
https://queer.de/?41063
Sex-Zensur im Kinderzimmer
Dr. Sommer und die verboten geile "Bravo"
Heute vor 50 Jahren – am 2. Februar 1972 – erschien das Heft 6 der Jugendzeitschrift "Bravo", das später zusammen mit Heft 7 indiziert wurde. Der Grund: Onanie und gleichgeschlechtlicher Sex.

Die Hefte 6 und 7 der "Bravo" von 1972 waren die ersten, die indiziert wurden (Bild: Erwin In het Panhuis)
2. Februar 2022, 05:39h 10 Min. Von
Über mehrere Jahrzehnte hatte die Jugendzeitschrift "Bravo" einen Kultstatus und eine verkaufte Auflage von mehr als einer Million Heften. 1956 erschien sie erstmals im Zeitschriftenhandel, sie kümmerte sich aber zunächst nur um die recht unverfänglichen Themen Film, Fernsehen und flotte Musik. Mitte der Sechzigerjahre fing sie mit Liebesberatung an, die sich später zur Sexualaufklärung entwickelte, woraufhin die Proteste und die Auflage zunahmen.
Mit dem Psychotherapeuten Dr. Martin Goldstein, alias "Dr. Sommer", wurde ab Herbst 1969 die Sexualberatung professionalisiert. An seinen Sexgeschichten über Jugendliche in Heft 6 (2. Februar) und Heft 7 (9. Februar) wurde in Bayern jedoch Anstoß genommen und in der Folge wurden beide Hefte indiziert. Es waren die ersten "Bravo"-Hefte, die indiziert wurden. In meinem Buch "Aufklärung und Aufregung. 50 Jahre Schwule und Lesben in der BRAVO" (Amazon-Affiliate-Link ) (Archiv der Jugendkulturen, 2010, S. 50-54, 184) habe ich bereits einige Hintergründe zu diesen beiden indizierten Heften beschrieben – u.a. wie Martin Goldstein hier seine eigenen sexuellen Erlebnisse schilderte.
Zum Inhalt der beiden Hefte

Das Heft 6 mit lesbischen Erlebnissen von Mädchen. Bei dem nicht genannten Fotografen könnte es sich um David Hamilton handeln, der auch mit Filmen wie "Bilitis" (1977) berühmt wurde
In der "Bravo" wurden regelmäßig Reportagen von "Dr. Korff" abgedruckt, was neben "Dr. Sommer" ein weiteres Pseudonym von Martin Goldstein war. Als "Dr. Korff" erzählte er üblicherweise Geschichten aus dem Alltag von Jungen und Mädchen und leitete dann in eine Sexualberatung über. In den beiden Reportagen, die zur Indizierung führten, schildert Martin Goldstein, was er angeblich im Gespräch als Leiter eines Ferienlagers von Jugendlichen erfuhr.
In dem Artikel "Wenn Mädchen Mann und Frau spielen" (Heft 6, S. 34-37) sind es die sexuellen Erlebnisse der 14-jährigen Ida und der 15-jährigen Margret. In eine ähnliche Richtung gehen die Erlebnisse gemeinsamer Onanie des 14-jährigen Udo mit dem 16-jährigen Walter ("Wenn zärtliche Hände den Liebespartner ersetzen", Heft 7, S. 44-48). Die sexuellen Handlungen werden detailliert beschrieben, Nacktfotos von Jugendlichen abgedruckt und in seriöse Sexualaufklärung eingebunden.
Martin Goldsteins eigene Erfahrungen

Dr. Martin Goldstein in den Siebzigerjahren (Bild: privat)
In einem Interview berichtete mir Martin Goldstein 2010 davon, dass die Erlebnisse aus Heft 7 seine eigenen Erlebnisse waren. Er war dieser Udo, der seinem Schulkameraden beim Onanieren zusah und nicht verstand, was ein Orgasmus ist: "Die im Heft 7 geschilderten Erlebnisse des 14-jährigen Udo stammen von mir. […] Ich kann mich noch erinnern, wie einer aus unserer Klasse vor der ganzen Gruppe onanierte. Als er seinen Orgasmus hatte und es so schäumte, habe ich gedacht, das wäre eine Krankheit. Und ein älterer Schüler meinte nur: 'Das machen Erwachsene, wenn die Kinder kriegen wollen.' Das war es. Ich war still am Staunen und habe nichts verstanden. Und das spätere Erlebnis mit dem gemeinsamen Onanieren war halt so eine Wette, wer als Erster zum Orgasmus kommt. Diese Erlebnisse hatten für mich aber keinen besonderen Rang und waren eher beiläufig."
Was ist überhaupt eine Indizierung?
Die frühere "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" (BPS, heute "Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz" mit ähnlicher Aufgabenstellung) hatte die Aufgabe, Medien zu prüfen. Wenn sie diese Medien als jugendgefährdend ansah, wurden diese in die Liste jugendgefährdender Schriften aufgenommen und waren damit indiziert. Indizierte Medien dürfen nicht beworben, nicht öffentlich ausgelegt und nicht an Kinder und Jugendliche abgegeben werden.
Diese Einschränkungen greifen für Zeitschriften jedoch kaum, weil die Indizierungen zu einem Zeitpunkt ausgesprochen werden, wenn die betreffenden Hefte gar nicht mehr im Handel sind. Bei Zeitschriften können drei Indizierungen innerhalb von zwölf Monaten jedoch zu einer sogenannten Vorausindizierung führen. Es ist bis heute juristisch umstritten, ob indizierte Zeitschriften rezensiert werden dürfen. Die beiden "Bravo"-Hefte sind jedoch nicht mehr indiziert und dieser queer.de-Artikel juristisch unbedenklich. Indizierungen sind 25 Jahre lang gültig, sofern kein neues Verfahren durchgeführt wurde, was bei den beiden "Bravo"-Heften unterblieb.

Martin Goldstein (im weißen Hemd) und das erste Dr.-Sommer-Team (Bild: privat)
Das Indizierungsverfahren
Das "Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung" hatte bei der BPS den Antrag gestellt, diese beiden Hefte aufgrund der oben beschriebenen Aufklärung zu indizieren, und führte dabei aus: "Anstoß bei Eltern und Erziehern wird insbesondere die Schilderung der gegenseitigen Onanie […] erregen. Sie hat ausgesprochenen Aufforderungscharakter."
Es kam zu einem Indizierungsverfahren, in dem Martin Goldstein zu seinen Beiträgen Stellung bezog: "Derartige Verhaltensweisen, die in einer verlängerten homoerotischen Phase begründet sind, kommen […] nicht selten vor." Mit den Mädchen, deren Erlebnisse hier geschildert werden, habe er vorher Gespräche geführt. "In solch einem Gespräch geht es nicht zuerst um Anpassung an bestehende Auffassungen, sondern um die Suche nach dem ursächlichen Konflikt. Dieser war zum großen Teil bei beiden genannten Mädchen in einer Kontaktstörung zu finden, durch welche sie gehindert waren, freundschaftliche Beziehungen zu Jugendlichen männlichen Geschlechts aufzubauen und zu erhalten. Daß sich dann die sexuellen Antriebe in anderer Weise Bahn brechen, kann ich […] nicht zum Vorwurf machen. Ich versuche vielmehr, […] sie zunächst von dem seelischen und moralischen Druck zu entlasten […]. Es wäre psychologischer Unfug, die gleichgeschlechtlichen Kräfte, die sich in jedem Menschen befinden, zu verbieten oder zu vergällen."
Goldsteins Formulierungen zeigen auf, dass er Anfang der Siebzigerjahre noch von einer vorübergehenden und teilweise auf Störungen beruhenden Phase in der Entwicklung der Jugendlichen ausging. Er betonte, dass seine Schilderungen keinen Aufforderungscharakter, sondern eine befreiende Wirkung haben sollten.

Auszug aus dem Indizierungsbescheid (aus: "50 Jahre BRAVO", 2005, S. 97)
Die BPS ignorierte jedoch seine Hinweise und mehrere ihn entlastende Gutachten und indizierte am 6. Oktober 1972 beide Hefte. In der Darstellung der sexuellen Handlungen sah sie eine "Desintegration der Sexualität in die gesamtmenschliche Persönlichkeit", sie sei somit "sozial-ethisch begriffsverwirrend". In dem Buch "50 Jahre BRAVO" (Archiv der Jugendkulturen, 2005, S. 92-98) ist der Indizierungsbescheid im Wesentlichen ungekürzt abgedruckt.
Die Bewertung der Indizierung
Ein unmittelbarer "Aufforderungscharakter" lässt sich in den Texten nicht für homosexuelle Kontakte, sondern allenfalls für Onanie und heterosexuelle Kontakte belegen. Heute wirkt es eher kurios, wenn die BPS den Artikeln unterstellte, sie könnten bewirken, dass heterosexuelle jugendliche Leser*innen von einer "Sexpflicht" ausgehen und glauben könnten, sie seien "abnormal", wenn sie nicht "entsprechend den Empfehlungen der Artikel [homosexuell] handelte[n]".
In der Begründung der BPS und der Antragsteller sind Vorbehalte gegen Homosexualität und Onanie deutlich erkennbar. Die BPS bezog sich im Weiteren auf die durch homophobe Veröffentlichungen bekannte Psychologin und Schriftstellerin Christa Meves, die davon ausging, dass es "durch das perverse Primärerlebnis zu einer Fixierung" und "Manifestationen" kommen könne. Heute gilt die früher weit verbreitete Annahme einer "Verführung" zur Homosexualität als widerlegt.
Die BPS war geschickt genug, keine eigene Position zur "Verführung" zu beziehen, sondern sie betonte nur, dass es unterschiedliche Auffassungen gebe. Ihrer Meinung nach hätte es die Redaktion verhindern müssen, die Praktiken "in allen Einzelheiten mit Aufforderungs- und Rechtfertigungscharakter vorzuführen". Es wirkte sich als nachteilig aus, dass die beiden Beiträge weniger als sonst üblich in sexuelle Aufklärung eingebettet waren.
Die damaligen Reaktionen der "Bravo"
An den Reaktionen der "Bravo"-Redaktion ist spürbar, dass diese ersten Indizierungen ernst genommen wurden. Wäre in den nächsten zwölf Monaten nur noch ein weiteres Heft indiziert worden, hätte es eine Vorausindizierung geben können, die vermutlich das wirtschaftliche Aus der "Bravo" bedeutet hätte. Die Zeitschrift hatte zu dieser Zeit bereits eine Auflage von 800.000 verkauften Exemplaren erreicht. Der Verlag machte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in der "Bravo" selbst öffentlich (1972, Heft 50) und verwies zudem auf eine öffentliche Diskussionsveranstaltung in Düsseldorf unter dem Titel "Kinder und Sex. Begegnung mit der Jugendzeitschrift BRAVO" (1972, Heft 23) hin, die offensichtlich wegen der Indizierungen veranstaltet wurde.

"Kinder und Sex" – eine öffentliche Veranstaltung in Düsseldorf am 4. Mai 1972
Mehrere Aktionen von "Bravo" in der folgenden Zeit sind als Legitimationsversuche ihrer Aufklärungsarbeit und damit als Schutz vor weiteren Indizierungen anzusehen. Dazu zählen ein Interview mit der damaligen Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit Käte Strobel (SPD), die in der "Bravo" sexuelle Aufklärung als notwendig darstellte (1972, Heft 30), der vermehrte Abdruck von Eltern- und Lehrer*innenbriefen, die die Aufklärungsarbeit der "Bravo" befürworteten, und ein gemeinsamer Beitrag der "Bravo" mit der "Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung" (1973, Heft 48).
Eine Entschärfung des Aufklärungsteils der "Bravo" ist in der Zeit nach der Indizierung allerdings nicht feststellbar, was auch den Äußerungen von Martin Goldstein entspricht: "BRAVO-Chefredakteur Braun hat mich nach dieser Affäre nur bestärkt, ich sollte ohne jedes Zögern weitermachen wie bisher. Verständlich, denn BRAVO verließ sich auf seine hohe Auflage, und die Indizierung hat diese noch erhöht." Sicherlich setzten Redaktion und Verlag dabei auf den sich liberalisierenden Zeitgeist – wie sich zeigte, mit Erfolg.
Indizierungen weiterer Hefte
In den folgenden Jahren erfolgten weitere Indizierungsanträge. Auch wenn sie nicht im Zusammenhang mit Homosexualität standen, belegen sie, dass "Bravo" eher bereit war, offensiv als vorsichtig zu agieren. Das geschäftliche Risiko, das mit möglichen Indizierungen verbunden war, wog aus Sicht der Macher*innen wohl weniger schwer. Indizierungen waren möglicherweise auch unfreiwillig werbewirksam. Bis 1998 wurde die Indizierung von 34 "Bravo"-Heften beantragt, wobei sechs Hefte tatsächlich indiziert wurden.
Übrigens: Laut BPS verpflichtete sich der Verlag im April 1978 gegenüber der BPS, die Zeitschrift in Zukunft entsprechend den Jugendschutzbestimmungen und der Spruchpraxis der BPS umzugestalten. Ob diese Verpflichtung Auswirkungen hatte, kann sehr stark bezweifelt werden. Wegen ihrer freien Verfügbarkeit, der Auflage und der direkten Ansprache an Jugendliche ist "Bravo" weiterhin im Blickpunkt des Jugendschutzes.
Hinter gutem Journalismus stecken viel Zeit und harte Arbeit – doch allein aus den Werbeeinnahmen lässt sich ein Onlineportal wie queer.de nicht finanzieren. Mit einer Spende, u.a. per oder Überweisung, kannst Du unsere wichtige Arbeit für die LGBTI-Community sichern und stärken. Abonnent*innen bieten wir ein werbefreies Angebot.
Der heutige Umgang mit den Indizierungen von 1972

Die "Bravo" erzählt bis heute die "Dr.-Sommer-Story" von 1972
In der Sekundärliteratur zur "Bravo" wird bis heute regelmäßig, meistens nur anekdotenhaft, auf die Indizierungen von 1972 eingegangen. Auf ihrer Homepage lässt "Bravo" diese Indizierungen aktuell so wirken, als habe sie die Auseinandersetzung langfristig wenigstens moralisch gewonnen: "Wie sehr sich Sexualaufklärung im Laufe von nur wenigen Jahrzehnten verändert hat, belegt dieses Beispiel: Als die Ausgabe 6/1972 wegen eines Reports zum Thema Selbstbefriedigung indiziert wurde, beriefen sich die Sittenhüter auf Forschungen, denen zufolge Onanie zu 'depressiver Stimmung, paranoiden Reaktionen' und 'Rückenmarkschwindsucht' führen kann. Sie beklagten vor allem den 'Aufforderungscharakter' der beschriebenen Passagen. Heute dagegen werden in der 'LoveSchool' verschiedene Liebesstellungen vorgestellt und in einem Special zur Selbstbefriedigung ausführlich erklärt, wie man beim Onanieren die sexuellen Reaktionen seines Körpers kennen lernen kann."
Dieser Internet-Text zeigt, dass die Indizierung heute die Möglichkeit bietet, dass Bravo für sich als progressiver Vorreiter werben kann. Von dem Ernst der Situation von 1972 ist hier nichts mehr zu spüren.
Eine Zeitschrift mit Vergangenheit
Was bleibt, ist eine Zeitschrift mit Vergangenheit. Von dem großen Glanz und Glamour ist jedoch nicht mehr viel übriggeblieben: 1979 hatte die "Bravo" eine verkaufte Auflage von mehr als 1,4 Millionen Heften, gegenwärtig sind es weniger als 64.000. Statt wöchentlich erscheint sie nur noch monatlich. Die Jugendlichen von heute wenden sich lieber anderen Medien zu.
Ich war am Zweifeln, ob ich in der Überschrift den Begriff "Zensur" verwenden sollte. Er ist emotionalisierend, polarisierend und verurteilend – aber in diesem Fall passend, denn die Indizierungen von 1972 können heute nur als Ausdruck prüder Sexualmoral und nicht als ein wirksamer Schutz für Kinder und Jugendliche angesehen werden. Natürlich gehören Kinder und Jugendliche geschützt, zum Beispiel vor der Reduktion eines Menschen auf seine sexuelle Bedeutung – aber eben nicht so.
Außerdem: Eine Zeitschrift zu indizieren, die gar nicht mehr im Handel ist, macht für mich keinen Sinn. Welchen Sinn macht es eigentlich in der heutigen Zeit überhaupt, ein Medium zu indizieren, wenn jede*r Jugendliche (mit Internetanschluss) an jeden noch so widerlichen und gewaltverherrlichenden Film herankommt? Solange der entsprechende Server im Ausland steht und deutsche Behörden in diesem Bereich nicht unmittelbar handlungsfähig sind, lässt sich damit übrigens auch die Legitimation der heutigen "Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz" generell in Frage stellen.
Vor 50 Jahren gab es noch kein Internet und viele Eltern waren unfähig, sich mit ihren Kindern über Sexualität auszutauschen. Auch aus diesen Gründen erreichte die "Bravo" ihre große Bedeutung. Als ich 2010 ein Buch über den Umgang der "Bravo" mit gleichgeschlechtlicher Sexualität schrieb, lernte ich durch die Recherche auch Martin Goldstein kennen und seine Arbeit als "Dr. Sommer" schätzen. Eine Kurzfassung meines Interviews mit ihm habe ich 2010 hier auf queer.de veröffentlicht – es war mein erster Artikel für queer.de.
Als Martin zwei Jahre später an Krebs starb, habe ich hier auf queer.de einen Nachruf auf ihn geschrieben. Die Geschichte der "Bravo" wäre ohne ihn ganz anders verlaufen.

Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
Informationen zu Amazon-Affiliate-Links:
Dieser Artikel enthält Links zu amazon. Mit diesen sogenannten Affiliate-Links kannst du queer.de unterstützen: Kommt über einen Klick auf den Link ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision. Der Kaufpreis erhöht sich dadurch nicht.
Was allerdings der Autor nicht erwähnt, das ist das gesellschaftliche Umfeld. Da kursierten die Alois-Brummer Filme wie "Schulmädchenreport 17. Teil", "Liebesgrüße aus der Lederhose"," das gelbe Haus am Pinnasberg". Diese lächerlichen Filmchen trieben dem bundesdeutschen Spießer die Schweißperlen auf die Stirn. An dieser "Sex-Welle" wurde kräftig verdient.
Für schwule Jugendliche jedoch war es die Hölle. Von wegen sexueller Befreiung, die galt nämlich nur der Enttabuisierung von heterosexueller Aktivität. Die Homosexualität wurde dagegen als "abartig" klassifiziert, weil das ja nur Typen waren, die noch keine richtige Frau gefunden hätten, die es ihnen mal so richtig besorgt. An der Schule war nur von Heterosex die Rede, "schwul" war ekelhaft und wer da mal etwas mit einem Kumpel ausprobierte wurde geächtet, wenn es herauskam.
Das ist für nachfolgende Generationen nicht mehr nachvollziehbar. Es ist aber eine historische Tatsache. Insofern war die "Bravo" absolut kontraproduktiv und wird heute nostalgisch verklärt. Die vermeintliche "homosexuelle" Phase galt nur als entschuldigenswerte Abweichung vom "normalen und richtigen" Sex. Toleranz sieht anders aus. Im Gegenteil, es war Unterdrückung im linksmodischen Gewand.
Heute jedoch frage ich mich, was denn wohl passieren würde, wenn ein nackter Junge oder ein nacktes Mädchen in der damaligen Form präsentiert würde? Das Geschrei der Berufskinderschützer nach Verbot und Staatsanwalt wäre ohrenbetäubend.
Wer hat eigentlich das Gerücht in die Welt gesetzt, wir würden heute in einer toleranteren Gesellschaft leben?