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Politisches Urteil?

Ungarisches Gericht: Queerer Verein darf als "Pädophilenorganisation" verunglimpft werden

Kurz vor den Parlamentswahlen gibt es juristische Rückendeckung für eine queerfeindliche Kampagne der Orbán-Regierung.


Ungarische Fahne am Parlament in Budapest (Bild: Bobo Boom / flickr)
  • 3. Februar 2022, 14:21h 10 3 Min.

Ein Budapester Berufungsgericht hat es am Dienstag für zulässig erklärt, eine queere Organisation mit dem Wort "Pädophilenorganisation" zu beschreiben. Anlass war ein Bericht der regierungstreuen Zeitung "Magyar Nemzet", die die Lesbenorganisation Labrisz Leszbikus Egyesület mit dem abwertenden Wort in die Nähe von Kindesmissbrauch rücken wollte. Damit revidiert das Berufungsgericht ein Urteil eines anderen Gerichts vom November 2021. Durch den Vergleich werde der Ruf des Vereins nicht beschädigt, so das Gericht.

Die Zeitung "Magyar Nemzet" gilt als Kampfblatt für den rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Vergangenen Sommer setzte es etwa im Streit um die Regenbogenaktionen im Rahmen der Fußball-EM das Symbol der queeren Community mit dem Nationalsozialismus und Kommunismus gleich. Wörtlich hatte das Blatt geschrieben: "Für die linke Münchner Stadtführung haben wir wiederum die Botschaft: die Politik hat auf dem Fußballplatz nichts zu suchen. Weder in brauner noch in roter noch in regenbogenfarbener Verpackung" (queer.de berichtete).

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Hungarian Helsinki Committee (HHC) hat das Gericht seine Begründung unter anderem darauf gestützt, dass auch Orbán im letzten Oktober in einem Radio-Interview einen Zusammenhang zwischen queeren Organisationen und Pädophilen hergestellt hätte. Der Regierungschef hatte sich im Januar erneut entsprechend geäußert (queer.de berichtete).

In der Onlinezeitung "EUObserver" deutete der HHC-Anwalt Tamás Fazekas an, dass es für das Urteil offenbar einen politischen Zusammenhang gebe. Es sei ohnehin ungewöhnlich, dass das Berufungsgericht so schnell ein vorinstanzliches Urteil ändere.

/ hhc_helsinki
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Anlass für das schnelle Urteil sind demnach offenbar die Parlamentswahl und das queerfeindliche Referendum am 3. April. Laut Beobachter*innen verspricht sich Orbán mit dem Referendum, mehr queerfeindlicher Wähler*innen an die Urnen zu locken und so gegen die vereinigte Opposition bestehen zu können. Trotz der fast vollständigen Kontrolle der Medien durch die Orbán-Regierung liefern sich seine Parteienkoalition Fidesz/KDNP und die Opposition derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Referendum soll das im letzten Jahr beschlossene Gesetz gegen Homo- und Trans-"Propaganda" von der Bevölkerung indirekt absegnen und es durch die Fragen als vermeintlich nötigen Kinderschutz darstellen.

Hungary, Republikon poll: Fidesz/KDNP-NI|EPP: 47% (+4) EM-S&D|RE|G/EFA|NI: 47% (-1) MH~NI: 3% (-1) MKKP-*: 3% +/- vs....

Posted by Europe Elects on Sunday, January 30, 2022
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Die queere Organisation Labrisz Leszbikus Egyesület (Lesbenvereinigung Labrys) erlangte als Herausgeberin des bebilderten Kinderbuches "Meseország mindenkié" (Märchenland für alle) Berühmtheit. Ziel des Buches ist es, Kindern Vorurteile vor dem "Fremden" zu nehmen – so kommt etwa ein schwuler Prinz vor. Das Buch war schnell zur Zielscheibe der Politik geworden, eine rechtsextreme Parlamentsabgeordnete schredderte die "Homo-Propaganda" etwa öffentlich mit einem Aktenvernichter. In jenem Oktober 2020 erschien auch der nun vor Gericht verhandelte Zeitungsbericht zum Buch und der Herausgeberin.

Die Behörden gingen später mit der Forderung nach einem anzubringenden Warnhinweis gegen das Werk vor, weil dort Verhaltensweisen gezeigt würden, "die mit traditionellen Geschlechterrollen nicht vereinbar sind" (queer.de berichtete). Der "Stern" kündigte an, im Frühjahr eine deutsche Übersetzung des Buches zu veröffentlichen (queer.de berichtete). (dk)

-w-

#1 Finn87Anonym
  • 03.02.2022, 15:33h
  • Ich frage mich nach diesem Urteil wirklich, ob in Ungarn die Gerichte noch neutral sind.
    Ich glaube es gibt keine größere Beleidigung als jemanden oder eine Organisation als pädophil zu bezeichnen, obwohl dies objektiv nicht stimmt.

    Ich hoffe, Herr Orban bekommt im Frühjahr seine Quittung.
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#2 DreddAnonym
#3 FinalmSposatoEhemaliges Profil
  • 03.02.2022, 15:53h
  • Das zu lesen macht mich unglaublich wütend!

    Wer hier wie dieses ungarische Gericht, absichtlich schwul und pädokriminell vermischt macht sich der Volksverhetzung schuldig. Das geschieht aus niederen politischen Motiven wider besseren Wissens. Oder sind die ungarischen Intellektuellen, Eliten und deren Repräsentanten mittlerweile derart verblödet?

    Habe mal gelesen, im russischem gäbe es für schwul und pädophil keine separaten Bezeichnungen. Daher wohl die tiefe gesellschaftliche Verachtung gegenüber Homosexuellen. Ist das im ungarischen auch so? Wenn ja muss man eben unterschiedliche Wörter kreieren oder auf wissenschaftliche zurückgreifen.
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