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"Copy-and-Paste-Premier"
Plagiatsaffäre um Luxemburgs Regierungschef Bettel
Seine mehr als zwei Jahrzehnte alte Diplomarbeit bereitet dem einzigen offen schwulen EU-Regierungschef Kopfzerbrechen. Statt das Papier zu überarbeiten, verzichtet Xavier Bettel nun auf seinen Hochschulabschluss.

Twitter / @gouv_lu) Xavier Bettel ist bereits seit über acht Jahren Regierungschef im zweitkleinsten Mitgliedsland der EU (Bild:
- 2. Februar 2022, 11:57h 2 Min.
Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel hat am Dienstag erklärt, er werde auf einen Diplomabschluss an der französischen Universität Lothringen verzichten. Hintergrund sind Plagiatsvorwürfe, zu der die Hochschule am selben Tag eine Untersuchung abgeschlossen hatte. Der liberale Politiker hatte in Nancy öffentliches Recht und Politikwissenschaften studiert und 1999 ein "Diplôme d'études approfondies" (DEA) erhalten, einen französischen Hochschulabschluss.
Die Plagiatsvorwürfe waren im Oktober letzten Jahres nach Recherchen des luxemburgischen Magazins "Reporter" an die Öffentlichkeit geraten. "Reporter" beschuldigte den Regierungschef, ein "Copy-and-Paste-Premier" zu sein, weil er seine im Alter von 26 Jahren abgeschlossene Diplomarbeit über mögliche Reformen des Wahlsystems für das Europaparlament zu einem beträchtlichen Teil abgeschrieben habe. Auf 54 von 56 Seiten seien fremde Texte ohne Quellenangabe verwendet worden.
Uni nimmt Bettel in Schutz
Die Uni Lothringen nahm den Premierminister in ihrem Untersuchungsbericht (PDF) gegen Plagiatsvorwürfe in Schutz – bei dem Text handle es sich um eine "Originalarbeit", die eine Synthese von Dokumenten sei. Diese Art der Arbeit sei zu dieser Zeit "üblich und akzeptiert" gewesen. Der Premier müsse aber die fehlenden Quellenangaben nachreichen. Die Uni hatte die Arbeit im Kontext der vor mehr als 20 Jahren praktizierten Zitierweise überprüft.
Bettel ließ allerdings nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts verlauten, dass er sich "nach reiflicher Überlegung" dazu durchgerungen habe, "die Universität zu bitten, meinen DEA zurückzuziehen". Damit sollten "Zweifel an den Verdiensten des DEA ausgeräumt und ein Vertrauensverlust in die akademische Arbeit vermieden werden", so der 48-Jährige. Ganz ohne Unidiplom steht Bettel allerdings nicht da: Er hat noch einen weiteren Abschluss der Uni Lothringen in Jura.
Bettel war bereits im selben Jahr, in dem er den Abschluss erworben hatte, für die liberale Partei DP ins luxemburgische Parlament eingezogen. Von 2011 bis 2013 war er Bürgermeister der Stadt Luxemburg, danach wurde er – als Nachfolger von Jean-Claude Juncker – Premierminister seines Heimatlandes (queer.de berichtete).
Bereits 2008 hatte sich Bettel in einer RTL-Sendung als schwul geoutet. Zwei Jahre später ging er eine eingetragene Partnerschaft mit Gauthier Destenay, einem belgischen Architekten, ein. Als Premier öffnete er 2014 die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Kurze Zeit später heiratete er seinen Lebenspartner (queer.de berichtete). Bei den Wahlen 2018 konnte seine aus der liberalen DP, der sozialdemokratischen LSAP und der grünen Partei Déi Gréng bestehende Regierungskoalition ihre Mehrheit verteidigen (queer.de berichtete). (dk)

Diese Plagiatsaffäre wird ihm nicht schaden.