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Auf Netflix läuft jetzt ein nuancierter und schön anzusehender Film über eine lesbische Beziehung und eine Gruppe queerer Freund*innen – fragwürdig sind nur die Entscheidungen der Hauptfigur.
Seit Freitag läuft ein neuer Film auf Netflix, der die Herzen vieler Lesben sicherlich höher schlagen lassen wird. "Anne+" führt die Geschichte der gleichnamigen Serie aus den Niederlanden fort und begleitet die 24-jährige Anne aus Amsterdam bei ihrem Versuch, Arbeit, Beziehungen und ihr Leben zu balancieren. Valerie Bisscheroux übernahm erneut die Regie, und Hanna van Vliet schlüpfte wieder in die Rolle der Protagonistin Anne.
Der Film beginnt damit, dass Anne, eine Autorin, über ihre vermeintlich perfekte Beziehung reflektiert. Sie denkt an die glücklichen Meilensteine, die sie mit ihrer Freundin Sara (Jouman Fattal) schon erreicht hat, und an die Pläne, die sie für ihre Zukunft schmieden, nämlich einen Umzug nach Kanada. Sara geht arbeitsbedingt zuerst, Anne soll folgen, wenn sie endlich ihr Buch fertiggestellt hat. So ist zumindest der Plan. Eine nette Idee, mit diesem Lesben-Klischee zu spielen!
Anne stellt ihre Lebensentscheidungen in Frage
Die Trennung über den Atlantik hinweg stellt die Beziehung der beiden Frauen allerdings auf die Probe – insbesondere, weil sie kurz vor dem Umzug beschlossen haben, ihre Beziehung zu öffnen. Ab dem Moment, an dem Sara Amsterdam verlassen hat, beginnt Anne ihre Lebensentscheidungen in Frage zu stellen. Probleme und viel Drama folgen.
Annes Grundproblem, also dass sie unglücklich mit ihrem Leben und ihren Beziehungen ist, hätte leicht gelöst werden können, wenn sie schlicht mit den entsprechenden Personen gesprochen hätte. Stattdessen flüchtet sie sich permanent in Ausreden und gibt anderen Leuten die Schuld für ihre Misere, was sie zusehend unsympathischer erscheinen lässt.
Dragking Lou bringt Anne zum Nachdenken
Erst Dragking Lou (Thorn Roos de Vries), der erste nichtbinäre Charakter in einem niederländischen Film, bringt Anne zum Nachdenken. Die offene und unkomplizierte Art dieser Rolle ist sehr erfrischend, obwohl xier bisweilen auch etwas altklug wirkt. Der Anfang des Dates der beiden wirkt etwas gestelzt, da die Chemie fehlt und es außerdem kein richtiges Kennenlernen gibt. Aber die Darstellung, dass die beiden den ganzen Tag unterwegs sind und sich über alles unterhalten können, wirkt sehr lebensnah und realistisch.
Lou eröffnet Anne und ihren Freund*innen, einer bunten Mischung queerer Menschen, die Welt des Drag. Die Szene, in der alle gemeinsam in Drag performen, ist künstlerisch gefilmt und unterhaltsam anzusehen. Da man merkt, wie viel Spaß auch die Schauspieler*innen daran hatten.
Gelungene Repräsentation queeren Lebens
"Anne+" steht für eine gelungene Repräsentation queeren Lebens. Nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen von Anne zu ihren Freund*innen sind realistisch dargestellt, sondern auch ihre sexuellen Beziehungen – und zwar mit viel Stil und Klasse. Sie sollen das Publikum nicht nur bei Laune zu halten oder Frauen bzw. nichtbinäre Menschen gar sexualisieren, sondern tragen tatsächlich zur Geschichte bei. Regisseurin Bisscheroux ist ein nuancierter und schön anzusehender Film über eine lesbische Beziehung und eine Gruppe queerer Freund*innen gelungen – auch wenn man über Annes Entscheidungen oft den Kopf schütteln muss.
Eine Vorkenntnis der gleichnamigen Serie ist nicht nötig, da der Einstieg mit den Rückblicken auf Annes Beziehung die Zuschauer*innen abholt und langsam in die Story einführt. Auf Netflix ist der Film seit dem 11. Februar 2022 im Original sowie auch auf Deutsch, Englisch, Französisch und Türkisch verfügbar. Zwar geht der Charme der Charaktere durch zum Teil holprige Synchronisation etwas verloren, trotzdem gibt es mit der großen Auswahl an Sprachen keine Ausrede, den Film zu verpassen. "Anne+" ist für eine einfache Abendunterhaltung auf jeden Fall empfehlenswert.
Wer noch interessiert ist, kann die zugehörige Serie in Englisch auf Channel 4 on demand streamen oder das vom ZDF produzierte deutsche Pendant "Loving Her" (2021) in der ZDF-Mediathek anschauen.
Links zum Thema:
» "Anne+: Der Film" auf Netflix
Mehr queere Kultur:
» auf sissymag.de
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