsgruppe "Gleichstellung, Vielfalt" gehören für die FDP außerdem die Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr, der ehemalige Justizminister von Rheinland-Pfalz Herbert Mertin sowie Bayerns Fraktionschef Martin Hagen an.
Wie wurde ich hier gebasht, als ich vorhersagte, dass Grün und Gelb gemeinsam die SPD bei u.a. diesem Thema vor sich hertreiben müssen