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BBC-Kontroverse
Das Transhasserinnen-Manifest
Die BBC unterfütterte einen transfeindlichen Artikel durch ein Gespräch mit der Transhasserin Lily Cade. Nach Vergewaltigungsvorwürfen schrieb die ein Manifest. Den heftigen Inhalt kommentiert Jeja Klein.

Lily Cade bei den Verleihungen des AVN-Awards, den "Oscars" der Porno-Industrie (Bild: Baldwin Saintilus / wikipedia)
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9. November 2021, 10:21h 8 Min.
Die lesbische, ehemalige Pornodarstellerin Lily Cade hat ein Manifest des entfesselten Hasses auf transgeschlechtliche Frauen geschrieben. Der Text ist brutal und voller plastischer Beschreibungen von Phantasien sexueller Gewalt. Cade ruft darin unter anderem zur Ermordung aller trans Frauen auf und benennt einzelne prominente Frauen namentlich (queer.de berichtete).
Aktivist*innen hatten an einem transphoben Artikel auf der Webseite der britischen BBC unter anderem wegen der Verwendung fragwürdiger und unhaltbarer Datengrundlagen Kritik geübt (queer.de berichtete). Im Text war außerdem Cade als Quelle zur Bezeugung einer angeblichen Tendenz unter trans Frauen aufgeführt worden, cis Lesben mit Transphobievorwürfen zum Geschlechtsverkehr zu zwingen.
Dass Cade gerade in dieser Frage nicht als glaubwürdige Stimme gelten kann, darauf machte die US-amerikanische Philosophin und Aktivistin Christa Peterson aufmerksam, als die Kontroverse um den BBC-Text schon einige Tage lief. Sie veröffentlichte Vorwürfe von 2017, aus dem Anfang der Metoo-Bewegung, wonach Cade mehrere cis Frauen vergewaltigt hat. In Reaktion auf diese erneut veröffentlichten Belege und die damit verbundene Forderung, Cade keine Plattform zu bieten, verfasste die schließlich ihr langes Manifest. Darin legt sie eine dunkle, paranoide Weltsicht dar, die typisch ist für "Gender Critical"-Bewegte.
An allem sind die "Transen" schuld
Entgegen des Tenors eines alten, ebenfalls öffentlich gewordenen Entschuldigungsschreibens macht die Transhasserin im Manifest neue Schuldige aus: trans Frauen. Dabei hatte sie sich in der "Entschuldigung" bereits zu den ihr vorgeworfenen Taten bekannt.
In der verschwörungsideologischen Welt, in der Cade lebt und die sie in ihrem 20 Seiten langen Text ausbreitet, halten transgeschlechtliche Frauen die Kontrolle über alle soziale Medien. Übertragen bekommen haben sie die von den "Geldmännern". Die beschreibt Cade, wenig überraschend, mit jüdisch assoziierten Attributen.
Die "Geldmänner" seien die Spitze eines pädophilen Kultes, der gegenwärtig die westliche Welt in die Knie zwinge. Das Ergebnis dieser neuen Macht der "Transen": die wackere Cade, als (Cis-)Lesbe Teil der letzten Widerstandsbastion, sei die einzige Frau "auf der falschen Seite der Liste der Metoo-Vorwürfe".
Doch nicht bloß aufgrund der Kontrolle über die sozialen Medien und die Cancel Culture durch trans Frauen sei Cade, folgt man dem Manifest, in die Schussbahn der Metoo-Bewegung geraten. Auch, weil transgeschlechtliche Frauen mit ihrer riesigen Macht keine "Frauenräume" wie das transfeindliche "Michigan Womyn's Music Festival" mehr zuließen, sei es mit Cade bergab gegangen.

"Gender Critical"-Aktive werteten auch bei der Autorin J. K. Rowling Kritik als "Canceln" und setzten die Täter-Opfer-Umkehr aufwendig, wie hier bei einer Plakataktion, in Szene
Denn dass sie beim Geschlechtsverkehr mit Frauen Grenzen überschritten habe, wäre ihr, so Cade, nicht passiert, wenn es das "MichFest" weiterhin gegeben hätte. Das fand im Jahr 2015 das letzte mal statt. Nach seinem Ende hatten sich hartnäckig Spekulationen gehalten, dass letztlich der politische Druck durch die Bewegung für die Rechte transgeschlechtlicher Menschen dazu geführt hätte, dass das Festival nicht mehr stattfinden konnte.
Von Natur und Schatten
Cade bezeichnet sich im Text als "Akolythin der Schatten", die in der Vergangenheit ein glückliches, unbeschämtes Leben unter Ausübung ihrer angeborenen Homosexualität und der darin wurzelnden Rechte gelebt habe. Statt über ihren Opferstatus "herum zu heulen", wie sie offensichtlich in Anspielung auf den Feminismus schreibt, sei sie "nackt durch Los Angeles" gelaufen, habe böswilligen Männern dabei "in die Augen gesehen" und sich um die Konsequenzen nicht geschert. Es sei, wie sie an einer Stelle schreibt, ein schönes Gefühl, fast zu sterben. Das entspricht dem morbiden Grundton, der sich, stets sexuell aufgeladen, durch das Dokument zieht und an Ästhetiken von Gothic und Satanismus erinnert.
In Cades Welt gibt es genau zwei Geschlechter. Die seien durch eine Millionen von Jahren andauernde Evolutionsgeschichte geformt. Das sei so einleuchtend, dass niemand an etwas anderes glauben könne – auch trans Frauen selber nicht. Um ihre Herrschaft abzusichern, hätten die trans Frauen darum die "NewSpeak" eingeführt, mit der sie das Englische allmählich verdrängten.
Entsprechend empfiehlt Cade im Manifest die Veterinärwissenschaften als Grundlage für eine Gesellschaftsordnung. Das untermauert sie nicht nur durch die ständige Nutzung von Metaphern und plastischen Ausformulierungen tierischer Sexualität, mit der sie auch ihre eigene sexuelle Dominanz über andere Frauen beschwört.
Für Frauen sei Mutterschaft eine heilige Pflicht. Der kämen Mütter jedoch aufgrund ihrer angeborenem Schwäche, dem Mitleid nämlich, nicht mehr nach. Stattdessen gingen sie trans Frauen auf den Leim und händigten freiwillig die eigenen Kinder aus, damit die von trans Frauen ebenfalls verstümmelt, sexuell attackiert und mit verrückten Ideen über "Geschlechtsidentität" infiziert werden.
Männer hingegen hätten durch ihre spezifische, aktive Sexualität eine gute und eine böse Seite in sich. Kämen sie ihrer Natur nach, beschützten sie die körperlich unterlegenen Frauen und Kinder vor "den Pädophilen". Doch wenn sie "zu schwach" sind, überantworten sie sich ihrer dunklen Seite, vergewaltigen und unterstützten trans Frauen dabei, in Frauenräume einzudringen.
Die Verachtung von Männern, zu denen Cade unzählige Male im Text ganz explizit auch transgeschlechtliche Frauen zählt, sollte jedoch nicht fehlgedeutet werden. Vielmehr scheint Cade sich mit Männern, ihrer Macht und ihren "Eiern" aufs Äußerste zu identifizieren. Es ist die "Schwäche", die "Kastrierung", die "Schattenwesen" in den Männern, der Cades Verachtung gilt.
Das gipfelt zum Beispiel in der Forderung, transsolidarische cis Frauen vor der Ermordung noch zu vergewaltigen und Nichtbinäre, die bei der Geburt als Mädchen zugewiesen worden sind, sexuell gewalttätigen Männern zu ihrer "Korrektur" auszuliefern. Das würde sie jedenfalls, wie Cade schreibt, mit ihrem eigenen Kind machen. Ähnliche Phantasien gegenüber Männern aufgrund ihrer "dunklen Seite" sucht man im Manifest vergeblich.
Die masturbierende Gesellschaft
Seit Langem habe sich, wie Cade ausführt, die "dunkle Seite" in der Form des pädophilen Kultes organisiert. Der habe die Gesellschaft durch die Erlaubnis zur Masturbation mürbe gemacht. Doch erst die Erfindung von trans Frauen habe, so Cades Phantasie, den Sieg über die westliche Zivilisation errungen.
Statt dass sich, wie von ihr beschrieben und gefeiert, Männer über den Planeten mordeten und vergewaltigten, um für Menschen wie Cade das gute Leben in Amerika zu ermöglichen, seien alle Menschen nur noch schwächlich und masturbierten den ganzen Tag zu ihrer Sucht nach sozialen Medien und Smartphones.
Ähnlich autoerotisch geht es an den Universitäten zu. Dort hätten Pseudowissenschaften von "Big Pharma" und die Gender Studies, Judith Butler und Michel Foucault das Szepter übernommen und "masturbierten" den ganzen Tag. Egal, ob Wissenschaftler*innen, Polizisten, Soldaten und alle anderen, zumeist männlichen Autoritäten: Alle sind durch das ständige Masturbieren schwach geworden und kämen ihrer Aufgabe, Frauen vor "Pädophilen" zu schützen, nicht mehr nach.
Cade fühlt sich von der Pornoindustrie, die sie nach Bekanntwerden ihrer Vergewaltigungen 2017 verlassen hat, benutzt. Sie habe, schreibt sie "selbstkritisch", durch ihre Tätigkeit anderen beim Masturbieren geholfen. Sie selber hingegen, betont sie, habe nie masturbiert. Ähnlich zahlensicher gibt sie sich bei der Zahl ihrer Sexualpartnerinnen. 4000 seien es gewesen. Wie vielen davon sie wehgetan habe, daran könne sie sich jedoch, wie sie Jahre zuvor in ihrem Entschuldigungsschreiben angab, nicht erinnern.
Zuspitzung der "Gender Critical"-Bewegung
Cades Manifest mag in seiner Sprache und den mörderischen Forderungen extrem sein. In der zugrunde liegenden Ideologie spitzt sie jedoch nur Motive zu, die in der transfeindlichen "Gender Critical"-Bewegung bereits virulent sind.
Die sich auch als "radikalfeministisch" bezeichnende Strömung hat dabei mit Feminismus oft wenig zu tun. So kamen aus dieser Ecke auch 2017 und in den Folgejahren massive Angriffe auf die Metoo-Bewegung, deren angeblichen "Betroffenheitsfeminismus" und seine Betonung eines weiblichen Opferstatus.
Den bringt man zwar selber in Stellung – jedoch immer nur dann, wenn es gegen trans Frauen in Frauentoiletten, Freier, Muslime oder das iranische Regime geht. Das ist bequem: Schließlich hat man dann mit denen, die als das ultimative Böse thematisiert werden, keinerlei soziale Berührungspunkte und muss sich nicht transformativ mit ihnen auseinander setzen.
Dass man es in der transfeindlichen Hassbewegung mit sexueller Gewalt trotz gegenteiliger Bekundungen nicht so ernst nimmt, geht schon auf das intellektuelle Gründungsdokument der Szene zurück. Im 1979 erstmals erschienenen "The Transsexual Empire" schrieb Janice Raymond, dass "alle" transgeschlechtlichen Frauen vergewaltigen würden. Der Grund: die Reduzierung der weiblichen Form auf ein "Artefakt" und die "Aneignung" dieser Form. Doch in dieser bloß symbolischen Vergewaltigung kommen sexueller Zwang, das Eindringen ohne Zustimmung oder ähnliche Dinge gar nicht mehr vor. Trans Frauen sind entsprechend aufgrund ihrer bloßen Existenz "der Vergewaltigung schuldig", nicht aufgrund konkreter Handlungen.
Und auch in dem über 40 Jahre alten Werk stehen trans Frauen nicht an der Spitze der Verschwörung, die es auf das Eindringen in Frauenräume als letzte Bastion abgesehen hat. Es sind hinter der Entwicklung der plastischen Chirurgie stehende Gönner und Ärzte. Von hier hin bis zum Antisemitismus, der schon immer ein besonderes Interesse an Ärzt*innen gezeigt hat, ist es freilich nicht weit.
Zu den besten Mitteln, die die queere Bewegung im Kampf gegen diesen im Zweifelsfall tödlichen Wahn hat, zählt die Intensivierung der Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt auch in queeren Kreisen und insbesondere ihre Prävention. Lily Cade ist mit ihrem Transhass, der eine Projektion ihrer eigenen, nicht anerkannten Vergewaltigungslust sein dürfte, das beste Beispiel dafür.
/ christapeterso | Christa Peterson, die die Vorwürfe gegen Lily Cade öffentlich gemacht hatte, wies auf Reaktionen aus dem "Gender Critical"-Milieu hin, in denen Cades Gewalt verharmlost wurdeApologist filth pic.twitter.com/TbDdgYcWu1
SANDWORM (@christapeterso) October 28, 2021
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Eine ausführliche Darstellung des Inhalts des "Gender Critical"-Manifests der Lily Cade mit all seinen Motiven habe ich auf meinem persönlichen Blog vorgenommen.
Die BBC hat den Verweis auf Cade inzwischen aus dem umstrittenen Artikel entfernt und sich dafür entschuldigt, sie als Quelle genutzt zu haben. An der Stelle, an der Cade zuvor zitiert worden war, steht nun ein Hinweis auf die Entfernung. Die sei "im Lichte von Kommentaren, die sie in den vergangenen Tagen in Blog-Einträgen gemacht hat", erfolgt. Die Vergewaltigungen durch Cade werden hingegen nicht benannt. Zum restlichen, ebenfalls in der Kritik stehenden Artikel bekennt sich das große Medienhaus weiterhin.















"halten transgeschlechtliche Frauen die Kontrolle über alle soziale Medien" ... würde ich jetzt interpretieren Facebook CEO Zuckerberg ist eine transgeschlechtliche Frau.
Sorry ... dieses Kind scheint verschwörungsmässig vollkommen unter die Räder eines HUMMER gekommen zu sein. In ihren Ausführungen steckt so viel Müll, den ich auch teilweise von quarkdenkenden Menschen höre.