(nachträglich ergänzt u.a. um "Queere Nothilfe Ukraine")
"Putin, der Böse, wird die Ukraine nie kriegen, weil sich die ganze Welt für uns einsetzt." Mit diesen Worten meldete sich der CSD Kiew am Donnerstagabend zu Wort, nachdem russische Truppen eine Invasion in die Ukraine gestartet hatten. Die Aktivist*innen bedankten sich auf Englisch für viel internationale Unterstützung und riefen Menschen in aller Welt dazu auf, sich bei ihren Regierungen dafür einzusetzen, "Putin jetzt zu stoppen". Außerdem sollten sich Menschen an soziale Medienplattformen wenden und verlangen, dass Kanäle, die den Krieg und Putin unterstützen, abgeschaltet werden. "Die Propaganda muss gestoppt werden. Wir müssen die Stimmen, die zum Krieg mit der Ukraine aufrufen, zum Schweigen bringen."
Mehrere queere Organisationen rufen zu Spenden auf, darunter seit Freitagnachmittag in der gemeinsamen Spendenaktion "Queere Nothilfe Ukraine", mit der NGOs vor Ort bei der Versorgung und Evakuierung queerer Menschen unterstützt werden sollen. Spendenbescheinigungen werden nach dem Abschicken des Online-Formulars zur Spende sofort durch das Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V. erstellt.
Bereits zuvor hat Quarteera, der in Berlin ansässige Verband russischsprachiger queerer Menschen in Deutschland, um Unterstützung gebeten, etwa um nach Deutschland kommenden LGBTI aus der Ukraine zu helfen. Benötigt würden Mittel für Lebensmittel, Kleidung sowie Honorare für Anwalts- und Rechtshilfe und für Sprachkurse. Auf seiner Webseite hat der Verein Details zu seinem Spendenkonto veröffentlicht, inzwischen gibt es auch eine Facebook-Spendenseite.
Die mit den CSD-Organisator*innnen aus Kiew gut vernetzte Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer sammelt ebenfalls für queere Ukrainer*innen, die aus ihrer Heimat flüchten müssen, und für die Community für Ort. Es gebe Informationen, wonach die Namen von ukrainischen Aktivist*innen auf russischen Listen für Internierungslager vermerkt seien (queer.de berichtete). Spenden werden zügig per PayPal an conradbreyer@live.com erbeten.
Auch die New Yorker Organisation OutRight Action International bittet um Spenden, um Gruppen in der Ukraine zu unterstützen, die queeren Flüchtenden Unterstützung im Inland und in Nachbarländern bieten wollen. In Nachbarländern der Ukraine begannen LGBTI-Organisationen derweil ihre eigenen Unterstützungsaktionen und -aufrufe für queere Flüchtende, darunter in Polen, Ungarn und auch Russland.
Szeneorganisationen in Deutschland zeigten sich angesichts der russischen Aggression entsetzt. Die Arbeitsgemeinschaft SPDqueer verurteilte etwa in einer gemeinsamen Erklärung des Bundesvorstandes und der Landes- und Bezirksvorstände den Angriff und sorgt sich insbesondere um Minderheiten: "Russlands Haltung und Umgang mit marginalisierten Menschen, insbesondere die staatlich sanktionierte Diskriminierung und Verfolgung von LSBTIQ* ist spätestens seit 2013 bekannt und lässt die Befürchtung einer humanitären Krise wachsen. Vor allem Kiew ist in den letzten Jahren eine sichere Zuflucht für jene gewesen, die Russland verlassen mussten, weil sie nicht der cis-hetero-Norm entsprechen. Wohin werden sie gehen? Wohin sollen sie fliehen?" Daher bittet SPDqueer die Bundesregierung, Menschen in Deutschland aufzunehmen, die vor dem Krieg fliehen.
Auch andere Organisationen wie die Deutsche Aidshilfe oder CSD Deutschland zeigten sich erschüttert über die aktuelle Lage und riefen zur Solidarität auf.
Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums vom Freitagvormittag sind die ersten russischen Einheiten bereits in die Hauptstadt Kiew vorgedrungen. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete von Gefechten im Norden der Stadt. Darüber hinaus gab es Luftangriffe. Nach einigen Meldungen sind in der Ukraine inzwischen auch mehrere dem tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow unterstellte Einheiten aktiv.
Laut einer Schätzung der Vereinten Nationen befinden sich mittlerweile bereits 100.000 Menschen auf der Flucht. Die Ukraine meldete nach dem ersten Tag der Gefechte 137 Tote und über 300 Verletzte, darunter auch viel Zivilist*innen. (dk)