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Staatshomophobie

Grindr aus App-Stores in China verschwunden

Vor den Olympischen Spielen greift die Volksrepublik durch und sperrt die amerikanische Dating-App, die sich hauptsächlich an schwule Männer richtet.


Schwule Olympioniken müssen andere Wege finden, um miteinander in Kontakt zu treten

Aus mehreren digitalen Vertriebsplattformen in China ist die weitverbreitete queere Dating-App Grindr verschwunden. Laut dem auf den Mobilfunk spezialisierten Forschungsunternehmen Qimai wurde Grindr bereits am Donnerstag aus Apples App-Store entfernt. Auch auf Android sowie auf Plattformen, die von chinesischen Unternehmen betrieben werden, war die Dating-App nicht mehr zu finden. Grindr und Apple reagierten zunächst nicht auf die Bitte der Nachrichtenagentur AFP um eine Stellungnahme.

Dagegen stehen örtliche Grindr-Konkurrenten wie Blued weiterhin zum Herunterladen bereit. Der frühere chinesische Eigentümer von Grindr, Beijing Kunlun Tech, hatte die App im Jahr 2020 auf Druck der US-Behörden an eine amerikanische Investorengruppe verkauft (queer.de berichtete). Washington befürchtete, dass die Daten missbraucht und damit eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte.

China geht vermehrt gegen Sichtbarkeit von Homosexualität vor

Seit 1997 ist zwar Homosexualität in China nicht mehr strafbar. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist aber weiterhin verboten und queere Themen bleiben ein Tabu. Im letzten Jahr hat die Staatsmacht bereits mehrere queere Initiativen im Internet gesperrt (queer.de berichtete). Auch in Filmen dürfen keine homosexuelle Liebesbeziehungen gezeigt werden. Selbst nicht-traditionelle Männlichkeitsvorstellungen sind im staatlich kontrollierten Fernsehen untersagt (queer.de berichtete).

Im Vorfeld der Olympischen Winterspiele und der Neujahrsfeiern hatte die chinesische Internetbehörde am vergangenen Dienstag eine einmonatige Kampagne gegen Gerüchte, Pornografie und andere sensible Webinhalte angekündigt. Ziel sei es, "eine zivilisierte, gesunde, festliche und glückverheißende Atmosphäre im Internet" zu schaffen. (AFP/cw)

#1 SakanaAnonym
  • 31.01.2022, 12:42h
  • wundert mich jetzt nicht so extrem, weil Grindr aus chinesischer Sicht schon sehr sexualisiert ist, während Blued eher eine züchtige Version der Partnerschaftsanbahnung verspricht (ablesbar am WeChat-Konto des Dienstes), bei dem jegliches Zeigen von Haut verboten ist und zur Sperrung des betreffenden Users führt.

    Wobei man allerdings sagen muss, dass das Verhältnis der chinesischen Regierung und vor allem der Partei etwas komplexer ist und sich die LSBTTIQ*-Community in China trotz allem ihre eigenen kleinen Nischen noch finden und bedienen kann als Anlaufstellen. Die Haltung der einzelnen Person zum Regime und den vertretenen Inhalten sind entscheidend...und auch, wie unterordnungsfähig die Person in dem Falle ist.
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#2 KopfschüttelAnonym
  • 31.01.2022, 12:49h
  • Warum hat China solche Angst vor männlicher Homosexualität?
    Erst mit der 1-Kind dafür sorgen, dass es einen Männerüberschuss gibt, dann sich beklagen, dass diese Männer keine Frauen finden, was seltsame Blüten treibt, bis hin zur Entführung von Frauen (die man zur Zeit der ein-Kind-Politik nicht haben wollte).
    Männer haben gefälligst Frauen zu begehren, die sie aufgrund des Frauenmangelns nicht haben können. Somit gehen sie leer aus. Aber schwul dürfen sie auch nicht sein. Bekloppt.
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#3 SakanaAnonym
  • 31.01.2022, 13:06h
  • Antwort auf #2 von Kopfschüttel
  • Das ist ne Mischung aus kulturellen, ideologischen und sozialen Gründen. In China ist das Sozialsystem (Rente, Versorgung der Eltern, Krankenversicherungen) nicht so ausgebaut wie in Europa, weshalb die Kinder dazu angehalten sind gesetzlich, sich um die Eltern im Alter zu kümmern und sie in ihre Familie mitaufzunehmen. Deshalb betrachten es viele chinesische Eltern als Scheitern, wenn ihr Sohn keine Frau findet, mit der er eine Familie gründet, weil dann die Familienlinie genetisch nicht mehr fortgeführt werden kann (Ahnenverehrung) und die Familie somit ausstirbt. Deshalb gibts auch das Phänomen der "tongqi" (Frauen schwuler Männer), die dann in toxischen Beziehungen mit Männern leben, die nebenbei noch ihre festen Freunde haben. Auch in solchen Beziehungen gibts dann leibliche Kinder, die unter dem Konstrukt leiden.

    Ideologisch galt Homosexualität als "bourgeois" und "westlich", weshalb auch Mao ordentlich Stimmung gegen Schwule gemacht hat in seinen Kampagnen. Als "Fünfte Kolonne" und so wurden sie beschimpft. Und unter XI haben wir wieder eine Retraditionalisierung und Militarisierung der Männlichkeit, weshalb die "niangpao" (verweiblichte Männer, "Tunten") auch als Rollenmodelle öffentlich verschrieen und geächtet werden.

    Da passt Grindr als sexuelle App nicht ins Schema sozialer Desirabilität.
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#4 KopfschüttelAnonym
  • 31.01.2022, 13:17h
  • Antwort auf #3 von Sakana
  • Dass da verschiedene Faktoren eine Rolle spielen ist klar. Aber es ist einfach unlogisch und vor allem dumm, dass man den so einfachen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht erkennt oder nicht begreifen will. Welche Frau soll er denn auch finden, wenn das eigene genauso wie das Kind der anderen nur ein Sohn sein darf?
    (rhetorische Frage, mir ist klar, dass da auch wieder verschiedene Faktoren zusammenkommen)

    "Deshalb betrachten es viele chinesische Eltern als Scheitern, wenn ihr Sohn keine Frau findet, mit der er eine Familie gründet, weil dann die Familienlinie genetisch nicht mehr fortgeführt werden kann (Ahnenverehrung) und die Familie somit ausstirbt."
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#5 SakanaAnonym
  • 31.01.2022, 13:30h
  • Antwort auf #4 von Kopfschüttel
  • "Dass da verschiedene Faktoren eine Rolle spielen ist klar. Aber es ist einfach unlogisch und vor allem dumm, dass man den so einfachen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht erkennt oder nicht begreifen will. Welche Frau soll er denn auch finden, wenn das eigene genauso wie das Kind der anderen nur ein Sohn sein darf?
    (rhetorische Frage, mir ist klar, dass da auch wieder verschiedene Faktoren zusammenkommen)"

    Die ganze chinesische Familienpolitik seit den 1980ern mit ihrem Fokus auf Ein-Kind-Familien hat absolut keinen Sinn gemacht, weil die Planer vornehmlich auf die Einsparung natürlicher Ressourcen geschaut haben (Weniger Esser = höheres Wirtschaftswachstum durch niedrigeren Gesamtverbrauch) und dabei komplett ausblendeten, dass chinesische Familien traditionell sehr umfangreich waren (siehe Vokabular für einzelne Familienmitglieder) und homosexuelle Beziehungen da jetzt nicht so im Fokus standen oder n Problem darstellten (zB heterosexuell verheiratet mit Kindern, aber trotzdem männliche Konkubinen = Frage des sozialen Status/Reichtums). Diese Familienkonstellationen gibts so heute auch nicht mehr.

    Deine rhetorische Frage bringt das chinesische Gesellschaftsdilemma im Geschlechterverhältnis nur zu gut auf den Punkt. Irgendwann wird auch die KP realisieren müssen, dass sie an dem Modell "Ehe für Alle" samt Adoptionsrecht nicht mehr vorbei kommen wird. Sonst wird der "Raub der Sabinerinnen" zur Standardformel zur Gründung chinesischer Familien. Und das darf nicht sein.
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#6 IsaakAnonym
  • 01.02.2022, 08:05h
  • Antwort auf #5 von Sakana
  • Aus der Sicht der 1980er hat dir Ein-Kind-Politik durchaus Sinn gemacht, waren doch damals die Fertilitätsraten hoch, die Ressourcenlage unsicher und die Angst, dass das Land einer massiven Überbevölkerung anheimfallen würde real. Entsprechend positiv war auch die Eingangsrezeption hier in Europa, wo China als Positivbeispiel für eine aktive Bevölkerungspolitik dargestellt wurde (und ob das Chaos in Indien oder SSA der erfolgreichere Weg ist, sei wirklich dahingestellt).

    Dessen ungeachtet tut das im nämlichen Fall aber eher wenig zu Sache; wenn sich die CPC an Homosexualität stösst, dann nur (wie Sie korrekt anmerken) weil damit eine individualistisch-westliche Weltsicht assoziiert wird. Im Fall von Grindr kommt noch ein anrüchiger Hedonismus dazu. Das kann man in Parteisprache bourgeois nennen, es ist aber sicher etwas, das als Unruhefaktor wahrgenommen wird. Die Konsequenz ist also nur logisch.
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