Warum hast du dich als Kandidat bei Mr Gay Germany beworben?
Ich finde den Contest super, da es nicht einfach nur um das hübsche Aussehen der Kandidaten geht, sondern Community-Engagement im Vordergrund steht. Dazu möchte ich mit meiner Teilnahme zeigen, dass die schwule Community nicht nur aus cis Männern besteht. Männlichkeit ist vielfältig, trans Personen waren schon immer Teil der schwulen Community, und das sollte einfach auch mehr Sichtbarkeit bekommen.
Hat es dich überrascht, dass du es in die Vorauswahl der Top-12 geschafft hast?
Ich habe mich riesig darüber gefreut, dass ich als erste trans Person beim Vorentscheid dabei sein werde. Die Zeit ist mehr als reif dafür. Aber etwas überraschend war es schon, dass ausgerechnet ich die Ehre habe, meine Community hier bei dem Contest vertreten zu dürfen.
Max Appenroth wird auf schwulen Dating-Apps von anderen Usern angefeindet (Bild: privat)
Hast du als trans Bewerber Anfeindungen erlebt?
Als trans Person erlebe ich tagtäglich Diskriminierung. Tatsächlich leider immer wieder auch aus der (cis) schwulen Community. Für manche scheint meine Identität nicht ganz greifbar zu sein. Das ist auch völlig ok, aber kein Grund mich deswegen auszugrenzen, anzufeinden oder mir mit Gewalt zu drohen. Auch wenn jemand meine Identität nicht versteht, macht das mein Empfinden darüber nicht weniger real. Ich verstehe auch nicht immer alles, akzeptiere es aber grundsätzlich, solange niemand anderes dabei zu Schaden kommt. Das wünsche ich mir auch von der Gesellschaft, denn durch mein Sein und meine Identität nehme ich schlichtweg niemandem etwas weg.
Wo erlebst du Transfeindlichkeit in der schwulen Szene? Kannst du Beispiele nennen?
Ich habe es schon erlebt, dass ich auf bestimmte Partys nicht gehen durfte und Bars mich nicht reinlassen würden, wenn sie wüssten, wer oder wie ich bin. Über schwule Dating-Apps bekomme ich regelmäßig zu hören, dass ich da nichts zu suchen hätte oder gar ekelhaft sei, und ich wurde in einer Sauna für Männer auch schon mal schlichtweg für mein Transsein lauthals ausgelacht.
Wie können schwule cis Männer ihre Solidarität mit schwulen trans Männern zeigen?
Wie schon gesagt, einfach leben und leben lassen und akzeptieren, dass wir Teil der Community sind. Ohne den unermüdlichen Aktivismus von trans Menschen – insbesondere trans Menschen of Color – hätten wir heute viele der erkämpften Freiräume für unsere Community gar nicht.
Es wäre super, wenn cis schwule Männer sich mehr mit trans Themen auseinandersetzen und sich mit uns zum Beispiel im Kampf um unsere Selbstbestimmung solidarisieren würden. Denn in Deutschland muss meine Community immer noch durch eine bürokratische Hölle namens "Transsexuellengesetz", wenn es um unsere rechtliche Anerkennung geht, und das gehört endlich abgeschafft.
Man sieht dich u.a. auf dem TikTok-Kanal des Berliner SchwuZ, und du hast auch die Jubiläums-Veranstaltung der Hirschfeld-Stiftung moderiert. Ist queerer Aktivismus dein Hauptberuf?
Ja, ich habe das große Glück, heute von meinem Aktivismus leben zu können und meiner absoluten Leidenschaft nachgehen zu können. Community-Arbeit liegt mir nicht nur aufgrund meiner Identität sehr am Herzen. Am Ende des Tages haben alle Menschen etwas davon, wenn wir in unserer Gesellschaft Vielfalt mehr Raum geben und unsere Unterschiedlichkeiten gemeinsam feiern würden, anstatt sie zur Ausgrenzung zu nutzen. Mehr Vielfalt bedeutet für mich auch einfach mehr Freiheit und weniger Einschränkung durch veraltete gesellschaftliche Normen.
Mit welchem Community-Projekt gehst du in den Mr.-Gay-Germany-Vorentscheid vom 26. bis 28. November in Köln?
Mit meiner Kampagne #ProudToBeAlive möchte ich auf die enorm hohen Suizidraten unter lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, queeren, inter und asexuellen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufmerksam machen. Es macht mich fürchterlich traurig zu sehen, wie viele LSBTQIA+ Kids keinen anderen Ausweg zu sehen scheinen als den Tod. Wie einige Studien bereits belegt haben, ist Suizidalität besonders bei 13-17-jährigen LSBTQIA+ extrem hoch, und trans Personen sind davon noch einmal stärker betroffen.
Da ich sowieso gerade ein trans-empowerndes Kinderbuch publiziere, möchte ich auf der einen Seite mehr Sichtbarkeit von queeren Lebensweisen in Kinder- und Jugendbüchern erreichen, damit sich queere Kinder und Jugendliche dort wiederfinden und einfach sehen, dass sie nicht alleine sind. Auf der anderen Seite möchte ich durch die Schaffung einer professionellen und kontinuierlichen Krisen-Hotline für LSBTQIA+ Jugendliche und junge Erwachsene aktive Suizidpräventionsarbeit leisten, um damit den kommenden Generationen unserer Community Unterstützung, Kraft und Hoffnung auf eine bessere Zukunft zu geben.