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Interview

"Ich bleibe dabei: 'Stonewall' war sehr, sehr gut recherchiert"

Zum Kinostart von "Moonfall" sprachen wir mit Blockbuster-Regisseur Roland Emmerich über Dreharbeiten in der Pandemie, seine Skepsis gegenüber Streamingdiensten und seinen gefloppten queeren Film.


Szene aus "Stonewall": Aus dem Aufstand in der Christopher Street machte Roland Emmerich 2015 einen Spielfilm (Bild: Warner Bros. Pictures Germany)

30 Jahre ist es 2022 her, dass Roland Emmerich mit "Universal Soldier" endgültig auch der in den USA der Durchbruch als Blockbuster-Regisseur gelang. In der eindrucksvollen Hollywoodkarriere des gebürtigen Stuttgarters, zu deren Höhepunkten Welterfolge wie "Independence Day", "Godzilla", "The Day After Tomorrow" und "2012" gehören, schlägt er nun mit "Moonfall" das nächste Kapitel auf.

Der Katastrophen-Science-Fiction-Film ist Kino, wie der 66-Jährige es liebt: groß und laut, bombastisch und nicht gerade bierernst, mit einer Bedrohung aus dem Weltall und Endzeitstimmung auf der Erde. Wir konnten dazu ein kurzes Video-Telefonat mit ihm führen.


Roland Emmerich (Bild: Michael Mayer / wikipedia)

Herr Emmerich, Sie waren schon mitten drin in der Vorbereitung für "Moonfall", als 2020 die Corona-Pandemie erst einmal für Stillstand sorgte. Wie weit war das Projekt schon vorangeschritten?

Wir hatten schon drei Monate lang die Dreharbeiten vorbereitet, aber die Kameras liefen noch nicht. Irgendwann war klar, dass wir nicht weitermachen können. Es dauerte dann gut vier Monate, bis wir wussten, dass es doch wieder weitergehen kann.

Sie hatten also wirklich Bedenken, das Projekt könnte gestorben sein?

Absolut. Dass wir überhaupt weitermachen konnten, lag nur an einer Versicherung der Allianz, die damals griff und dabei half, den Film erst einmal zu retten. Trotzdem mussten wir am Ende rund 5,6 Millionen Dollar ausgeben, die nicht eingeplant waren, nur um die gesamten Covid-Maßnahmen durchführen zu können, die für den Dreh nun nötig waren. Das konnten wir nur auffangen, in dem wir unseren Dreh-Zeitraum um acht Tage auf 61 Tage gekürzt haben. Das ist für eine riesige Produktion wie "Moonfall" ein enormer Einschnitt. Das hat mir schwer zu schaffen gemacht.

Hätten Sie wie früher ein großes Hollywoodstudio im Rücken gehabt, wäre die Sache sicherlich weniger stressig gewesen, oder?

Ja, und zum erstem Mal überhaupt fragte ich mich damals: Warum mache ich das hier eigentlich noch alles? Auf der anderen Seite gibt mir die Entscheidung, meine Filme inzwischen als Independent-Produktionen selbst auf die Beine zu stellen, so viel mehr Freiheit, die ich nicht missen möchte. Und das Schwierige an den Dreharbeiten zu Corona-Bedingungen waren nicht nur die verringerten Tage oder die höheren Kosten. Sondern auch, dass ich mich zum Beispiel an den Wochenenden nicht mit meinen Schauspielern treffen durfte. Normalerweise mache ich da Dinner-Parties, wo wir über den Film sprechen. Doch dieses Mal habe ich die Schauspieler nur am Set getroffen, wo ich Maske tragen und Abstand halten musste.

Direktlink | Trailer zum Film "Moonfall", der am 10. Februar 2022 im Kino startet
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"Moonfall" entspricht genau der Art spektakulären Event-Kinos, mit denen Sie in den 1990er und 2000er Jahren einen Erfolg nach dem nächsten feierten. Heute locken meist nur noch Comicverfilmungen und Remakes das ganz große Publikum an. Fühlt sich Ihr neuer Film heutzutage an wie ein Wagnis?

Das würde ich schon sagen, denn die Leute sind geeicht auf Marvel und "Star Wars", das ist alles. Da ist es fast wahnsinnig, etwas ganz Neues zu produzieren, das nicht auf einer bekannten Marke basiert und entsprechend nicht schon automatisch eine große Fangemeinde mitbringt.

Wo führt das denn aber noch hin? Im Kino nur noch Marvel, und alles andere läuft auf Streamingdiensten?

Gute Frage. Ich mache mir auf jeden Fall Sorgen, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass all die Kinoketten nur mit Comicverfilmungen überleben können. Das wird noch sehr heftig für die ganze Branche.

Sie selbst haben auf die Kollaboration mit Streamingdiensten nach wie vor keine Lust?

Wenn es um Serien geht, natürlich schon, das kann ich mir gut vorstellen. Aber die Filme, die ich drehe, gehören auf die Leinwand. Ich weiß nicht, ob ich Lust darauf hätte, so etwas auch für einen Streamingdienst zu machen. Deswegen mache ich fürs Erste mal so weiter wie zuletzt und hoffe darauf, dass die Pandemie irgendwann in diesem Jahr vorbei ist und die Leute wieder ins Kino gehen. Wenn das so weit ist, müssen wir uns ganz genau ansehen, wie die Lage wirklich ist – und erst dann Entscheidungen treffen.

Es ist ja auch nicht so, dass ich nur solche aufwändigen Filme mit vielen Spezialeffekten und großen Bildern drehe. Einiges – wie etwa mein Projekt "Shooting Star" über einen Drehbuchautor im Hollywood der Stummfilmzeit – könnte womöglich doch auch bei einem Streamingdienst ganz gut funktionieren. Zumal sich solche kleineren Filme ohnehin fürs Kino meist noch viel schwieriger finanzieren lassen als die großen. "Stonewall" zum Beispiel wollte niemand machen, also habe ich den komplett selbst gestemmt.

Apropos "Stonewall", der ja damals größtenteils bei der Kritik schlecht wegkam und im Kino floppte. Hoffen Sie manchmal, dass der Film noch eine späte Wiederentdeckung erfährt?

Für mich war die Geschichte eine Herzensangelegenheit, und ich finde immer noch, dass das eine Herzensangelegenheit war. Zuletzt habe ich mitbekommen, dass er auf etlichen Streamingplattformen in Amerika verfügbar ist und auch richtig beworben wird. Das freut mich natürlich. Und ich bleibe dabei, dass der Film damals sehr, sehr gut recherchiert war.

Im Nachhinein wünschte ich, es hätte eine öffentliche Podiumsdiskussion gegeben zwischen mir und der jungen schwarzen trans Frau, die damals nach der Ansicht des Trailers auf Twitter zu einem Boykott des Films aufrief und mir Whitewashing vorwarf. Aber davon wurde mir in meinem Umfeld abgeraten, und ich sollte stattdessen auf die Sache gar nicht reagieren. Das war vielleicht ein Fehler.

Galerie:
Stonewall
9 Bilder
#1 SebiAnonym
  • 08.02.2022, 10:36h
  • Ich kann mich Herrn Emmerich nur anschließen:
    ich habe schon damals nicht verstanden, warum manche den Film so hassen und sogar zum Boykott aufgerufen hatten. Vorzugsweise Leute, die den Film gar nicht gesehen hatten, sondern nur anhand von Trailern ihr Urteil bildeten.

    Der Hauptkritikpunkt war, dass die Rolle der Dragqueens und Transsexuellen zu kurz gekommen sei. Aber was diese Leute nicht verstanden haben war, dass der Film eben keine Doku ist, sondern ein Spielfilm, der Stonewall anhand der Erlebnisse eines jungen, weißen, schwulen Mannes erzählt und wie ihm dies erwachsen gemacht hat. Das ist keine Geschichtsklitterung, sondern einfach nur eine Perspektive auf eine Facette der Geschichte.

    Und es ist ja auch keineswegs so, dass Schwarze, Trans, und Dragqueens in dem Film unsichtbar gemacht wurden. Aber die Hauptfigur ist halt Danny und die Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt. Das heißt nicht, dass das die einzige Perspektive ist, aber es ist halt eine mögliche Perspektive, denn es waren eben auch weiße schwule Männer an Stonewall beteiligt.

    Diese Boykotte haben wieder mal gezeigt, dass wir selbst oft unsere größten Feinde sind. Denn hätten wir diesen Film nicht so runtergeputzt inkl. Boykottaufrufe an aufführende Kinoketten, dann hätten vielleicht auch mehr Heteros diesen Film gesehen und das hätte vieles beschleunigt.

    Der Film ist und bleibt toll. Ja, nicht der beste LGBTI-Film aller Zeiten - bei weitem nicht. Aber auch viel besser als viele andere LGBTI-Filme.
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#2 LothiAnonym
#3 HexeAnonym
  • 08.02.2022, 11:28h
  • Tja Jungs, ist aber nunmal so das poc und Transmenschen vielleicht nicht so Bock auf nen Film haben der die Realität verzehrt und whitewashing betreibt. Was ja eh ein Hollywoodtrend ist.
    Wieso sollte man sich das auch dann angucken? Muss man sich nicht wundern das der Film floppt.
    Schön wenn er euch gefällt.
    Aber auch schön wenn Leute Position beziehen und nicht nur konsumieren was ihnen vorgesetzt wird. Soviel Freiheit darf man Menschen glaube ich noch zutrauen.
    Ich würde übrigens auch nie die Realverfilmung von Ghost in the Shell schauen.
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#4 DreddAnonym
  • 08.02.2022, 11:49h
  • Naja.....Emmerich steht eben für cgi zersrörungsorgien, großer dumpf-aber-spaßiger edeltrash! Als großer storyteller mit tieferen Charakter(entwicklung) ist er ja nie in Erscheinung getreten!

    Die Zielgruppe für einen "Stonewall" wird beim Namen "Emmerich" empört-elitär "Unterschichtenentertainment" schnauben und die "Emmerich"-Fans haben eine andere Erwartungshaltung an einen Emmerich-Film.
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#5 Hauptsache dagegenAnonym
  • 08.02.2022, 12:06h
  • Antwort auf #3 von Hexe
  • Es reichte ja auch nicht, einfach nur den Film links liegen zu lassen. Man musste ihn ja mit Boykottaufrufen aktiv bekämpfen und dabei laut "Rassismus" schreien.

    Schon praktisch, wenn Selbst-Viktimisierung für die Neurechten die Drecksarbeit erledigt.

    Als ob die Liste von Filmemachern, die sich überhaupt noch an solch ambitionierten Projekte wagen, unendlich lang wäre.
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#6 AtreusEhemaliges Profil
  • 08.02.2022, 12:10h
  • Zum Sachverhalt:

    "Criticism centered around its focus on a white protagonist (Jeremy Irvine); who is ascribed as having thrown the first brick at the protests, though the identity of this person has actually been highly contested by historians and LGBT activists, and many of the leading figures in the riots were drag queens and transwomen of colour."

    Wer bin ich, das Urteil derer anzuzweifeln, die zugegen waren und wenig bis gar nichts von ihren eigenen Erfahrungen im Film widergespiegelt sehen?!

    Da ich mir diesen Kontext eben erst "draufgeschafft" habe, muss ich gestehen, dass ich den Film visuell und erzählerisch sehr gut fand und auch froh war, dass es überhaupt eine Hollywoodgröße gewagt hat, diesen massenuntauglichen Stoff umzusetzten, um mir und der Öffentlichkeit von Unrecht, Leid und Mut amerikanischer Queerios zu erzählen. Seine Replik auf die damalige Kritik kann man (wohlwollend) nur als peinlich beschreiben.

    www.independent.co.uk/arts-entertainment/films/news/roland-e
    mmerich-hits-back-at-stonewall-whitewashing-criticisms-claim
    s-it-was-white-event-a7104476.html
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#7 HexeAnonym
#8 Hauptsache dagegenAnonym
  • 08.02.2022, 12:32h
  • Antwort auf #7 von Hexe
  • Unter "Cancel culture" verstehe ich eine Form von Diskriminierung, bei der eine Personen auf böswillige Weise auf eine unglückliche Formulierung reduziert wird, um dann als Strohmann für einen Shitstorm herhalten zu müssen.
    Das passiert, wenn der Kampf für die "gute Sache" wichtiger wird, als Angemessenheit und Wahrheit.

    Ich denke, dass passt hier nicht.
  • Antworten » | Direktlink »
#9 SebiAnonym
  • 08.02.2022, 12:36h
  • Antwort auf #3 von Hexe
  • Wo ist das denn "Whitewashing" oder "verzerrte Realität"? Wenn Du schon offensichtlich den Film nicht gesehen hast, dann guck Dir wenigstens mal die Artikelgalerie hier auf queer.de an.

    Die besteht aus neun Bildern (aus unterschiedlichsten Szenen des Films). Und auf diesen neun Szenenbildern ist KEIN EINZIGES dabei, wo nicht mindestens eine schwarze Person oder ein Latino/ eine Latina zu sehen sind. Auf vielen sogar mehrere.

    Wo ist das denn bitte whitewashing? Kann es sein, dass eher Du die "verzerrte Realität" hast?

    Die Schwarzen und Latinos, die Dragqueens und Transpersonen sind wichtiger Teil des Films. Viel mehr als in anderen LGBTI-Filmen. Wieso sind Milk und Pride so hochgelobt, während Stonewall trotz deutlich mehr People-of-color and Nicht-Cis-Personen runtergemacht wurde?

    Fakt ist: manche Leute hatten was dagegen, dass ein Action-Blockbuster-Regisseur einen Film über Stonewall dreht, weil sie Angst hatten, dieser Film könnte mehr Heteros erreichen und damit wirklich was verändern, was einige Berufs-Betroffene arbeitslos gemacht hätte. Und leider haben viele LGBTI ohne den Film gesehen zu haben, sich instrumentalisieren lassen und das einfach nachgeplappert.

    Im übrigen:
    Ja, wenn jemand (egal aus welchen Gründen, von mir aus auch aus irrationalen oder falschen Gründen) den Film nicht sehen will, geht er einfach nicht rein. So einfach ist das. Aber das ist was ganz anderes, als dann Boykotte zu starten, Kinoketten zu bedrohen, mit Transparenten vor Kinos zu stehen, Besucher als Rassisten zu bezeichnen, etc.

    Und das alles für einen Film, der mehr Schwarze, Latinos, Dragqueens, Transmenschen zeigt als fast alle anderen LGBTI-Filme. Einfach nur, weil man von vornherein nicht akzeptieren wollte, dass Roland Emmerich auch einen guten, ernsten LGBTI-Film drehen kann.
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#10 PeerAnonym
  • 08.02.2022, 12:52h
  • Wie schon gesagt wurde, zeigt der Film in nahezu jeder Szene auch Schwarze, Latinos/-as, Transgender, etc. Er erzählt nur die Story aus der Geschichte dieses Jungen vom Land, der nach New York kommt und dort statt der erhofften Freiheit als Schwuler unterdrückt wird und dann (gemeinsam mit den Schwarzen, Transgendern, etc.) aktiv wird.

    Wäre dieser Film ein Erfolg geworden, hätte er nicht nur einiges verändern können, weil Herr Emmerich ganz andere Leute erreichen kann als irgendein Arthouse-Film in einem kleinen Programmkino, sondern es hätte auch noch andere Filme über Stonewall gegeben, die andere Perspektiven gezeigt hätten. Denn natürlich ist Stonewall viel komplex, um alle Aspekte in einem einzigen Film zu zeigen.

    Aber die Leute, die aus Prinzip überall gegen sein müssen und sich nur wohl fühlen, wenn sie ständig was zu mosern haben, haben damit nicht nur erreicht, dass dieser Film ein Flop wurde und nichts geändert hat. Sondern sie haben auch erreicht, dass sich in Zukunft garantiert kein Regisseur mehr an das Thema Stonewall herantrauen wird, weil natürlich bei einem so komplexen Thema auch immer einzelne Aspekte betont werden müssen, während andere weniger prominent sind.

    Bravo, habt ihr ganz toll hinbekommen, dass jetzt das Thema Stonewall gar nicht mehr bearbeitet werden wird. Wo sind denn all die Leute, die es angeblich besser konnten?
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