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Stimmungsmache
AfD: Forderung des Queerbeauftragten ist "kriminell"
Die Rechtsaußenpartei versucht, das alte Klischee vom schwulen Kinderschänder aufzuwärmen.

Enrico Komning ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
21. Januar 2022, 13:38h 3 Min. Von
Die AfD macht weiter Stimmung gegen die Queerpolitik der Ampel-Koalition und äußert sich besonders aggressiv gegen den "sogenannten Queerbeauftragten" Sven Lehmann. Der Grünenpolitiker war am 5. Januar zum Beauftragten der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ernannt worden (queer.de berichtete).
Besonders deutlich äußerte sich der mecklenburg-vorpommersche AfD-Abgeordnete Enrico Komning in einem in sozialen Medien verbreiteten Video. Er warf Lehmann vor, dass eine seiner Forderungen "kriminell" sei und "irreperable psychische Schäden" bei Kindern verursachen würde.
Wörtlich sagte Komnig, dass er zwar gegen Diskriminierung und Mobbing sei, "was jetzt aber der sogenannte Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, fordert, das Sorgerecht für Kinder auf bis zu vier Personen auszuweiten, ist kriminell und würde bei unseren Kindern zu irreperablen psychischen Schäden führen", so der 53-Jährige. "Kinder sind unsere Zukunft und nicht Objekt von Selbstverwirklichungstrips wohlstandsverwahrloster unterbeschäftigter linksgrüner Ideologen". Er sprach Kanzler Olaf Scholz direkt an: "Also, Herr Bundekanzler, schützen Sie unsere Kinder vor Sven Lehmann und streichen Sie sofort die Stelle des Queerbeauftragten." Das AfD-Video trägt auch den Titel "Schützt unsere Kinder vor Sven Lehmann!" und spielt so bewusst mit dem Gedanken, dass man Minderjährige vor Schwulen schützen müsse.

(Bild: Youtube)
Die von Komning kritisierte Mehrelternschaft ist übrigens keine einsame Idee von Lehmann, sondern Bestandteil des Ampel-Koalitionsvertrags vom November. Darin ist vorgesehen, das "Institut der Verantwortungsgemeinschaft" einzuführen, damit Beziehungen "jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe" geschützt werden können.
Gegen "Gender-Booster-Impfung"
Auch Martin Reichardt, der familienpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, macht in einer am Mittwoch von der Fraktion verbreiteten Erklärung Stimmung gegen Lehmann: "Die Familien Deutschlands und ihre Kinder brauchen keine ideologisch-verordnete Gender-Booster-Impfung eines 'Queer'-Beauftragten", empörte sich der Chef der AfD Sachsen-Anhalt. Außerdem erklärte er: "Die Ampel macht Politik für kleine Minderheiten, in diesem Fall für die LSBTQ-Lobby. […] Ideologische Hirngespinste dürfen nicht auf Kosten und auf dem Rücken der Schwächsten unserer Gesellschaft umgesetzt werden."

Reichardt hatte bereits vergangene Woche bei der Bundestagsdebatte zur Familienpolitik der neuen Ministerin Anne Spiegel (Grüne) gegen queere Menschen Stimmung gemacht: "Es ist der Weg in eine Gesellschaft ohne Familie, ohne Herkunft, ohne Identität und ohne Heimat. Kinder werden unter der Ampel zum Spielball der LSBTQ-Lobby", so Reichardt. Dann wurde er polemisch gegen die Ministerin: "Auch wenn man nur Politik, Philosophie oder Psychologie studiert hat, sollte man wissen: Zwei Frauen können gar kein Kind miteinander bekommen. Das ist Realität, das ist Naturwissenschaft. Die Infantilisierung und Realitätsferne hat im Familienministerium Einzug gehalten oder besser: eine Biologieleugnerin."
Die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann kommentierte laut Plenarprotokoll die Rede Reichardts mit den Worten: "Mein Gott! So eine homophobe Scheiße! Ehrlich!"

Auszug aus dem Plenarprotokoll
Bereits kurz nach der Ernennung von Lehmann als Queerbeauftragter vor gut zwei Wochen gab es scharfe Reaktionen aus der AfD: "Die Absurdität grünen Gender-Wahns" erreiche "einen neuen traurigen Höhepunkt", erklärte etwa Co-Vizeparteichefin Beatrix von Storch (queer.de berichtete).
