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#OutInChurch

Warum trans Mann Theo weiter Religion unterrichten will

Theo Schenkel hat sich mit vielen anderen in der katholischen Kirche geoutet. Ein mutiger Schritt, der Folgen haben könnte. Doch es gibt kein Zurück. Auch für die Kirche?


Theo Schenkel in der Doku "Wie Gott uns schuf" (Bild: Screenshot rbb)

Nun wissen sie es. Wenige Tage nach seinem Coming-out als trans Mann in der ARD-Dokumentation "Wie Gott uns schuf" hat Theo Schenkel seine Schüler*innen gefragt, wer die Sendung gesehen hat. Die Hälfte der Elftklässler*innen meldete sich. Es war wohl auch darüber gesprochen worden. "Aber es gab keine direkte Reaktion", erinnert sich der angehende katholische Religionslehrer, der vor kurzem noch als Frau wahrgenommen wurde. Wenn es passt, will der 27-Jährige mit seinen Schüler*innen über alles sprechen. "Aber erzwingen werde ich es ganz sicher nicht."

Theo Schenkel aus dem südbadischen Rheinfelden, Referendar für Religion und Französisch, ist einer von knapp 125 Bediensteten der katholischen Kirche, die sich Ende Januar im Rahmen der Aktion #OutInChurch als queer geoutet und eine Reform des Arbeitsrechts gefordert haben. Schwule Pfarrer, lesbische Religionslehrerinnen, transgeschlechtliche Ordensbrüder oder bisexuelle Gemeindereferent*innen wollen nicht länger ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität geheim halten (queer.de berichtete).

"Es war der Wunsch, Klarheit zu haben"

"Ich habe mich auch vorher nicht versteckt", sagt Theo Schenkel. Nur manches verschwiegen. Seine Freundin, die Familie, Kolleg*innen und die Schulleitung unterstützen ihn, sein kirchlicher Arbeitgeber wusste Bescheid. Die Schüler nicht. Bei ihnen musste Theo Schenkel immer überlegen: "Was sage ich?" Sollte er etwa erwähnen, dass er weiß, wie es sich anfühlt, als Frau im Dunkeln eine Straße entlang zu laufen, oder doch besser nicht? "Es war der Wunsch, Klarheit zu haben", begründet er sein Coming-out. Vielfalt sei keine Gefahr, sondern eine Chance. Das will er mit seiner Geschichte zeigen.

In der TV-Dokumentation "Wie Gott uns schuf" gibt Schenkel Einblick in seine Arbeit und sein Zuhause. Die Kamera zeigt ihn beim Kickboxen, wie er mit seiner Freundin strickt und auch beim Foto-Shooting mit bloßem Oberkörper. "Es sollte ein Statement sein, dass ich mich genauso oben ohne zeigen kann wie andere auch."

Keine negative Reaktion von Eltern

Schenkel wurde bei der Geburt klar als Mädchen zugeordnet. "Es sah so aus, als wäre ich weiblich." Richtig angefühlt hat sich das für ihn nie. "Lange dachte ich: Ich muss mich damit abfinden." Der Entschluss, das Äußere und die soziale Identität der gefühlten anzupassen, fiel erst im Corona-Lockdown. Er war viel zu Hause – und wagte die soziale und medizinische Transition.

Viele Monate und einige Testosteron-Spritzen später sind noch Brüste zu sehen, doch die Monatsblutungen sind Vergangenheit, seine Stimme ist tiefer, und der Bart sprießt. "Ich fühle mich als richtiger Mann." Hormone muss Schenkel nun wohl das Leben lang nehmen.

Nach seinem Coming-out als trans ist er erleichtert, aber auch erschöpft: "Es gibt so viele Rückmeldungen und Anfragen, die auf mich einprasseln." Was ihn freut, ist der durchweg positive Zuspruch auch von Menschen, mit denen er schon lange keinen Kontakt mehr hatte. Im Kollegium hätten alle den Mut bewundert. Es gab laut Schulleitung auch keine negative Reaktion von Eltern.

"Es rumort seit Jahrzehnten in der katholischen Kirche"


Prof. Dr. Magnus Striet

Bundesweit haben viele die "#OutInChurch-Aktion begrüßt, darunter auch die Deutsche Bischofskonferenz mit deutlichen Worten: Niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminiert, abgewertet oder kriminalisiert werden (queer.de berichtete).

"Es rumort seit Jahrzehnten in der katholischen Kirche. Viele sind längst gegangen, und bei anderen ist das Fass jetzt übergelaufen. Für sie gibt es kein Zurück mehr", sagt der Fundamentaltheologe Magnus Striet. "Der Konflikt ist nun offen, und das ist auch gut so. Nicht welche sexuelle Präferenz zwischen Erwachsenen herrscht, ist entscheidend. Sondern ob die andere Person geliebt und geachtet wird."

Entweder es gebe eine offizielle Änderung der kirchlichen Lehre oder die Menschen, die nicht der katholischen Geschlechtermoral folgen, würden gehen. Und mit ihnen Unzählige, die sich solidarisieren, meint der Freiburger Uni-Professor. "Entweder die Kirche hat Raum für Pluralität oder aber sie fliegt auseinander. Wenn dies nicht bereits der Fall ist." Das Coming-out habe die Kirche bereits verändert. "Es gibt kein Zurück." Striet ist fasziniert von Menschen, die freimütig Risiken in Kauf genommen und ihren Weg gegangen sind. "Soll ich hier von Gottvertrauen reden? Ich weiß nicht, vielleicht auch. Vor allem aber bin ich fasziniert von ihrem Freiheitswillen." Während andere sich hinter Märtyrer vergangener Zeiten versteckten, lebten diese Menschen unerschrocken ihre Sehnsucht nach einem gelingenden Leben.

Bekommt Schenkel eine Lehrerlaubnis?

Ob Theo Schenkel eine Lehrerlaubnis bekommt, ist offen. Für die Kirche ist er nach wie vor die Frau, die sich als Lehrerin beworben hat. Noch komplizierter wird es, wenn er seine Freundin heiratet: Das wäre für die Kirche eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft. Bislang kann es den Job kosten, sich in der katholischen Kirche zu einer solchen Partnerschaft zu bekennen. Die Heirat hat Schenkel verschoben.

In einem Interview der "Badischen Zeitung" (Bezahlartikel) hat der Freiburger Erzbischof Stephan Burger eine Überarbeitung des Arbeitsrechts angekündigt. "Jeder Mensch, gleich welcher sexuellen Orientierung, muss Platz in unserer Kirche haben können, zu ihr gehören dürfen."

Auf der Homepage des Erzbistums Freiburg äußert sich Generalvikar Christoph Neubrand unter der Überschrift "Stürmische Zeiten" zu Missbrauchsfällen und einem weiteren Thema, das viele Menschen bewege und berühre: #OutInChurch sei ein wichtiger Beitrag zu aktuellen Debatten. "Die Mitarbeitenden, die an der Initiative teilgenommen haben, müssen deshalb keine Konsequenzen fürchten. Homosexuelle Menschen sind in der Kirche willkommen, als Mitarbeitende und als Engagierte." Auch in der Diözese Rottenburg-Stuttgart sollen keine Folgen drohen. Generalvikar Clemens Stroppel zeigt sich "tief berührt von dem Mut der Interviewten" und zollt ihnen Respekt.

Im Sommer endet das Referendariat von Theo Schenkel. Er fühlt sich der katholischen Kirche zugehörig, würde gerne weiter Religion unterrichten, will sich aber nicht verbiegen. Notfalls würde er etwas außerhalb der Schule machen. Ein Buch schreiben, zum Beispiel. Über trans Menschen. Er vertraut auf Gott: "Glaube ist auch das Vertrauen, dass es immer irgendeinen Weg geben wird."

#1 Meleg29Profil
#2 Antichrist48Anonym
  • 04.02.2022, 11:05h
  • Junge, wieso willst du ausgerechnet katholische Religion unterrichten? Sorry, aber verstehe ich nicht. Es gibt einen riesigen Lehrermangel. Geh als Französischlehrer an eine staatliche Schule. Da hast du mehr als genug Probleme, wenn du dich outest.
    Glauben kannst du trotzdem noch, wenn du das willst. Das musst du nicht an einen Verein binden, der dich vor nicht allzu langer Zeit auf dem Scheiterhaufen verbrannt hätte und das auch weiterhin tun würde, dürfte er es noch.
    Du hast als trans* Person auch so Unmengen an Schwierigkeiten. Bist du Masochist, dass du dir das auch noch antun willst?
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#3 DreddAnonym
#4 RRuntEhemaliges Profil
  • 04.02.2022, 11:25h
  • Antwort auf #2 von Antichrist48
  • Ich denke, es ist ihm ein Bedürfnis, auch als Religionslehrer zu arbeiten. Er macht das halt gern, wie er in seinem Video sagt. Es geht da ja nicht nur ums Brötchenverdienen, sondern um die Inhalte und er kann in dieser Funktion die Kirche eben auch repräsentieren, wie er sie versteht und wohl auch kennen gelernt hat und damit junge Leute, die in den Religionsunterricht gehen, inspirieren und mit ihnen übr Fragen sprechen, die er für wichtig im Leben hält. Sein selbstgewählter Name, der seine Identität ausdrückt, ist übrigens nicht zufälligerweise "Theo".

    Ihm hat ja auch vermutlich sein Glaube oder sagen wir neutral, seine Glaubenspraxis, Kraft gegeben, die vielen Komplikationen, die sich aus dem trans sein ergaben, zu bestehen. Wenn das für ihn so stimmig ist und er Zuversicht und Selbstsicherheit ausstrahlt, ist das doch zu respektieren.
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#5 LegatEhemaliges Profil
  • 04.02.2022, 11:40h
  • Antwort auf #1 von Meleg29
  • Ich möchte niemandem in irgendeinem "religiösen Bekenntnis" unterrichtet wissen. Religion sollte an Schulen und Universitäten rein wissenschaftlich betrachtet werden. "Religiöse Bekenntnisse" sind Privatsache!
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#6 AtreusEhemaliges Profil
  • 04.02.2022, 13:16h
  • Religiöse Indoktrination hat in Schulen eines angeblich säkularen Staates nichts zu suchen. Der Zwang, an diesem Unterricht teilzunehmen zu müssen und sich, wie in Bayern, erst ab 18 Jahren verweigern zu können, gehört vors Verfassungsgericht. Mir selbst wurde an der Realschule der Notenschnitt mit Fünfen versaut, weil ich mich weigerte, die Märchengeschichten nachzuplappern, Lobgesänge in Form von Aufsätzen zu verfassen und mich durchweg kritisch äußerte.
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#7 DreddAnonym
#8 AtreusEhemaliges Profil
  • 04.02.2022, 14:33h
  • Antwort auf #7 von Dredd
  • Der katholisch geprägte Freistaat, bzw. die Regierung, behindert aktiv die Ausbildung von Ethiklehren, durch Nichtbewilligung dringend notwendiger Mittel. Man hat also die Wahl zwischen religiöser Übergriffigkeit oder minderwertiger Pädagogik auf Dritte-Welt-Niveau: Eine Wahl, die es meiner Ansicht nach, wie vorhin gesagt, gar nicht geben dürfte.

    www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-bildung-ethik-unterricht-l
    ehrer-ausbildung-1.4699554


    "Professoren bayerischer Universitäten sprechen gar vom "Entwicklungsland" und "katastrophalen Zuständen"."

    "Wie viele Lehrer fachfremd unterrichten, vermag das Kultusministerium nicht zu sagen. Zwischen 77 und 95 Prozent hört man."
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#9 AlexAnonym
  • 04.02.2022, 15:40h
  • Antwort auf #8 von Atreus
  • Danke für deinen informativen Kommentar.

    Trotzdem eine kleine Anregung:

    "Dritte-Welt-Niveau", "Entwicklungland"

    Es schadet nie, das eigene Vokabular auf kolonialistische Denkmuster zu prüfen und ggf. zu ändern.

    Leider kommt, wie man an der Selbstverständlichkeit solcher Formulierungen merkt, auch die Aufklärung über unsere Kolonialgeschichte und ihre kulturellen Folgen in den Schulen zu kurz, weil das politisch bisher nicht erwünscht ist (und das gilt nicht nur für Bayern). Diese Debatte beginnt gerade erst, und wir können versuchen, uns dabei auf die richtige Seite zu stellen.
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#10 SakanaAnonym
  • 04.02.2022, 15:56h
  • Ich habe ihn schon in der Doku porträtiert gesehen und finde seine Perspektive auf den katholischen Religionsunterricht als trans*Mann sehr interessant und bereichernd, gerade weil seine Existenz und seine Berufswahl so konträr zu den katholischen Dogmata steht und die RKK somit gezwungen ist, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Entweder verwehrt sie ihm die missio, dann stünde die RKK im aktuellen medialen Diskurs besonders blöde und menschenfeindlich da, oder sie gibt sie ihm und muss dann damit rechnen, dass durch seine Lehre eine graduelle Modernisierung der Glaubensinhalte einherginge.

    Was mir aber nicht gefällt, ist, dass queere Gläubige hier ständig in eine minderwertige Position gedrängt werden argumentatorisch und dass sie jetzt von der anderen Seite ebenfalls "errettet" werden müssten aus dem "Gefängnis der Religion". Ich denke und bin davon überzeugt, dass die queeren Gläubigen diese Entscheidungen für sich selbst treffen/getroffen haben und selbst autonom darüber entscheiden dürfen, wie sie mit ihrem Glauben in der Öffentlichkeit und privat umzugehen gedenken. Ich muss ihre Glaubensinhalte persönlich nicht teilen, aber ich sehe auch nicht ein, sie deshalb atheistisch oder anti-theistisch "missionieren" zu müssen oder ihre eigene Reflektionsfähigkeit absprechen zu müssen.
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