Der Hass-Mord an einem schwulen Mann in Sydney ist über drei Jahrzehnte nach der Tat aufgeklärt worden: Der 50-jährige Angeklagte Scott W. hat am Montag überraschend zugegeben, im Dezember 1988 den damals 27-jährigen Scott Johnson getötet zu haben. "Schuldig! Ich bin schuldig! Schuldig!", soll er laut Medienberichten in einem Vorverfahren geschrien haben.
Das Eingeständnis wurde erst am Donnerstag bekannt, weil seine Anwältin zunächst versucht hatte, den "plea"-Ruf ihres Mandanten zurückzuziehen. Sie hatte argumentiert, dass der Angeklagte aus Stress und Angst seine Schuld bekannt habe und außerdem an einer geistigen Behinderung leide. Das Gericht erkannte das Geständnis des Mannes aber an und verurteilte ihn wegen Mordes. Das Strafmaß soll im Mai bekanntgegeben werden.
Der Angeklagte war bereits im Mai 2020 festgenommen worden (queer.de berichtete). Die Staatsanwaltschaft war sich sicher, dass er sein Opfer, einen amerikanischen Mathematikstudenten, aus Hass auf dessen Homosexualität von einer Klippe am Strand von Sydney gestoßen hatte.
Die Tötung war offenbar Teil einer Mordserie im Sydney der späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahre. Nach Schätzungen sind bis zu 80 schwule Männer an Stränden um Sydney, etwa dem bekannten Bondi Beach, von jungen Homo-Hassern ermordet worden. Sie gingen oft gezielt in Cruising-Gebiete und lockten ihre Opfer in eine Falle. Die damals äußerst homophobe Polizei hatte die Morde nicht weiterverfolgt und oft als Suizid verschleiert. Inzwischen hat sich die Polizeiführung für ihr Fehlverhalten entschuldigt.
Bruder des Opfers ließ nicht locker
Dass dieser Fall aufgeklärt wurde, ist insbesondere dem Bruder des Opfers zu verdanken. Steve Johnson hatte nie den Behauptungen der Polizei des Bundesstaates New South Wales geglaubt, dass sich Scott das Leben genommen habe. Er setzte sich in den letzten Jahrzehnten für die Wiederaufnahme des Verfahrens ein. 2012 wurde der Fall erneut untersucht und die Todesursache auf "ungeklärt" geändert. Bei einer dritten Untersuchung 2017 kam schließlich heraus, dass der Student wohl aus Hass auf seine sexuelle Orientierung getötet worden war. 2018 setzte die Polizei eine Belohnung in Höhe von einer Million Dollar (640.000 Euro) für Hinweise aus, die zur Ergreifung des Täters führen. Selfmade-Millionär Steve Johnson verdoppelte die Belohnung auf zwei Millionen Dollar. Nach dem Schuldeingeständnis des Angeklagten rief er die Behörden auf, auch andere angebliche Suizide schwuler Männer am Strand von Sydney aus den Achtziger- und Neunzigerjahren zu untersuchen.
Bereits 2016 hatte der australische Fernsehsender SBS die vierteilige Kriminalserie "Deep Water" ausgestrahlt, in der eine fiktive Polizeikommissarin (Yael Stone, bekannt aus "Orange Is the New Black") die alte Mordserie neu aufrollt und dabei auf Widerstand stößt. Die hochgelobte Miniserie ist auch im deutschen Netflix erhältlich. (dk)
Kleiner Haken an der Sache: So etwas kann man nicht entschuldigen.