Der erste Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), will den Schutzstatus für sexuelle Vielfalt im Grundgesetz verankern. "Im Grundgesetz steht eben leider noch nicht, dass es auch dieses Diskriminierungsverbot aufgrund der Sexualität gibt – das Geschlecht steht drin", sagte Lehmann am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Homosexuelle seien die letzte von den Nazis verfolgte Gruppe ohne Schutzstatus im Grundgesetz.
"Wir brauchen auch sehr viele Maßnahmen in der täglichen Politik, damit alle Menschen verschieden sein können, aber gleich an Rechten und frei von Diskriminierung", sagte Lehmann. Zuerst müsse geprüft werden, welche diskriminierenden gesetzlichen Regeln es noch gibt. Ein Beispiel sei die Benachteiligung von Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht (queer.de berichtete). Ein weiteres Beispiel dafür sei das Transsexuellengesetz, das trans Menschen dazu zwingt, sich einem psychiatrischen Gutachten zu unterziehen. Das sei "Fremdbestimmung", kritisierte Lehmann. "Andere Länder in Europa sind hier sehr viel weiter."
Moderator Mitri Sirin fragte Lehmann ausführlicher nach trans und nichtbinären Menschen. "Diese Personengruppe ist deswegen so im Fokus, weil es täglich Hasskriminalität gibt", so Lehmann, etwa auf der Straße oder am Arbeitsplatz. Diesen Menschen sollten keine "Hürden und Barrieren" in den Weg gestellt werden, wie es das Transsexuellengesetz tue.
"Wir trauen auch Jugendlichen diese mündige Entscheidung zu"
Auf die Frage, ob auch – wie in einem früheren Gesetzentwurf der Grünen vorgesehen – Jugendliche ab 14 Jahre ihren Geschlechtseintrag im Personalausweis ändern sollen dürften, antwortete Lehmann: "Man muss unterscheiden zwischen dem, was im Pass steht, und das was Menschen an Hormonbehandlungen oder Operationen selber wollen. Uns geht es um die Frage des Personenstandes und des Geschlechtseintrages. Wir trauen auch Jugendlichen diese mündige Entscheidung zu. Das trauen wir ihnen ja auch bei Religionszugehörigkeit zu." Außerdem würden Jugendliche im Alter von 14 Jahren strafmündig. Diese Altersgrenze sei daher ein wichtiger Schritt zur Stärkung von Jugendrechten.
Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte im November in ihrem Koalitionsvertrag mehrere queerpolitische Projekte vorgestellt. Lehmann wurde am 5. Januar zum Queerbeauftragten der Bundesregierung ernannt (queer.de berichtete).
Lehmann ist seit 2017 Abgeordneter der Grünen im Bundestag. Seit dem Regierungswechsel ist der Kölner zudem Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (queer.de berichtete). Von 2018 bis 2021 war er Sprecher für Queerpolitik und Sozialpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. (AFP/dk)
Trotzdem natürlich: Good Luck!