Zum wiederholten Mal gibt es schwere Vorwürfe gegen Regisseur Bryan Singer: Der 30-jährige Blake Stuerman, der von 2009 bis 2013 dessen Assistent gewesen war, warf seinem früheren Chef im Branchenblatt "Variety" vor, ihn "traumatisiert" und "missbraucht" zu haben.
Stuerman erklärte, er sei dem Star-Regisseur 2009 als 18-Jähriger in New York City vorgestellt worden. Zu dieser Zeit sei Singer 43 Jahre alt gewesen, er selbst habe "nicht älter als 15" ausgesehen und sei die "Schulbuch-Definition eines Twinks" gewesen. Singer habe ihn zu einem teuren Abendessen mit Personen der Filmindustrie eingeladen und ihn und andere dann auf seine Hotelsuite eingeladen. Später habe er ihn zu überzeugen versucht, länger zu bleiben. Er sei aber gegangen und mit der U-Bahn nach Hause gefahren.
Danach sei er wiederholt von Singer erneut eingeladen worden. Eines Abends sei er in seiner Suite mit anderen Personen gewesen, aber immer mehr seien gegangen, "bis ich alleine mit Bryan war". An diesem Abend habe er sich "zum ersten Mal in seinem Leben betrunken gefühlt". Er erklärte weiter: "Mir wird unwohl, wenn ich daran denke. Man kann sich denken, was dann passiert ist. Ich wusste nicht, dass ich 'Nein' sagen durfte. Ich wusste nicht, dass der Alkohol meine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, einschränkt."
"Wenn ich nur etwas Widerstand leistete, wurde er wütend"
Singer habe ihm nach diesem Vorfall deutlich gemacht, dass er für seine Zukunft nach Los Angeles ziehen und für ihn arbeiten solle – Stuerman folgte dem Rat. Der Regisseur habe dann "öfter Sex erwartet". "Wenn er in einer Nacht keinen Jungen in der Bar gefunden hat, musste ich dieser Junge sein. Wenn ich nur etwas Widerstand leistete, wurde er wütend", schrieb Stuerman. Er sei dafür zu vielen Treffen wie Drehbuch-Lesungen mitgenommen worden.
Ein einschneidendes Erlebnis habe sich 2012 in ihn eingebrannt. Damals habe Singer einen Gast auf der Terrasse seines Hauses körperlich angegriffen – als er dann Singer zurückzog und ins Haus begleitete, habe dieser ihm wortwörtlich gesagt: "Ich töte dich, verdammt nochmal, wenn du mich verlässt." Ab diesem Zeitpunkt habe er "in Angst gelebt, dass Bryan seine Warnung wahr macht". Singer habe ihn vollständig kontrolliert: "Ich durfte nicht daten. Ich durfte nicht mit Menschen meiner Wahl Sex haben", so Stuerman. Schließlich habe er doch den Ausstieg geschafft. Seine Karriere in der Unterhaltungsindustrie sei damit aber beendet gewesen.
"Ich bin das Missbrauchsopfer von einem sehr mächtigen, sehr reichen und sehr kranken Mann", so sein Resümee. "Ich bin ein Opfer von Bryan Singer."
Anwalt Singers: Vorwürfe "verleumderisch"
Ein Anwalt Singers wies die Vorwürfe gegenüber "Variety" zurück. Diese seien "verleumderisch", so Andrew Brettler. Zwar hätten Singer und Stuerman anfangs Zuneigung füreinander gehabt, "aber mit der Zeit wurde Herr Stuermann immer paranoider, wahnhafter und hilfsbedürftiger". Daher habe sich Singer von ihm distanziert.
"Herr Stuerman ist wütend und verärgert, weil er nicht den Lob für Herrn Singers Filme erhalten hat, den er seiner Ansicht nach verdient hatte", so der Anwalt. "Am meisten ist er wütend und verärgert, dass Herr Singer nicht länger Herrn Stuermans Jet-Set-Lifestyle bezahlt und ihn nicht länger finanziell unterstützt hat, wie er es viele Jahre lang getan hatte."
Bereits mehrfach hatte es Missbrauchsvorwürfe gegen Bryan Singer gegeben. 2014 wurde eine Klage eines ehemaligen Kindermodels fallengelassen (queer.de berichtete). Im Zuge der #MeToo-Debatte mehrten sich seit seit 2017 die Vorwürfe. Ein Mann warf dem Regisseur etwa vor, ihn 2003 auf einer Jachtparty vergewaltigt zu haben – der Beschuldiger sei damals gerade 17 Jahre alt gewesen (queer.de berichtete). Obgleich Singer alle Vorwürfe bestritt, stimmte er 2019 einer außergerichtlichen Einigung zu und zahlte dem Mann 150.000 Dollar (queer.de berichtete).
Beim letzten Blockbuster von Bryan Singer, dem mit vier Oscars ausgezeichneten Biografiefilm "Bohemian Rhapsody", hatte es bereits Spannungen gegeben: Singer war zum Drehende des Films gefeuert worden, weil er angeblich wiederholt am Set nicht erschienen sei und er sich mit Hauptdarsteller Rami Malek nicht verstanden habe (queer.de berichtete). Dexter Fletcher drehte den Film dann zu Ende, in den Credits tauchte aber nur Singer auf.
Weitere Projekte erhielt Singer in den letzten Jahren nicht mehr. Eigentlich hätte er eine Neuverfilmung von "Red Sonja" drehen sollen – nach den Missbrauchsvorwürfen wurde er aber gefeuert (queer.de berichtete). (cw)