Die Humboldt-Universität wurde 1809 von König Friedrich Wilhelm III. gegründet (Bild: Ischias08 / wikipedia)
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat am Dienstag bei der Humboldt-Universität Berlin ihre erste Beanstandung nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) eingereicht. Der Menschenrechtsverein rügt, dass die Hochschule trans, inter und nicht-binären Studierenden gegenwärtig nicht das Recht einräumt, den ihrem Geschlecht entsprechenden Vornamen auf Dokumenten wie dem Studierendenausweis zu führen, wenn noch keine amtliche Namensänderung stattgefunden hat.
"Die Humboldt-Universität verstößt klar gegen das Diskriminierungsverbot", erklärte GFF-Juristin Soraia Da Costa Batista in einer Presseerklärung. "Denn trans, inter und nicht-binäre Studierende haben das Recht, ihren Identitätsnamen zu führen – auch schon vor einer amtlichen Namensänderung." Andernfalls führten alltägliche Anlässe wie eine Ticketkontrolle mit Studierendenausweis in der U-Bahn zu diskriminierenden Situationen. "Die Betroffenen müssen sich zu wahrgenommenen Unterschieden zwischen ihrer dokumentierten und ihrer tatsächlichen geschlechtlichen Identität erklären. Diese Zwangsoutings sind belastend und diskriminierend", so Da Costa Batista.
Andere Berliner Unis sind weiter
Laut "Tagesspiegel" verstehe die Juristin ohnehin nicht, warum die HU noch zögere; schließlich ermöglichten die anderen beiden großen Hochschulen der Bundeshauptstadt, die Freie Universität und die Technische Universität, die Änderung des Vornamens.
Die Situation werde dadurch verschärft, dass die Namensänderungen nach dem völlig überholten in großen Teilen verfassungswidrigen Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1981 durchgeführt werden müssten. "An den langwierigen Prozessen für Namensänderungen zeigt sich, dass trans, inter und nicht-binäre Personen in unserer Gesellschaft noch lange nicht gleichgestellt sind", erklärte Bo Günther, studentische*r Mitarbeiter*in der GFF sowie Mitglied von Unitin*, der Berliner Selbstorganisation von trans, inter und nicht-binären Hochschulangehörigen. "Umso wichtiger ist, dass öffentliche Einrichtungen beim Abbau von Diskriminierung Vorreiter sind. Wir erwarten, dass die Humboldt-Universität schnell handelt."
Der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung sieht die Abschaffung des Transsexuellengesetzes und die Einführung eines Selbsbestimmungsgesetzes vor (queer.de berichtete). In der vorhergehenden Legislaturperiode war eine angekündigte Reform gescheitert (queer.de berichtete).
Berlin war das erste Bundesland, das 2020 ein umfassendes Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) beschlossen hatte – damals mit den Stimmen der rot-rot-grünen Regierung und gegen den erbitterten Widerstand von CDU, AfD und FDP. Der damalige Oppositionsführer Burkard Dregger (CDU) warnte etwa in einer rassistischen Rede im Abgeordnetenhaus davor, dass sich auch kriminelle Menschen "erkennbar afrikanischen Ursprungs" auf das Gesetz berufen könnten (queer.de berichtete). (dk)