Oliver Bierhoff hat sich in einem Interview mit dem "Stern" (Bezahlartikel) gegen einen Boykott der Weltmeisterschaft Ende des Jahres in Katar ausgesprochen. Dies sei für den Deutschen Fußball-Bund keine Option: "Wir glauben an die Kraft des Sports, die Menschen verbindet, Vorurteile abbaut, für Begegnungen und Freundschaften über die Dauer einer Weltmeisterschaft hinaus sorgt", erklärte der Direktor der DFB-Nationalteams. "Der Sport hat die Kraft, Brücken zu bauen, im Dialog zu bleiben und Veränderungen anzustoßen, das hat er schon oft bewiesen."
Am Gastgeberland Katar entzündet sich seit längerem Kritik. So steht dort auf Homosexualität eine siebenjährige Gefängnisstrafe, nach islamischem Recht ist sogar die Verhängung der Todesstrafe möglich. Auch andere Menschenrechtsverletzungen – etwa gegen Frauen oder Gastarbeitende – sind an der Tagesordnung. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland forderte angesichts dieser Tatsachen vergangenen Herbst einen WM-Boykott (queer.de berichtete).
Jüngst hatte Amnesty International gemeldet, dass seit der WM-Vergabe 15.000 Gastarbeitende ums Leben gekommen sein sollen, der Großteil unter ungeklärten Umständen. Bierhoff sagte dazu: "Wenn diese Zahlen stimmen, sind sie natürlich erschreckend. Hier ist nun die FIFA als Ausrichterin und Organisatorin des Turniers gefordert, für Aufklärung zu sorgen."
Bei der Europameisterschaft im vergangenen Sommer hatte sich die deutsche Nationalmannschaft mit Statements gegen Diskriminierung positioniert. So setzte das Team mit dem Kniefall ein Zeichen gegen Rassismus, außerdem trug Kapitän Manuel Neuer eine Regenbogenbinde, was zu Ermittlungen der UEFA führte (queer.de berichtete).
Regenbogenaktionen bei der WM?
Ob für die WM in Katar ähnliche Aktionen geplant sind, ließ Bierhoff offen: "Das kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen, denn der Impuls für solche Aktionen kommt direkt aus der Mannschaft selbst. Wir als DFB diktieren nichts von oben herab, was auch falsch wäre. Wir begleiten solche Prozesse und sorgen für Information und Aufklärung. Ich bin froh, dass wir mündige Spieler haben. Eine sensible Mannschaft, die weiß, dass Fußball mehr ist als nur Sport, und diese Bühne nutzt, um offensiv für Menschenrechte einzutreten."
Sportlich sieht Bierhoff die Nationalmannschaft auf einem guten Weg, seit Hansi Flick im August 2021 das Bundestraineramt übernommen hat. "Wir spüren alle eine Aufbruchstimmung und eine Begeisterung für den neuen Weg, den Hansi eingeschlagen hat – auf den Rängen, aber auch auf dem Feld." Trotz des frühen Ausscheidens des DFB-Teams bei der EM 2021 (0:2 gegen England im Achtelfinale) kann Bierhoff keinen großen Abstand der Hansi-Jungs zur Weltspitze erkennen.
Bierhoff war in der Vergangenheit beim Thema Homosexualität und Fußball eher unentspannt. So erhielt er 2011 die Homo-Gurke von queer.de, weil er eine fiktive Aussage in der ARD-Krimiserie "Tatort" über Schwule im Profifußball als "Angriff" auf die Nationalelf bewertete. (pm/cw)
Selbstverständlich.
Denn Geld war im Fußball immer schon wichtiger als Fairness, Menschenrechte und sportliche Ideale.