Neue Hoffnung für Lesben und Schwule in Thailand: Am Mittwoch stimmte das thailändische Repräsentantenhaus in Bangkok überraschend einem Gesetzentwurf zu, der die Ehe für alle Paare unabhängig vom Geschlecht öffnen will. Für die Initiative der oppositionellen Move Forward Party stimmten 219 Abgeordnete, 118 votierten dagegen, zwölf enthielten sich. Ein anwesendes Mitglied des Parlaments nahm an der Abstimmung nicht teil.
Die Mehrheit für die Ehe für alle sicherte ein Kompromiss: Vor der weiteren Beratung im Parlament wurde der thailändischen Regierung ein 60-tägiges Prüfungsrecht eingeräumt. Das Kabinett selbst hatte bereits im Sommer 2020 die Einführung von eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen, ein entsprechendes Gesetz jedoch bislang nicht ins Repräsentantenhaus eingebracht (queer.de berichtete). Die Move Forward Party und LGBTI-Verbände kritisierte das schon damals als nicht weitgehend genug und forderten stattdessen die Öffnung der Ehe.
Ehe als "Verbindung von zwei Personen"
Der Gesetzentwurf der Move Forward Party sieht eine Neufassung von §1448 des Bürgerlichen und Handelsgesetzbuches vor. So soll die Definition der Ehe als "Verbindung von Mann und Frau" in "Verbindung von zwei Personen" geändert werden. Eine entsprechende Online-Petition wurde bislang von knapp 300.000 Menschen in Thailand unterstützt. Neben dem Repräsentantenhaus muss am Ende auch der Senat der Ehe für alle zustimmen.
Die gewonnene Abstimmung sei "ein Ausgangspunkt für Gleichberechtigung und den neuen Standard der thailändischen Gesellschaft", begrüßte der Vorsitzende der Move Forward Party, Pita Limjaroenrat, den Beschluss des Parlaments. "Wir zeigen, dass diese Gesellschaft Vielfalt akzeptiert und unsere Jugend nicht abnormal ist."
Zum Valentinstag am 14. Februar kündigte der Bangkoker Bezirk Bang Khunthian an, erstmals "Hochzeitszertifikate" für gleichgeschlechtliche Paare auszustellen. Diese seien allerdings rechtlich nicht bindend. Erst vor wenigen Tagen hatte die beliebte Boys'-Love-Serie "Not Me" des thailändischen Digitalsenders GMM TV einen fiktiven Straßenprotest für "Marriage Equality" gezeigt. Die sehr politische BL-Serie der trans Regisseurin Anucha Boonyawatana setzte dabei auch reale LGBTI-Aktivist*innen ein.
Hohe Akzeptanz in der Gesellschaft, aber keine Rechte
Ende vergangenen Jahres hatte das thailändische Verfassungsgericht geurteilt, dass das derzeit noch bestehende Ehe-Verbot für Schwule und Lesben nicht gegen den in der Verfassung verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße (queer.de berichtete). Hoffnung machte LGBTI-Aktivist*innen allerdings, dass die neun (ausschließlich männlichen) Verfassungsrichter an die Regierung und das Parlament appellierten, über eine Reform nachzudenken. Demnach sollten diese Institutionen "Gesetze erstellen, die die Rechte von geschlechtlich diversen Menschen garantieren".
Thailand gilt als eines der liberalsten Länder in Asien, wenn es um queere Menschen geht. Die gesellschaftliche Akzeptanz ist vergleichsweise hoch, TV-Serien über Romanzen zwischen Männern sind sogar zu einem Exportschlager geworden (queer.de berichtete). Allerdings werden derzeit weder gleichgeschlechtliche Paare noch trans Menschen rechtlich anerkannt.
Bislang hat Taiwan als einziges Land des asiatischen Kontinents die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet: Seit Mai 2019 können gleichgeschlechtliche Paare auf der Insel heiraten (queer.de berichtete). Seit Mai dieses Jahres ist auch die gleichgeschlechtliche Ehe bei binationalen Paaren möglich (queer.de berichtete).