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Generalaudienz
Papst: Homosexuelle Kinder nicht verurteilen
Franziskus äußerte sich bei einer Generalaudienz im Vatikan überraschend wie kurz zu schwulen oder lesbischen Kindern und ihren Eltern.

Der Papst am Mittwoch bei der Audienz (Bild: vatican.va)
- 26. Januar 2022, 16:10h 3 Min.
Papst Franziskus hat am Mittwoch überraschend an Eltern appelliert, schwule und lesbische Kinder nicht zu verurteilen. Die dennoch insgesamt nur bedingt aussagekräftige Passage erfolgte im Rahmen mehrerer Sätze, in denen der Papst Eltern Bestärkung geben wollte.
"Ich denke in diesem Moment an die vielen Menschen, die von der Last des Lebens erdrückt werden und nicht mehr hoffen, nicht mehr beten können", sagte der Papst im Rahmen der Generalaudienz in einer deutschen Simultanübersetzung. "Ich denke auch an die Eltern, die Probleme mit ihren Kindern haben; Kinder, die krank sind, die unheilbare Krankheiten haben. Was für ein Schmerz ist das für die Eltern! Manche erleben, dass ihre Kinder eine andere sexuelle Orientierung haben, und fragen sich, wie sie ihre Kinder begleiten können. Da sollte man keine verurteilende Haltung einnehmen."
Weitere Gedanken des Papstes richten sich an Eltern, "deren Kinder von Krankheiten dahingerafft werden", vom rechten Weg abkommen oder einen Unfall hätten. "Es gibt so viele Probleme, mit denen Eltern konfrontiert sind. Denken wir darüber nach, wie wir ihnen helfen können. Und ich sage diesen Eltern: lasst euch nicht erschrecken; es gibt viele Probleme, aber denkt immer an den Herrn. (…) Verurteilt eure Kinder nie!" Eltern sollten "beten, arbeiten und lieben".
Wie andere Religionsgemeinschaften steckt die katholische Kirche in einer weltweit sehr unterschiedlich geführten Debatte zum Umgang mit LGBTI. Der offizielle Katechismus spricht von homosexuellen Handlungen weiter als Sünde und fordert Schwule und Lesben unter anderem zu Enthaltsamkeit auf. In vielen Ländern befördert die Kirche Ausgrenzung und unterstützt Politik gegen gleichgeschlechtlich liebende und trans Personen. In Deutschland unterstützten in diesen Tagen einige Bischöfe zaghaft ein Massen-Coming-out von Angestellten der Kirche (queer.de berichtete). Der Vatikan hat auf diese Initiative, die auch Forderungen an die Kirche stellte, bislang nicht reagiert.
Die italienische LGBTI-Organisation Arcigay kommentierte die Worte des Papstes in einer Stellungnahme entsprechend zurückhaltend: "Wir würdigen die Offenheit des Papstes, aber LGBTI-Menschen brauchen keine Bevormundung oder Mitleid: Sie fordern Rechte, volle Gleichberechtigung, gleiche Würde. Es ist der Weg, auf dem uns die Kirche immer finden wird. Dort erwarten wir sie."
? "Apprezziamo l'apertura del Papa ma le persone lgbti non hanno bisogno di paternalismo o commiserazione: chiedono...
Posted by Arcigay on Wednesday, January 26, 2022
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Der aktuelle Papst, obwohl kein obsessiver queerfeindlicher Fundamentalist wie sein deutscher Vorgänger, hatte sich in den letzten Jahren sehr widersprüchlich zu LGBTI-Fragen geäußert. Bereits 2018 hatte er vor Journalisten in Bezug auf "Kinder mit homosexuellen Neigungen" nichts direkt an diese selbst gesagt, aber Eltern geraten, sie nicht zu "verdammen" und den Dialog zu suchen. Die Kinder hätten ein Recht, nicht aus der Familie gejagt zu werden. Zugleich betonte er zu homosexuellen Kindern im Vergleich zu Erwachsenen: "Es gibt viele Dinge, die man mit der Psychiatrie machen kann, um zu sehen, wie die Dinge sind" (queer.de berichtete). Nach einiger Empörung ruderte der Vatikan teilweise zurück, ohne die Passage komplett klarzustellen (queer.de berichtete). (nb)
