Caitlyn Jenner in einem Interview in der Talkshow "The View" (Bild: Screenshot ABC)
Auch trans Reality-Darstellerin und Politikerin Caitlyn Jenner hat eine Meinung zum Streit um die Transphobie-Vorwürfe gegen Dave Chappelle – und stellt sich hinter den Komiker: "Dave Chappelle hat zu 100 Prozent recht", erklärte die 72-Jährige am Dienstag auf Twitter. "Es geht hier nicht um die LGBTQ-Community. Es geht darum, dass die Woke-Cancel-Culture Amok gelaufen ist und versucht, die freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Wir dürfen nie zurückweichen oder uns denjenigen beugen, die sich wünschen, dass wir damit aufhören, unsere Meinung frei zu sagen."

"Woke" und "Cancel Culture" sind insbesondere unter der politischen Rechten – auch in Deutschland – beliebte Schlagworte. Als "woke" werden politisch Andersdenkende beschimpft, die sich übertrieben gegen Rassismus, Sexismus oder den Klimawandel einsetzen würden. Als "Cancel Culture" werden angebliche Bestrebungen der Linken bezeichnet, Personen nach unerwünschten Äußerungen von der öffentlichen Debatte auszuschließen und so eine Debatte unmöglich zu machen. Der Vorwurf der "Cancel Culture" kommt inzwischen auch von der politischen Linken – so wirft etwa die deutsche Spitzenpolitikerin Sahra Wagenknecht (Die Linke) innerparteilichen Gegner*innen "Cancel Culture" vor.
Chappelle hatte in einem 70-minütigen Anfang Oktober veröffentlichten Special auf Netflix mehrere Äußerungen gemacht, die als homo- oder transphob kritisiert worden waren – so hatte er etwa die Trans-Identität mit Blackfacing verglichen und erklärt, dass er wie J.K. Rowling zum "Team TERF" gehöre (queer.de berichtete). Bereits mehrfach zuvor war der Komiker wegen LGBTI-feindlicher Äußerungen kritisiert worden. Das Netflix-Special führte zu schärferen Protesten, etwa auch von Angestellten des Streamingportals vor der Netflix-Zentrale in Los Angeles (queer.de berichtete). Chappelle erklärte jedoch, er werde sich der Kritik nicht beugen (queer.de berichtete).
Die Äußerung von Jenner kommt dahingehend überraschend, dass sie auf Angriffe gegen ihre Person äußerst empfindlich reagiert. So attackierte die Donald-Trump-Anhängerin vor viereinhalb Monaten Late-Night-Talker Jimmy Kimmel, weil er sie als "Trump mit einer Perücke" bezeichnet habe. "Er glaubt offensichtlich, dass trans Frauen einfach Männer mit Perücken sind. Wo ist die Empörung von der Linken oder der LGBT-Community? Woke zu sein muss wohl optional sein, wenn man ein Demokrat ist", schrieb die Republikanerin im Juni in einem Tweet.

Kimmel hatte sich in der kritisierten Sendung in seinem Comedy-Monolog über Caitlyn Jenner anlässlich ihrer Kandidatur zu den kalifornischen Gouverneurswahlen lustig gemacht. Dabei zeigte er Ausschnitte aus einem Interview Jenners mit Moderatorin Whoopi Goldberg in der Nachmittagssendung "The View" – und fragte: "Sind wir sicher, dass das nicht Donald Trump in einer Caitlyn-Jenner-Perücke ist? Die Ähnlichkeit ist unheimlich." Gleichzeitig wurden Bilder von Trump und Jenner eingeblendet, in denen beide ähnliche Gesichtsausdrücke hatten.
Jenner hatte bei der Gouverneurswahl im September gerade einmal ein Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können – sie war von keiner bedeutenden LGBTI-Organisation unterstützt worden (queer.de berichtete). Im Wahlkampf hatte sie mit kontroversen Äußerungen für Empörung gesorgt: So sprach sich die ehemalige Olympia-Goldmedaillengewinnerin etwa dagegen aus, dass trans Mädchen am Schulsport teilnehmen sollten (queer.de berichtete). Kritik gab es auch insbesondere an ihren Tiraden gegen Obdachlose – so beklagte sie etwa, dass ein Freund seinen privaten Flugzeugparkplatz in Kalifornien aufgegeben habe, weil er in dem Staat "nicht durch die Straßen gehen kann, ohne überall Obdachlose zu sehen". Sie selbst sah sich als "Vorbild" für die trans Community (queer.de berichtete). (dk)