Ihre angekündigte Familienrechtsreform wird die neue Bundesregierung nach Einschätzung von Justizminister Marco Buschmann (FDP) wohl bis zur Mitte der Wahlperiode beschließen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne sollen unter anderem unverheirateten Paaren, homosexuellen Eheleuten mit Kindern sowie Gemeinschaften, die nicht auf einer Liebesbeziehung fußen, neue rechtliche Möglichkeiten geben. "Was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist vermutlich die größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte", sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
Die Lebenswirklichkeiten der Menschen in Deutschland hätten sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Im Familienrecht habe sich dies allerdings bisher kaum abgebildet, weil sich unter den Vorgängerregierungen der zurückliegenden 16 Jahre viele "einfach schwergetan haben mit den gesellschaftspolitischen Realitäten".
Buschmann: Vorhaben "in historischen Kategorien"
Die wohl am stärksten beachtete Änderung auf dem Gebiet war die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Kurz vor Ende ihrer dritten Amtszeit 2017 hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Abstimmung über die Ehe für alle freigegeben. Sie selbst stimmte dagegen, doch auch mit etlichen Stimmen aus den Reihen der Union wurde die Ehe für alle in Deutschland Gesetz.
Die nun von SPD, Grünen und FDP geplante Reform werde grundlegende Veränderungen mit sich bringen, betonte Buschmann: "Wir denken und arbeiten hier tatsächlich in historischen Kategorien". Er sei insgesamt überzeugt, "dass wir bei unserer Reform auf eine sehr weitgehende gesellschaftliche Zustimmung aufbauen können".
Ein wichtiger Baustein sei die geplante "Verantwortungsgemeinschaft". Dieses neue Rechtskonstrukt werde viel Flexibilität bei der individuellen Ausgestaltung bieten. "Wir werden bei der Verantwortungsgemeinschaft voraussichtlich ein mehrstufiges Modell anbieten, das zu den verschiedenen Lebenssituationen passt und eine unterschiedliche Intensität der Verantwortungsübernahme füreinander ermöglicht", kündigte der Minister an.
Für Menschen, die "den Tisch miteinander teilen"
Es gehe etwa darum, Senioren-Wohngemeinschaften rechtlich abzusichern – etwa in der Frage, wer Auskünfte erhält, wenn ein*e Mitbewohner*in ins Krankenhaus kommt oder wer Mieter*in der Wohnung ist, wenn ein Mitglied der Gemeinschaft stirbt. Auch Alleinerziehende, die von Menschen außerhalb der eigenen Familie dauerhaft Unterstützung bei der Kinderbetreuung erhielten, könnten solche rechtssicheren Vereinbarungen nutzen. Schließlich erlebe man immer häufiger, dass sich Menschen jenseits der Familie zusammentun. Auch weil viele Menschen mobiler geworden seien, Eltern und ihre erwachsenen Kinder oft sehr weit entfernt voneinander wohnten.
Mit einer Ehe, mit der man umfassend Verantwortung für einen anderen Menschen übernehme und Tisch und Bett miteinander teile, sei dies aber nicht zu vergleichen, sagte der Bundesjustizminister, der selbst verheiratet ist. Die Verantwortungsgemeinschaft sei ein Modell für Menschen, die "nicht das Bett miteinander teilen, sondern den Tisch – aber mit einem über eine reine Geschäftsbeziehung hinausgehenden tatsächlichen und persönlichen Näheverhältnis".
Wichtig sei, dass im Gesetz eine klare Abgrenzung der Verantwortungsgemeinschaft zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur Bedarfsgemeinschaft des Sozialrechts vorgenommen werde. Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, halte er die Eintragung in ein Register beim Standesamt für den besten Weg, sagte Buschmann. Denkbar wäre aber auch eine Lösung vor dem Notar.
Diskriminierung lesbischer Mütter beenden
Vorgesehen ist bei der geplanten Reform außerdem mehr Unterstützung für ungewollt kinderlose Paare. Für unverheiratete Paare soll es neue Möglichkeiten geben, Vereinbarungen über die Elternschaft zu treffen.
Zwei miteinander verheiratete Frauen sollen in Bezug auf Kinder rechtlich künftig genauso behandelt werden wie wenn ein Mann und eine Frau miteinander verheiratet sind. Das heißt auch, dass das von einer der beiden Frauen geborene Kind von Anfang an die Ehefrau als zweiten Elternteil haben soll. Bisher kann die Partnerin der Mutter nur über eine Stiefkindadoption rechtlicher Elternteil des Kindes werden. Grundsätzlich gelte bei dem gesamten Reformvorhaben: "Das Kindeswohl muss dabei immer im Vordergrund stehen", sagte Buschmann. "Außerdem muss man klären, was eigentlich rechtlich passieren soll, wenn so eine Partnerschaft auseinandergeht oder sich anschließend neue Partnerschaften bilden." (cw/dpa)
Das sollte unbedingt beim Notar erfolgen.
Die Lösung beim Notar wäre nur wieder eine zusätzliche Hürde (weil es in jeder kreisfreien Stadt, in jedem Landkreis und bei Großstädten oft sogar in einzelnen Stadtteilen ein eigenes Standesamt gibt, aber einen Notar gibt es nicht in jedem Landkreis, etc.) und evtl. sogar mit höheren Kosten verbunden. Und es kann ja nicht sein, dass so eine Verantwortungsgemeinschaft schwerer einzugehen ist als eine Ehe.
Übrigens:
Es sollte unbedingt auch der Kirchenaustritt bundesweit beim Standesamt erfolgen. In manchen Bundesländern muss man ja dafür zum Gericht, was für viele Menschen eine zusätzliche Hürde ist, weil es oft weiter weg ist als das nächste Standesamt (was es im Gegensatz zu Gerichten in viel mehr Orten gibt) und manche sich generell vor dem Gang vor Gericht fürchten.
Das wurde in manchen Bundesländern ganz bewusst von der CDU/CSU so eingeführt, um die Hürden höher zu legen.
Das ist zwar leider nicht Bundessache, sondern Ländersache, sollte aber auch dringend deutschlandweit vereinheitlicht werden.