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Neuer Bericht
ILGA-Europe warnt vor "Eskalation des Hasses"
In vielen europäischen Ländern mache die Politik queere Menschen zu "Sündenböcken", beklagt die queere Organisation in ihrem Jahresbericht. Es gibt aber auch Lichtblicke.

heizte die Stimmung gegen queere Menschen zuletzt an Ungarns autoritär regierender Ministerpräsident Viktor Orbán
- 16. Februar 2022, 13:19h 2 Min.
Im am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht der LGBTI-Menschenrechtsorganisation ILGA-Europe ist von einem "erschütternden Anstieg von [queerfeindlicher] Hassrede und entsprechender Gewalt auf den Straßen und in Wohnungen in jedem Land in der Region" die Rede. In dem Bericht wird die Situation queerer Menschen in Ländern Europas und Zentralasiens näher beleuchtet.
Eine regelrechte "Welle der Gewalt" werde von Politiker*innen angefacht, heißt es in dem Bericht. Als besonderen Tiefpunkt wurde die Einführung des "Homo-Propaganda"-Gesetzes Mitte Juni durch die Orbán-Regierung in Ungarn genannt (queer.de berichtete).
"Die Verbreitung von Anti-LGBTI- und trans Menschen ausschließender Rhetorik, die in diesem Bericht vorgestellt wird, hat einen sehr negativen Einfluss auf das Leben vieler Menschen", erklärte ILGA-Europe-Chefin Evelyne Paradis. "Wir sehen in vielen Ländern, wie die psychische Gesundheit queerer Menschen, ihr Sicherheitsgefühl oder ihr Recht auf Zugang zu Arbeit dadurch beeinflusst wird." Queere Menschen würden oft zu "Sündenböcken" gemacht. Es sei die Aufgabe von Politik, Medien, Hochschulen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft, dagegen vorzugehen.
ILGA-Europe-Kampagnenchefin Katrin Hugendubel ergänzte, dass es jetzt eine "deutliche Eskalation und Instrumentalisierung des Hasses gegen LGBTI gibt, um politisch Punkte zu machen und die eigene Macht zu stärken". Hass gegen die queere Minderheit werde als "Instrument für politischen Machtgewinn" genutzt, beklagte Hugendubel.
Lob für Gerichte und EU
Positiv wird in dem Bericht die Arbeit von Gerichten erwähnt, die oft der Verfolgung von queeren Menschen Einhalt geböten. Insbesondere der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte leiste gute Arbeit. Das Gericht hatte zuletzt etwa queerfeindliche Gewalt in Georgien oder die Diskriminierung von Regenbogenfamilien in Polen gerügt.
Zudem habe die Europäische Kommission von Ursula von der Leyen einen guten Einfluss. So lobte ILGA-Europe, dass die EU-Exekutive Verfahren gegen Polen und Ungarn wegen queerfeindlicher Gesetze eingeleitet habe (queer.de berichtete). Hoffnungsvoll stimme auch, dass laut vielen Meinungsumfragen die Stimmung gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten besser werde.
ILGA-Europe ist die paneuropäische Dachorganisation von mehr als 600 queeren Gruppen. Zu den Mitgliedern zählen auch viele deutsche Vereine wie der LSVD, Homosexuelle und Kirche (HuK) oder der Völklinger Kreis. (dk)

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Es ist keine Naivität, sondern Pflege meiner psychischen Gesundheit, wenn ich zuerst auf die positive Seite der Meldung schaue.
Ich beobachte trotz aller Wiederstände eine positive Entwicklung der Gesellschaft und ich denke, dass die Aufklärung der Menschen, vor allem aber der offene Kontakt zwischen queeren und nichtqueeren Menschen letztlich der entscheidende Faktor in Richtung Akzeptanz ist. Diese Entwicklung können Anti-LGBT-Gesetze im Zeitalter von Internet und Globalisierung auch nur verzögern, nicht wirklich aufhalten.