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Neuer Roman

Roes trifft Rimbaud

Am 10. November jährt sich der Todestag von Arthur Rimbaud zum 130. Mal. Berlin begeht den Anlass mit der Premiere des neuen Romans von Michael Roes. "Der Traum vom Fremden" ist einerseits eine Verneigung vor der Dichter-Ikone und erfindet sie gleichzeitig neu.


Michael Roes, geboren 1960 in Rhede/Westfalen, lebt in Berlin (Bild: privat)
  • 10. November 2021, 11:37h - 4 Min.

Durch die leidenschaftliche Amour Fou mit seinem Kollegen Paul Verlaine wurde der französische Dichter Arthur Rimbaud Anfang der 1870er Jahre zum Enfant Terrible der europäischen Künstler-Bohème, durch legendäre Werke wie das epische Gedicht "Das trunkene Schiff" wurde er als Poet unsterblich.

Rimbauds Leben war wie seine Sprache – extrem und exzessiv, aufrührerisch und unangepasst, voller Inbrunst, aber auch voller Brüche. Kein Wunder, dass es schwule Künstler von David Wojnarowicz bis Robert Mapplethorpe inspirierte und die zerstörerische Affäre mit Verlaine (sie endete mit einem Streit, bei dem Verlaine mit einem Revolver auf Rimbaud schoss) inzwischen zu ihrer eigenen Legende geworden ist – unter anderem dank Agnieszka Hollands Filmdrama "Total Eclipse" mit Leonardo DiCaprio als Rimbaud, dessen deutsche Fassung den plakativen Untertitel "Die Affäre von Rimbaud und Verlaine" trägt.

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Ganzheitliche Annäherung an den Mythos Rimbaud


"Der Traum vom Fremden" ist im Albino Verlag erschienen

Am 10. November 2021 jährt sich der Todestag von Arthur Rimbaud zum 130. Mal, was die französische Zeitung Sud-Ouest mit der boulevardesken Enthüllung von "5 Dingen, die man über das Paar Verlaine-Rimbaud wissen muss" zelebriert, während die argentinische Tageszeitung "La Nacion" die daueraktuelle Frage stellt, warum Rimbaud für junge Menschen bis heute eine Inspirationsquelle ist.

In Deutschland meldet sich zum Jahrestag derweil der schwule Schriftsteller Michael Roes zu Wort, der im Roman "Zeithain" meisterhaft die tragische Liebe zwischen Friedrich dem Großen und Hans Hermann von Katte aufarbeitete und in "Herida Duro" literarisch zwischen den Geschlechtern balancierte. Punktgenau am Rimbaud-Todestag stellt Michael Roes in Berlin seinen kürzlich im Albino-Verlag erschienenen Roman "Der Traum vom Fremden" vor, der als ungewohnte, aber ganzheitliche Annäherung an die Figur Rimbaud und ihren Mythos daherkommt.

Kaffee, Pelz, Waffen: Das Leben nach dem Dichtertum

Neben Exzessen, Aufruhr und Verlaine ist eins der großen Mysterien, die den Mythos Rimbaud bis heute nähren, dass er trotz seines Genies und seines Erfolgs mit 19 Jahren der Poesie abschwor und aufhörte zu dichten. Er änderte sein Leben radikal und wurde zum Weltenbummler, reiste erst rastlos durch Europa, heuerte dann bei der holländischen Kolonialarmee an, ging schließlich nach Aden (heute Jemen), wo er ab 1880 als Kaffee-, Pelz- und Waffenhändler arbeitete. Der einzige längere Rimbaud-Text, der aus dieser Lebensphase bekannt ist, ist ein ethnografischer Bericht aus dem Jahr 1883, den er für die Geografische Gesellschaft zu Paris über das damals unerforschte Gebiet des somalisch-abessinischen Ogaden verfasste.

Ein Tagebuch als Streifzug durch Rimbauds Biografie

Den für Rimbaud ungewöhnlich sachlichen Ogaden-Bericht nutzt Michael Roes als Grundlage für seinen neuen Roman und verwebt ihn mit der Geschichte einer Rettungsmission: "Der Traum vom Fremden" ist ein fiktives Tagebuch, in dem Roes mit der Stimme eines geläuterten Rimbauds die Hintergründe der Entstehung des Ogaden-Texts erzählt und mit einer Handlung verwebt. Er lässt den Bericht am Rande einer Rettungsmission entstehen, deren eigentliches Ziel die Befreiung von Rimbauds Freund und Geschäftspartner Constantin Sotiro ist, der von einem afrikanischen Stammesfürsten zur Geisel genommen wurde.

Doch was als Dokumentation einer Expedition beginnt, wird bald zur Erinnerungsreise. Die Worte und Gedanken des Tagebuchs entwickeln ihr Eigenleben, gleiten ab in intensive Erinnerungsepisoden an die alten Tage als junger Dichter, Liebhaber von Verlaine, Söldner und Reisender und vollziehen auf diese Weise (fast) Rimbauds gesamte Biografie nach – bis hin zu ersten Andeutungen seiner Knochenkrebserkrankung, an deren Folgen er am 10. November 1891 in einem Krankenhaus in Marseille starb.

Leser*in und Verfasser vereint im Rauch der Opiumpfeife

"Der Traum vom Fremden" ist ein fesselndes Buch, das den Mythos Rimbaud gleichzeitig ernst nimmt und neu erfindet, indem es auch die eher unbekannten Aspekte in der Biografie der Ikone beleuchtet und der Sprache des Genies die Sprache des Fragenden, Zweifelnden, Suchenden hinzufügt. Durch den Kunstgriff der Tagebuchform (die durch die Gliederung des Romans in sechs "Cahiers" illustriert wird) und die Ich-Perspektive ist der Text dabei immer nah dran an seinem Subjekt. So entsteht beim Lesen das Gefühl, dem Verfasser über die Schulter zu blicken, während er abends am Lagerfeuer im narkotisierenden Rauch der Opiumpfeife seine Gedanken zu Papier bringt und gemeinsam mit ihm in die immer eindringlicher, farbintensiver und hypnotischer werdenden Erinnerungsepisoden abzugleiten.

Buchpremieren in Berlin und Wien

Anlässlich von Rimbauds 130. Todestag stellt Michael Roes "Der Traum vom Fremden" am 10. November um 20 Uhr bei einer Buchpremiere im Berliner Klick-Kino vor. Am 25. November folgt die Österreich-Premiere bei Löwenherz – Die Buchhandlung für Schwule und Lesben in Wien.

Infos zum Buch

Michael Roes: Der Traum vom Fremden. Roman. 264 Seiten. Albino Verlag. Berlin 2021. Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag und Lesebändchen: 22 € (ISBN 978-3-86300-323-4)
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