Das neue Titelbild des queeren Berliner Magazins "Siegessäule" sorgt in sozialen Medien für Aufregung. Insbesondere rechte Aktivist*innen oder Politiker*innen aus Italien, Polen und Ungarn ziehen über das vor gut einer Woche veröffentlichte Foto her, in dem Influencer Riccardo Simonetti als Jungfrau Maria mit Jesuskind abgebildet ist.
"Viele Fragezeichen in biblischen Geschichten"
In einem zu dem Bild gehörenden Interview stellte Simonetti klar, dass er mit dem Bild niemanden beleidigen will: "Es geht mir nicht darum, Menschen wegen ihres Glaubens durch den Kakao zu ziehen, sondern sie daran zu erinnern, dass es in biblischen Geschichten so viele Fragezeichen gibt", so der 28-Jährige, der Anfang des Jahres zum LGBTI-Sonderbotschafter des Europaparlaments ernannt worden war (queer.de berichtete). "Wenn Maria eine Jungfrau war, die ohne Sex ein Kind bekommen hat, dann können wir sie uns genauso gut als gendernonkonforme Person vorstellen. Jede*r kann sich in ihr wiederfinden! Keine*r von uns hat das Recht, ein bestimmtes Gottesbild für sich zu pachten!"
Insbesondere rechte Politiker*innen aus Italien pachteten aber ein starres Maria-Bild für sich: "Die Jungfrau Maria wird als trans dargestellt. Will der 'EU-Sonderbotschafter für LGBT-Rechte' so ein inklusiveres Europa aufbauen?", empörte sich etwa die ehemalige italienische Jugendministerin Giorgia Meloni; die Postfaschistin ist derzeit Chefin der rechtspopulistischen Europapartei EKR. "Die Bürgerrechte werden nicht dadurch geschützt, dass man sich über die Religion lustig macht, die Gläubigen beleidigt oder Weihnachten absagt. Was für ein trauriges Theater."

Auch der rechtsradikale frühere Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini erregte sich in sozialen Netzwerken über das Bild: "Kann es sein, dass manche Leute nicht einmal die Jungfrau Maria und das Heilige Weihnachtsfest respektieren können? Das ist keine kleine Provokation, sondern eine beschämende Beleidigung."

Auch in anderen Ländern gibt es empörte Reaktionen auf das Cover. Das christlich-konservative polnische Wochenmagazin "Do Rzeczy" sprach etwa von einem "skandalösen Titelbild". Der ungarische Kolumnist Péter Heltai rief dazu auf, unter dem Hashtag #ProtectAdvent gegen Simonetti zu protestieren und seine Abberufung als LGBT-Botschafter zu fordern.
Simonetti hat unter einem Facebook-Eintrag, in dem er das Titelbild präsentierte, inzwischen viele Hassbotschaften erhalten, in denen er etwa mit Tieren verglichen und ihm Gottes Rache angedroht wird. Eine Frau aus Boston schrieb ihm etwa: "Du bist ein Gotteslästerer. Jesus wird zurückkehren und über dich richten." Ein Slowake erklärte auf Englisch: "Geh zum Arzt. Du bist krank." (dk)