Die erste "International Queer Buddhist Conference" (IQBC) fand am 23. und 24. Oktober online statt. Thema war ein engagierter Buddhismus, der sich aktuellen Problemen und Herausforderungen stellt und eben keine weltabgewandte Glaubensreligion sein will. Mehr als 300 Personen aus der ganzen Welt waren dabei, um auf Zoom Podiumsdiskussionen zuzuhören, in Workshops zu diskutieren und gemeinsam zu meditieren.
"Schon seit mehreren Jahren – lange vor der Pandemie – merkte ich, dass ich als lesbische non-binäre Frau bei verschiedensten Veranstaltungen entweder mit Vorurteilen konfrontiert oder knallhart gemobbt wurde", erklärte Organisatorin Dr. Rotraut Jampa Wurst zu der Veranstaltung. "Vielen meiner queeren Freund*innen geht es ähnlich, egal ob dies Berufliches betrifft oder Familie/Verwandtschaft etc. Daher machte ich es mir zur Aufgabe, eine Konferenz zu organisieren, die einen 'safe space' für alle Menschen ermöglicht, die nicht in die heteronormative cis-gender Gesellschaft passen. Ich freue mich schon auf viele folgende IQBCs."
Praktizierende und Dharmalehrer*innen vieler Richtungen dabei
Die Themen hatten einen Fokus auf Buddhismus und Feminismus, Queerness sowie Diskriminierung und den Möglichkeiten, gegen diese vorzugehen. Auch die Frage nach Möglichkeiten des Zusammenhalts in der Community wurde gestellt: "Peace in the Community: How can we work together respectfully and effectively, and gain societal support?"
Die Veranstaltung war traditionsübergreifend, und so waren Praktizierende und Dharmalehrer*innen vieler Richtungen vertreten: Tibetischer Buddhismus, Theravada, Zen, Shingon, Jodo Shu, Jodo Shinshu und viele mehr. Gerade der japanische Pure-Land-Buddhismus ist gegenüber queeren Menschen sehr inklusiv – so wurden etwa nach dem Zweiten Weltkrieg in Tempeln in Amerika die ersten gleichgeschlechtlichen Ehen gefeiert. Die US-amerikanische Gesellschaft zeigte sich weniger tolerant.
Todesdrohungen gegen schwulen Mönch
An der Konferenz sprachen auch viele Ordinierte. Ven. Ayya Yeshe zeichnete in ihrem Vortrag "The Accidental Nun of the Slum" ein sehr drastisches Bild über die Lage von Frauen, aber auch von marginalisierten Gruppen wie queeren Menschen, die sie aus ihrer Erfahrung in sozialen Projekten in Indien gewonnen hat.
Yen. Ayya Vimala, Bhante Akaliko und Bhante Sumano reflektierten ihre Lage als Ordinierte in einer Tradition, die sich schwer tut mit Gleichberechtigung zwischen Mönchen und Nonnen, aber oft auch queere Menschen von der Ordination ausschließt. Schockierend war der Bericht von Bhante Akaliko, der als schwuler Mönch von Menschen, die sich als Buddhist*innen bezeichnen, Todesdrohungen erhält. Dass dies niemals im Einklang mit buddhistischen Werten steht, diskutierte Ven. Thich Nu Tinh Quang in ihrem Beitrag "What the Buddha said about LGBTQ".
Buddhistische Perspektive auf "Love, Lust and Loneliness"
In einem weiteren Invited Talk sprach Bhante Akaliko über eine buddhistische Perspektive auf "Love, Lust and Loneliness". Der Vortrag "Gender & Variability (Dis/Ability) – a Queer Buddhist Perspective" beschäftigte sich mit Menschen, deren Körper und Geist von der gesellschaftlich definierten Norm abweichen und die von der Gesellschaft in Folge an der Teilnahme behindert werden.
In dem Vortrag "Possibilities of Buddhist Peacemaking" berichtete Shelley Anderson über ihre Erfahrungen, Schulung und Untersuchung Gender-sensitiver, aktiver, gewaltfreier Konfliktlösungsformen. Sie wurde 2005 für den Friedensnobelpreis zusammen mit 1.000 anderen Frauen nominiert, die unterschiedliche Modelle sichtbar machen, wie man in schwierigen, manchmal hoffnungslos erscheinenden Situationen, kreativ und erfolgreich Konflikte löst.
Ken Ireland berichtete von der Aids-Krise und wie die amerikanische Hospizbewegung von Zen-Buddhist*innen gegründet wurde. Er erinnerte an die Zeit, in der die Überlebenden oft ihren ganzen Freundeskreis durch das HI-Virus verloren .
Vorträge sollen veröffentlicht werden
Dies ist nur ein Ausschnitt der Themen, die an den beiden Tagen stattfanden. Das vollständige Programm findet sich auf der Website der Konferenz. Die Vorträge und Schriften sollen in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Die Veranstalter*innen hoffen, dass die IQBC der Auftakt einer Reihe von Konferenzen wird, die zeigen, wie sich buddhistische Philosophie und Praxis nutzen lässt, Barrieren zwischen Menschen niederzureißen.
In buddhistischen Schriften wird Harmonie nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern insbesondere in sozialen Gemeinschaften thematisiert. Dieser wichtige Teil der Befreiung wurde über Jahrtausende in einem patriarchalen Kontext interpretiert, der oft das, was nicht der patriarchalen Norm entsprach, deklassierte und für unmaßgeblich erklärte. Die Veranstalter*innen der IQBC hoffen, dass die Konferenz einen Beitrag leisten kann, dies zu ändern. (cw)
Nein. Irgendein religiöser Firlefanz hat sicher nicht zur Anerkennung einer Eheschließung geführt.
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