Olly Alexander stößt in "It's a Sin" an – die bewegende Miniserie war eine der Höhepunkte des Jahres (Bild: Channel 4)
Der Koalitionsvertrag ist vielversprechend
Die neue Ampelkoalition hat sich in Queerpolitik viel vorgenommen: Queere Menschen sollen im Grundgesetz vor Diskriminierung geschützt werden, ein "Nationaler Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt" ist geplant, queerfeindliche Hasskriminalität soll besser bekämpft werden, eine Reform des Abstammungsrechts soll Diskriminierungen von Regenbogenfamilien beseitigen, Unrecht gegen intergeschlechtliche Menschen soll ausgerabeitet werden, das Teil-Blutspendeverbot für Schwule soll abgeschafft werden, queere Verfolgte sollen besser Asyl erhalten und es soll auch endlich ein Selbstbestimmungsgesetz eingeführt werden – und das sogar recht schnell. Jetzt bleibt abzuwarten, ob dies alles auch in dieser Legislaturperiode umgesetzt wird.
Erwähnt werden muss aber auch, dass manche Dinge fehlen – so konnte die FDP etwa ihr Ziel einer Teil-Legalisierung von Leihmutterschaft nicht durchsetzen.
Erstmals trans Frauen im Bundestag
Zum ersten Mal hat das deutsche Wahlvolk offen transsexuelle Personen in den Bundestag gewählt – und dazu gleich zwei: Mit der Nürnbergerin Tessa Ganserer und der Leverkusenerin Nyke Slawik zeigt der Bundestag, dass er nicht nur ein Hort alter, weißer Männer ist. Zwar zeigen erste abschätzige Reaktionen, dass noch viel zu tun ist. Der erste Schritt ist aber gemacht.
Übrigens: Mit Ricarda Lang zog auch die erste offen bisexuelle Politikerin ins Parlament ein. Die 27-jährige Schwäbin will sich sogar nächstes Jahr um den Parteivorsitz ihrer grünen Partei bewerben.
EU als Schutzmacht von queeren Menschen
Die Europäische Union tut inzwischen sehr viel, um sexuelle und geschlechtliche Minderheiten zu schützen. Der Europäische Gerichtshof stellt etwa klar, dass auch Regenbogenfamilien Freizügigkeit in der Union genießen – egal, ob es in einem Land eine homofeindliche oder -freundliche Regierung gibt. Das Gericht schützt auch die Rechte von queeren Flüchtlingen.
Zudem verschärft die EU-Kommission die Gangart gegen LGBTI-feindliche Mitgliedsstaaten wie Ungarn. Damit gibt die Union in diesen Ländern der Community Hoffnung, die queere Menschen in Nicht-EU-Staaten – man denke nur an Belarus oder Russland – nicht haben.
Weitere Ehe-Öffnungen: Schweiz und Chile
Zwei weitere Länder haben dieses Jahr die Ehe-Öffnung beschlossen. Die Schweiz ließ darüber die Öffentlichkeit abstimmen, fast zwei Drittel des Wahlvolks stimmte dafür. In Chile entschied das Parlament.
Allerdings werden beide Entscheidungen erst nächstes Jahr in Kraft treten: in Chile am 10. März, in der Schweiz am 1. Juli.
Als letztes Land hatte Costa Rica am 26. Mai 2020 die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet.
Mehr Verantwortung im Sport
Früher wurden sportliche Großveranstaltungen noch wiederspruchlos in Ländern durchgeführt, die queere Menschen offen verfolgen ließen. Heute ist dies nicht mehr möglich: Formel-1-Fahrer wie Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton begehren gegen Rennen in Verfolgerstaaten auf, Spieler in vielen Ligen, etwa im testosterongeladenen American Football outen sich und im Fußball sprechen Stars wie Jürgen Klopp bei Homosexuellenfeindlichkeit Klartext. Klar, es ist noch viel zu tun: Kein einziger (männlicher) Profi hat sich bislang in der Fußball-Bundesliga geoutet, zudem hat der europäische Fußballverband UEFA bei und nach der EM mit Regenbogenverboten und Verharmlosung von Homo-Hass seine homophobe Fratze gezeigt. Dennoch stimmt oft die Richtung.
Allerdings findet nächstes Jahr die WM ausgerechnet im LGBTI-feindlichen Katar statt. Bleibt abzuwarten, ob die Proteste dort größer ausfallen als bei der WM vor vier Jahren, die im nicht minder homofeindlichen Russland stattfanden.
Der Trump-Spuk ist (vorerst?) vorbei
In allen der Welt atmeten Menschen am Morgen des 4. November 2020 auf, nachdem der bislang progressivste Kandidat Joe Biden die Wahl gegen queerfeindlichen Donald Trump gewinnen konnte. Selbst ein Putschversuch von Trump-Anhänger*innen konnte das Ergebnis der Wahl nicht umdrehen. Aber: Trump machte bereits deutlich, dass er 2024 erneut zur Wahl antreten möchte – und in vielen Bundesstaaten, in denen seine Partei regiert, gibt es bereits Bestrebungen, das Wahlrecht für Anhänger*innen des politischen Gegners einzuschränken. Es kann also bald wieder spannend werden.
It's A Sin
Das deutsche Fernsehen wurde zwar besser – die schwule ARD-Serie "All You Need" war durchaus unterhaltsam, die lesbische ZDF-Serie "Loving Her" wurde noch positiver angenommen – aber ein Meisterwerk wie "It's a Sin" waren diese Reihen nicht. Die britische Miniserie nimmt mit ihren queeren Charakteren das Publikum mit – und dabei bleibt kein Auge trocken. Die Reihe ist in Deutschland seit Juni auf Starzplay zu sehen. Für weitere gute Unterhaltung nicht nur der Community sorgten "Pose", "Young Royals" oder der anhaltende Serien-Trend aus dem Fernen Osten.
Auch die angesehene Tageszeitung "The Guardian" wählte "It's a Sin" zur besten TV-Sendung des Jahres (Bild: guardian.co.uk)
Riccardo Simonetti wird Sonderbotschafter der EU
Seit Februar hat die EU einen Sonderbotschafter für LGBTI-Rechte: Mit Entertainer Riccardo Simonetti hat das Europaparlament einen Mann ausgesucht, der bedingungslos für gleiche Rechte eintritt – und schon mal Homo-Hasser*innen, wenn es nötig ist, den Mittelfinger zeigt.
Die Abba-Rückkehr
Darauf mussten wir drei Jahrzehnte warten: Die ESC-Heldinnen und -Helden aus dem hohen Norden haben uns endlich ein neues Album beschert – und wir sind glücklich!
Auch Hape Kerkeling kehrt zurück
Für die volle Retro-Ladung sorgte die Rückkehr von Hape Kerkeling: Er sorgte nicht nur mit der süßen kleinen Dokuserie "Hape und die 7 Zwergstaaten" für ein Quotenfeuerwerk bei Vox, sondern versprach für nächstes Jahr auch eine Fortsetzung des Kultfilms "Club Las Piranjas" – und all das in jenem Jahr, in dem sich sein unfreiwilliges Outing zum 30. Mal jährt.
Ich hatte gar nicht gewusst wie sehr ich deren Musik verinnerlicht hatte.
Mit einem DJ als Vater waren die 70/80er "bewegt" und es gab stets viel unterschiedliche Musik. Obwohl er privat Beatlesfan(atic) ist - ein Raum im Haus ist quasi ein Altar mit persönlichen Autogrammen und anderen Devotionalien. Und die Qualität seiner Anlage werde ich mir nie leisten bevor ich sie erbe.
Das 2. wäre die neue Regierung, falls das TSG fällt.
Und uns endlich unsere Rechte garantiert.
Das 3. wäre der persönliche Erfolg des "überlebens". War streckenweise ein übles Jahr aber ich habs geschafft und sehe positiv in die Zukunft. Größtenteils.
Aber das versteht ihr sicher; oder manche.
Frohes neues Jahr euch allen; hab euch lieb ;)