Die Union hat ablehnend bis skeptisch auf die Pläne von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) für eine Familienrechtsreform reagiert. Vor allem die Idee einer rechtlich anerkannten Lebensgemeinschaft jenseits der Ehe berge verfassungsrechtliche Risiken, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag). "Die neue 'Verantwortungsgemeinschaft' im Familienrecht hat die Ampel offenbar nicht zu Ende gedacht", befand der CDU-Politiker.
"Es bleibt vor allem unklar, ob es für ein solches gänzlich neues Rechtsinstitut überhaupt einen Bedarf gibt", sagte Krings. Für gestärkte Auskunfts- und Vertretungsrechte von Menschen, die ohne Ehe Verantwortung füreinander übernehmen, brauche es kein neues Familienrechtsmodell, sondern lediglich unbürokratische Reformen der Vertragsfreiheit. "Wenn hier eine 'Ehe light' erfunden werden soll, riskiert man nicht nur einen handfesten Konflikt mit Artikel 6 des Grundgesetzes, der die Ehe besonders schützt, sondern muss vor allem ein hochkomplexes neues Regelungssystem schaffen", warnte Krings.
Seit zwei Jahrzehnten der Blockierer vom Dienst
In seiner Argumentation bleibt sich Krings teilweise treu: Mit Verweis auf das Grundgesetz – aber auch auf das "Kindeswohl" – hatte Krings in den vergangenen beiden Jahrzehnten bereits erfolgslos eingetragene Partnerschaften, das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare und die Ehe für alle bekämpft. Aufgrund seiner "diskriminierenden Positionen in Bezug auf Lesben, Schwule" und "ultrakonservativen Haltung zum Selbstbestimmungsrecht von Frauen" lehnten die Grünen es 2018 ab, Krings zum Richter am Bundesverfassungsgericht zu wählen (queer.de berichtete).
Justizminister Buschmann will die Familienrechtsreform bis zur Mitte der Legislaturperiode auf den Weg bringen. "Was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, ist vermutlich die größte familienrechtliche Reform der letzten Jahrzehnte", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Pläne sollen unter anderem unverheirateten Paaren, homosexuellen Eheleuten mit Kindern sowie Gemeinschaften, die nicht auf einer Liebesbeziehung fußen, neue rechtliche Möglichkeiten geben (queer.de berichtete).
SPD: Vorhaben von einer "historischen Dimension"
Ein wichtiger Baustein ist Buschmann zufolge die geplante "Verantwortungsgemeinschaft". Dieses neue Rechtskonstrukt werde viel Flexibilität bei der individuellen Ausgestaltung bieten. "Wir werden bei der Verantwortungsgemeinschaft voraussichtlich ein mehrstufiges Modell anbieten, das zu den verschiedenen Lebenssituationen passt und eine unterschiedliche Intensität der Verantwortungsübernahme füreinander ermöglicht", kündigte der Minister an.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der dpa, es handele sich um ein Vorhaben von einer "historischen Dimension". "Dieses Kapitel unseres Koalitionsvertrags zeigt wirklich eindrucksvoll, bei wie vielen gesellschaftspolitischen Themen die Union in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten konsequent auf der Bremse stand", kritisierte Wiese. Nun gebe es die Chance, ein fortschrittliches Familienrecht zu schaffen, das die vielfältigen Lebensrealitäten im 21. Jahrhundert anerkenne. (cw/dpa)