2 Kommentare
- 11.04.2022, 16:28h
- Oh, es gibt hier noch eine*n Alex. Aber sicher ist genug Alex für alle da. *macht Ghettofäustchen*
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In einem italienischen Kloster lebt Benedetta ein Doppelleben: Sie trägt die Wundmale Christi – und sie hat Sex mit der Nonnenschülerin Bartolomea. Der für seine pornografisch-provokanten Filme bekannte Paul Verhoeven erzählt diese wahre Geschichte nach.
Dein Körper ist dein schlimmster Feind! Das ist die Botschaft, die Benedetta als Kind mitgegeben wird, als sie ins Kloster von Pescia eintritt. Deshalb muss sie ihr weiches Kleid gegen kratzige Fetzen eintauschen. Seit ihrer Geburt haben ihre Eltern das kluge Mädchen auf ein Leben hinter Klostermauen vorbereitet. Früh zeigt sich, dass sie über besondere Fähigkeiten verfügt. Der Körper als Feind, gegen den es sich zu wehren gilt, dessen Verlangen voller Sünde ist – willkommen im 17. Jahrhundert.
Einige Jahre später, Benedetta ist zur jungen Frau geworden. Sie setzt sich dafür ein, dass Bartolomea ins Kloster aufgenommen werden darf. Lachend, fast manisch, erzählt die davon, wie ihr Vater sie malträtiert und benutzt. Das Kloster wird der Ort, an dem die kindlich-freche Frau Sicherheit findet.
Machtdemonstrationen und Unterdrückungen
Und es dauert nicht lange, bis Benedetta und Bartolomea sich näherkommen. Erst nur ein Kuss, den Benedetta (Virginie Efira) sofort wegbeten will. Doch sie kann den großen Augen, vollen Lippen und dem entschlossenen Blick, den Daphné Patakia ihrer Rolle verleiht, nicht widerstehen.
Das ist eine Seite ihres Doppellebens im toskanischen Kloster. Gleichzeitig hat sie Visionen, begegnet Jesus genau wie gottlosen Kriegern, später tauchen die Wundmale des Gottessohnes an ihrem Körper auf. Ein Wunder. Einzig die ehemalige Klostervorsteherin Felicita bleibt misstrauisch – muss sie doch um ihre Macht fürchten, sollte die Nonne wirklich eine Auserwählte sein. Machtdemonstrationen und Unterdrückungen sind in alle Richtungen spürbar.
Es ist eine wahre Geschichte, die der niederländische Regisseur Paul Verhoeven mit "Benedetta" ins Kino bringt. Die Stanford-Historikerin Judith Brown hatte die Prozessakten in den Achtzigerjahren entdeckt. Ihr Buch "Schändliche Leidenschaften" ist auf Deutsch leider vergriffen, Verhoeven nahm es sich zum Vorbild.
Von Sexszene zu Intrigenplanung
Entstanden ist ein Werk, das sich vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber durchaus geschickt zwischen Historienfilm, Drama, Splatter und Erotikthriller bewegt. Benedettas Visionen etwa sind ganz überdreht brutal und gewaltvoll, wie es von Verhoeven zu erwarten ist. Doch dieser Mix gelingt, auch weil alles Schlag auf Schlag passiert. Es gibt keine Pausen, "Benedetta" findet einen wunderbaren Flow, der von Sexszene zu Intrigenplanung führt.
Der 83-jährige Verhoeven wurde dank Filmen wie "Basic Instinct" oder "Türkische Früchte" als Meister der Provokation bezeichnet. In "Benedetta" hält er sich damit erstaunlich zurück – außer natürlich, man fände lesbische Nonnen per se provokant. Ein bisschen drüber ist höchstens die Szene, in der Bartolomea ihrer Gespielin eine Marienfigur einführt. Den zwei ist eben nichts heilig, sollte man meinen, und ihre Körper nicht die schlimmsten Feinde, sondern Ort der Lust und des Genusses.
Ein krasses Drama, durchaus, aber ganz weit weg von Skandalfilm. Eher reiht es sich auf besondere Weise ein in die letzten lesbischen Vergangenheitsgeschichten wie "Ammonite" oder "Porträt einer jungen Frau in Flammen". Zurecht führt das französische Filmmagazin "Cahiers du cinéma" "Benedetta" auf seiner Liste der zehn besten Filme des Jahres.
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Allgemein fand ich den Film sehr male gaze. Sehr schade!