Seit einem Jahr überbieten sich republikanisch dominierte US-Bundesstaaten gegenseitig darin, restriktive und stigmatisierende Gesetze gegen transgeschlechtliche Menschen zu erlassen. Insbesondere auf die Sport-Teilnahme von trans Mädchen und die Gesundheitsversorgung von trans Jugendlichen haben sie es dabei immer wieder abgesehen.
Im Mormonenstaat Utah ist man nun auf eine neue Idee gekommen. Dort soll zukünftig eine Kommission bewerten, ob der Körper eines transgeschlechtlichen Mädchens "mädchenhaft" genug ist, um in der entsprechenden Schulsportgruppe mitmachen zu können.
Der Gesetzentwurf wurde von einem Ausschuss mit einer 6-zu-3-Mehrheit in die Hauptversammlung des Repräsentantenhauses von Utah weitergereicht und zur Annahme empfohlen. Immerhin: Er ersetzt damit Pläne, den Mädchen gänzlich die Teilnahme am Schulsport zu verbieten.
Bewertung von Körper und Leistung
Die Republikanerin Kera Birkeland, die den Antrag eingebracht hatte, erklärt ihr Gesetz so: "Wenn die Geburtsurkunde 'männlich' sagt und sie sich ein Mädchenteam aussuchen, wird das eine Überprüfung durch eine Kommission auslösen. Diese wird sehr einfach aufgestellt." Die Kommission soll die Kinder dann "evaluieren" und entscheiden, ob sie berechtigt wären, an einer Gruppe teilzunehmen, die ihrer Geschlechtsidentität entspricht.
Doch so simpel stellt sich die Zusammensetzung der Kommission und ihr Auftrag überhaupt nicht dar. Ein*e Spezialist*in für psychische Gesundheit, also Psychotherapeut*innen oder Psychiater*innen, soll Teil der Kommission sein, sowie ein*e Statist*in für medizinische Daten. Der Senat von Utah soll diese beiden Kommissionsmitglieder benennen. Das Repräsentantenhaus wiederum soll ein*e Ärzt*in mit Expertise in der Behandlung transgeschlechtlicher Menschen und eine*n Physiolog*in benennen.
Ein*e Sporttrainer*in und ein*e Repräsentant*in einer athletischen Vereinigung wiederum sollen, von der*dem Gouverneur*in benannt, hinzu kommen. Das Besetzungsverfahren wird von einer*m Beauftragten der Sportabteilung der jeweiligen Schule komplettiert.
Dieser Stab "bewertet" dann die körperlichen Eigenschaften der betreffenden Mädchen und überprüft, ob sich ihre physischen Leistungen im Bereich von Mädchen ihres Alters befänden. Auf welchen Kriterien letztlich die Körperbewertung beruht, ist dabei noch unklar. Einen entsprechenden Katalog soll er jetzt ausarbeiten.
Es dürfte aber auf eine auch in Deutschland im Rahmen des Transsexuellengesetzes und der Antragsstellung zu Operationen bekannte Körpervorführung hinauslaufen. Im Rahmen dessen dürften die "Expert*innen" dann letztlich subjektiv das Passing der Mädchen bewerten.
Zwist innerhalb der republikanischen Partei des Mormonenstaates gibt es mit der Fraktion, die sich für eine generelle Verbannung transgeschlechtlicher Mädchen aus dem Mädchensport ausspricht. Doch zumindest in der relevanten Ausschussabstimmung zeigte sich, dass dies nur noch eine Minderheitenmeinung ist.
Kein Verbot von Gesundheitsversorgung in Arizona
Leichte Hoffnung darauf, dass sich der republikanische Furor gegen transgeschlechtliche Kinder und Teenager abschwächt, gibt es indes auch aus dem benachbarten Arizona. Hier hatte es bisher eigentlich die meisten Anti-LGBTI-Gesetze in diesem Jahr gegeben. Doch der Versuch, die geschlechtsaffirmierende Gesundheitsversorgung von transgeschlechtliche Jugendliche zu verbieten, scheiterte nun – an einem Republikaner.
Senator Tyler Pace votierte im fraglichen Ausschuss zusammen mit den oppositionellen Demokrat*innen und sorgte so dafür, dass das Gesetzesvorhaben mit einem Patt von 4 zu 4 Stimmen vorerst beendet ist.
Pace betonte, dass er zwar "beide Seiten" in dem Konflikt verstehe. Letztlich sei er aber von den in einer Ausschussanhörung vorgetragenen, persönlichen Geschichten von trans Jugendlichen und ihren Familien beeinflusst worden. Wörtlich sagte er: "Die Einlassungen, die wir heute über die vielen Menschen gehört haben, die diese Wege der medizinischen Behandlung nutzen, um Leben zu retten, um Leben zu verbessern – ich will nicht, dass meine Stimme diese großartigen Sachen beendet."
Nun kann die geschlechtsaffirmierende Behandlung von trans Jugendlichen, die aufgeschlossene Ärzt*innen finden, weitergehen. Das Gesetz hätte selbst den Einsatz von Pubertätsblockern verboten und die Jugendlichen so der gefürchteten und ungewollten geschlechtlichen Veränderung ausgesetzt.
Zuletzt hatte der Bundesstaat South Dakota mit einem eingeführten "Sports Ban" die Reihe an transfeindlichen Gesetzen fortgeführt (queer.de berichtete). Diesen Ausschluss von trans Mädchen aus dem Schulsport nannte ein Sprecher des Weißen Hauses in Reaktion darauf als Gesetz verschleiertes Mobbing (queer.de berichtete).
Da dürfen ja Karens und Dans entscheiden, wer cissig genug für den Sport ist. Also nen TSG auf Amerikanisch. Gut, dass ich nicht dort wohne. Haben die nicht andere Sorgen?