Kardinal Reinhard Marx will offenbar nicht mehr nur heterosexuelle Priester akzeptieren (Bild: Screenshot / Youtube/Münchner Kirchenfernsehen)
Kardinal Reinhard Marx sieht in der sexuellen Orientierung eines Menschen keine Einschränkung für das Priesteramt. "Nicht jeder ist gezwungen, seine eigene sexuelle Neigung zu nennen, ob er heterosexuell oder homosexuell ist", sagte der Erzbischof von München und Freising am Donnerstag in einer Pressekonferenz in der bayerischen Landeshauptstadt. "Aber wenn er es tut, dann ist das zu respektieren und dann ist das keine Einschränkung seiner Möglichkeit, etwa ein Priester zu werden", erklärte der 68-Jährige weiter.
"Das ist meine Position, und dafür muss man eintreten", sagte Marx. Bei den Priestern gehe man natürlich davon aus, dass sie zölibatär lebten. Bislang hätten manche Bischöfe gesagt, Homosexuelle könnten nicht zum Priester geweiht werden. "Das finde ich nicht", stellte Marx fest.
Vatikan verbietet offen schwule Priester
Mit seiner Haltung zu offen schwulen Priestern stellt sich Marx aber nicht nur gegen manche Bischöfe, sondern gegen Papst Franziskus und den Vatikan: Das Verbot vor homosexuellen Priestern entspricht den vatikanischen Richtlinien gegenüber Priesterschülern, die Ende 2016 unter Franziskus erneuert wurden. Darin wird selbst nicht ausgelebte Homosexualität als Ausschlussgrund für das Priesteramt genannt. Gleich nach den Themenbereichen "physische Gesundheit" und "psychische Gesundheit" wird das Thema "Personen mit homosexuellen Tendenzen" behandelt. Erst danach wird in dem Dokument über "Schutz der Minderjährigen" gesprochen. Priestern mit "tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen" wird darin pauschal vorgeworfen, "keine korrekte[n] Beziehungen zu Männern und Frauen" aufbauen zu können (queer.de berichtete).
In dem Papier heißt es außerdem: "Die negativen Folgen, die aus der Weihe von Personen mit tiefsitzenden homosexuellen Beziehungen erwachsen können, sind nicht zu übersehen." Einzig wenn die Homosexualität "bloß Ausdruck eines vorübergehenden Problems, wie etwa einer noch nicht abgeschlossenen Adoleszenz sei", gebe es eine Ausnahme. Wenigstens drei Jahre vor der Weihe müsse diese Homosexualität aber "eindeutig überwunden" sein.
Auch Papst Franziskus hatte das Verbot bekräftigt. So sagte er 2018 laut "La Stampa", dass Priesterseminare Männer abweisen sollten, wenn es nur "den geringsten Zweifel" an der Heterosexualität eines Bewerbers gebe (queer.de berichtete).
Marx' Bistum feuerte erst letztes Jahr einen Priesteranwärter wegen Verdachts auf Homosexualität
In der Vergangenheit hat das Bistum von Marx aber bereits Priesteranwärter ausschließlich wegen ihrer mutmaßlichen Homosexualität aus Seminaren entfernen lassen. Erst letztes Jahr wurde etwa der Fall von Henry Frömmichen bekannt, der gefeuert wurde, weil er ein Bild mit einem aus "Prince Charming" bekannten Realitystar online veröffentlichte (queer.de berichtete). Frömmichen ist inzwischen aus der Kirche ausgetreten (queer.de berichtete).
In der Pressekonferenz ging es nur nebenbei um das Massen-Coming-out in der Kirche im Rahmen der #OutInChurch-Initiative. Hauptsächlich wurde das vom Erzbistum München und Freising selbst in Auftrag gegebene Gutachten der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu sexuellem Missbrauch behandelt. Dieses war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren. Auch dem aktuellen Erzbischof Marx wird Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen. Er erklärte jedoch, er wolle vorerst im Amt bleiben, "wenn das hilfreich ist". (dpa/dk)