Mit einer live unter anderem im Ersten übertragenen Show aus Berlin hat Deutschland am Freitagabend seinen Beitrag für den 66. Eurovision Song Contest im Mai in Turin ausgewählt: Malik Harris setzte sich mit "Rockstars" und 208 Punkten gegen Maël & Jonas (185), die Band Nico Suave & Team Liebe (157), Felicia Lu (139), Eros Atomus (123) und Emily Roberts (53) durch.
Bei der Show mit einigen Fremdschämmomenten (Luftgitarren, Textaussetzer, viele der Songs) traten außer Konkurrenz auch Conchita Wurst und Jane Comerford (Texas Lightning) im Duett-ESC-Medley auf, zu der noch als Überraschung Gitte Hænning mit Nicoles "Ein bisschen Frieden" stieß. Als weiteren Gast und bewegenden Moment gab es die frühere ukrainische Gewinnerin Jamala. Sie sang ihr "1944" und erzählte von ihrer Flucht mit den Kindern, während der Mann in der Ukraine blieb.
Die Abstimmung lief in einem neuen Verfahren ab: 50 Prozent der Punkte stammten vom Voting per Telefon und SMS am Abend, 50 Prozent aus einem Online-Voting der letzten Tage bei den Webseiten der neun sogenannten Radio-"Popwellen" der ARD, das also nicht auf den Live-Auftritt reagierte und ein jüngeres Publikum erreichen sollte.
Bei den Radios führten Maël & Jonas vor Malik Harris und Felicia Lu, wobei sich bei der einzelnen Punktevergabe fast keine Unterschiede in den Regionen zeigten. Harris holte dann aber die meisten Punkte bei den TV-Zuschauer*innen und den Gesamtsieg. Der 24-Jährige aus Landsberg am Lech, Sohn des Ex-Talkmasters Ricky Harris ("Ricky!" auf Sat.1), singt und rappt (mit leichen Eminem-Anklängen) ein verletzliches Lied über die Unbeschwertheit der Jugend ("We used to be the rockstars").
Wird es besser für Deutschland?
Deutschland hatte bei vier der fünf letzten Teilnahmen den letzten oder vorletzten Platz im ESC-Finale geholt. Die Vorstellung der Kandidat*innen zum diesjährigen Vorentscheid vor wenigen Wochen hatte in sozialen Netzwerken erneut für eine gewisse Ernüchterung unter ESC-Fans geführt, und zu Empörung über die Nicht-Auswahl von Eskimo Callboy, zu deren Nachnominierung es gar vergeblich eine Petition gab.
Für das ESC-Finale am 14. Mai ist Deutschland automatisch qualifiziert, wie einige weitere größere Länder und Gastgeber Italien. Dessen Beitrag – ein queeres Duett von Mahmood und Blanco – galt zunächst als Favorit auf den Sieg. Allerdings liegt bei den Wettbüros nun aufgrund der politischen Lage die Ukraine vorne, die freilich erst durch das Halbfinale müsste – und mehrere Mitglieder der nominierten Band Kalush Orchestra scheinen aktuell an der Front zu kämpfen.
Derzeit läuft noch die Vorentscheids- und Nominierungsphase, Australien entschied sich am letzten Samstag in seinem Vorentscheid etwa für den schwulen Sänger Sheldon Riley. Nach dem Contest-Ausschluss und EBU-Rückzug Russlands nehmen nach aktuellem Stand 40 Länder teil. Kurz vor Beginn des deutschen Vorentscheids lag Deutschland bei den Wettbüros auf Platz 24. (cw)