Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat die Einrichtung von Seelsorge-Angeboten und Ansprechpersonen für LGBTI im Bistum Mainz angekündigt: "Das Thema ist bei mir auf dem Schirm und wir sind in guten Planungen und Gesprächen darüber", sagte er in seinem Grußwort zum Auftakt des Dialogforums "Brennpunkt Leben. Den Menschen in seiner Vielfalt anerkennen – Sexuelle und geschlechtliche Identitäten in der Katholischen Kirche" am Freitagnachmittag, 12. November, im Haus am Dom in Mainz.
Er könne verstehen, dass es für viele queere Menschen ein wichtiges Anliegen ist, "dass sie auch in der Pastoral des Bistums einen Stellenwert bekommen", sagte der Bischof.
Das Fachgespräch wurde von der Bistumsakademie Erbacher Hof in Verbindung mit dem Verein QueerNet Rheinland-Pfalz e.V. veranstaltet. Die Veranstaltung war eigentlich bereits für März 2020 angesetzt, war dann aber bedingt durch Corona mehrfach verschoben worden. Kohlgraf dankte dem QueerNet-Vorsitzenden Joachim Schulte und auch dem Netzwerk Katholischer Lesben (NKaL), die sich bereits kurz nach seiner Bischofsweihe 2017 mit Gesprächsanfragen an ihn gewandt hätten, für die Initiative zu der Veranstaltung. "Ich bin für die persönlichen Begegnungen sehr dankbar", sagte Kohlgraf. Gleichzeitig bekräftigte er, dass die Veranstaltung der Auftakt für weitere Begegnungen und Veranstaltungen sei.
"Allen Menschen nach dem Maßstab des Evangeliums begegnen"
Die Frage nach sexuellen und geschlechtlichen Identitäten in der Kirche bewege nicht nur viele Menschen, "sondern ist auch für viele ein Maßstab für die Glaubwürdigkeit der Kirche in unserer Gesellschaft", betonte Kohlgraf. Wörtlich sagte der Bischof: "Wir reden nicht über Menschen, wir wollen mit Menschen reden. Das ist mir als Bischof ein sehr wichtiges Anliegen. Das Thema kann auch nicht als Minderheitenangelegenheit abgetan werden, das nur wenige betrifft. Ganz unabhängig von Zahlen gilt: Als Christen, als Kirche stehen wir in der Verantwortung, allen Menschen nach dem Maßstab des Evangeliums zu begegnen."
Und weiter: "Im Katechismus der katholischen Kirche findet sich die Forderung, bezogen auf homosexuelle Menschen, ihnen mit 'Achtung' zu begegnen. Ich gestehe freimütig, dass ich in diesem Punkt noch nicht allzu viel konkrete Umsetzung erkennen kann. Wer nicht zum Zölibat berufen ist, wird in der Regel Sexualität auch in einer für ihn oder sie passenden Partnerschaft ausdrücken. Allerdings ist keine Partnerschaft auf die sexuelle Begegnung zu reduzieren. Der Sinngehalt und die Ausdrucksformen sind vielfältiger als der Geschlechtsakt. In den lehramtlichen Bewertungen jedoch wird Sexualität in den unterschiedlichen Partnerschaften oft auf den Geschlechtsakt reduziert, um sie als sittlich legitim oder eben nicht einzuordnen. Die kritische Sicht auf eine bestimmte Naturrechtsethik will ja in keinem Fall eine völlige Beliebigkeit menschlichen Miteinanders. Es geht um die positive Bewertung eines freien personalen Miteinanders, das sich in Liebe und Zuwendung auch in der sexuellen Begegnung ausdrückt."
Als Bischof könne es ihm "nicht gleichgültig sein, dass Menschen sich von kirchlicher Lehre diskriminiert und ausgeschlossen fühlen", hob Kohlgraf hervor. "Es ist für mich völlig klar, dass ich alle Menschen als Ebenbilder Gottes betrachte. Auch in dieser Differenziertheit. Ich muss nicht das grundsätzlich binäre Menschenbild der Bibel in Frage stellen, um zu sagen: Gott hat alle Menschen geschaffen, in der ihnen je eigenen Charakteristik. Und es ist unsere Aufgabe als Kirche und meine Aufgabe als Bischof, darin nicht nur eine theoretische Frage zu sehen. Menschen jeglicher Orientierung und Identitäten müssen sich in der Kirche willkommen fühlen können."
QueerNet fordert Gleichwertigkeit, Anerkennung und Mut
Nach dem Grußwort von Bischof Kohlgraf führte Joachim Schulte in das Thema ein. Schulte machte deutlich, dass in der Gesellschaft Diskriminierungserfahrungen noch immer "konstitutiv" für queere Menschen seien. Notwendig sei jedoch, die Gleichwertigkeit aller Menschen zu betonen, die als Ebenbild Gottes geschaffen seien. Diese Gleichwertigkeit müsse auch in der Kirche Anerkennung finden, etwa in Form von Sprache und Sichtbarkeit, aber etwa auch durch die "klare Botschaft an die Mitarbeiter, dass deren Arbeitsplatz nicht abhängig ist von deren sexueller und/oder geschlechtlicher Identität".
Es sei ein großer Fortschritt, dass es in Deutschland bereits in zwölf der 27 Diözesen Ansprechpartner für LGBTI gebe. Darüber hinaus sei es auch wichtig, Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Identitäten in der Ausbildung von Seelsorgern und in der Weiterbildung zu thematisieren. "Wissen gibt Sicherheit und schafft queeren Menschen die notwendige Widerstandsfähigkeit, um Diskriminierungen standhalten zu können, weil sie versichert sind, dass sie die notwendige Anerkennung haben", sagte Schulte. Und weiter: "Wir sind unendlich froh, dass im Synodalen Weg der Katholischen Kirche die Stimme von queeren Menschen gehört wird. Wir haben uns auch in Mainz auf den Weg gemacht, aber noch nicht am Ziel." Nach wir vor brauche es den Mut, in der Kirche zu betonen, "dass Gleichwertigkeit und Anerkennung die Basis diakonischen Handelns sein müssen".
Schulte dankte am Ende der Tagung für die "sehr offene Atmosphäre, die ein echtes Gespräch ermöglicht hat". Vor fünf Jahren habe es diese Selbstverständlichkeit nicht im Umgang noch nicht gegeben, betonte Schulte. "Wenn wir auf diesem Weg weitergehen, sehe ich eine positive Entwicklung in der Kirche. Und das macht mir Hoffnung, dass es sich lohnt, sich auch weiterhin kontinuierlich für Verbesserungen einzusetzen." (cw/pm)
Es ist sinnvoller, den Zölibat zu lockern oder aufzulösen. Gleichberechtigung ist bis dato in der katholischen Lehre noch nicht anzutreffen.
Die Kirche sollte ein Eingeständnis abgeben, um zu bereuen, was sie in der Vergangenheit LGBTI's angetan hat. Da ist noch viel aufzuarbeiten und zu reflektieren.
Aber begrüßenswert, dass ein Anfang geschaffen ist. Der Glaube kann ja "Berge versetzen".