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Kinostart
Wenn sich Oma und der schwule Enkel gegenseitig Kraft geben
Ab Donnerstag im Kino: In der bittersüßen kanadischen Dramedy "Jump, Darling" zieht ein junger Drag-Darsteller nach der Trennung von seinem Freund bei seiner pflegebedürftigen Großmutter ein.

Große schauspielerische Leisung: Russell (Thomas Duplessie) und seine Oma Margaret (Cloris Leachman) (Bild: Cinemien)
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16. März 2022, 03:22h 3 Min.
Großmütter und ihre Enkel haben Filmemacher*innen und Autor*innen schon immer fasziniert. Die Liebe und Zuneigung zueinander, schräger Humor und das Philosophieren über Alter und Vergänglichkeit machte schon "Harold and Maude" 1971 zum Filmklassiker. Ein ganz kleines bisschen erinnert das queere Spielfilmdebüt "Jump, Darling" von Autor und Regisseur Philip J. Connell an das große Vorbild aus den Siebzigern.
Allerdings geht die Geschichte dann doch anders: Es ist die eines jungen Mannes, der groß rauskommen will als Drag-Performer, es aber doch nicht schafft und schließlich aus der Großstadt flieht, um bei seiner kranken Großmutter zu leben. Soweit die vordergründige Handlung. Dahinter ist es die Story eines Zusammentreffens zweier Generationen, die sich über ihre Perspektiven streiten, es geht um Themen wie psychische Gesundheit, Einsamkeit und die (Wieder-)Entdeckung der Leidenschaft für das Leben.
Margaret will nicht ins Altenheim

Poster zum Film: "Jump, Darling" startet am 17. März 2022 im Kino
Nachdem er von seinem Freund verlassen wurde, verlässt also der junge Schauspieler und Drag-Performer Russell (gespielt von Thomas Duplessie) Toronto. Er landet im Haus seiner Großmutter Margaret (Cloris Leachman), die außerhalb der Stadt lebt. Sie braucht Gesellschaft, lacht wonnig, wenn Russell ihr ein Dinner kocht, er braucht einen Sinn im Leben.
Margaret ist gebrechlich und unfähig, für sich selbst zu sorgen, kämpft aber dagegen, dass ihre Tochter sie ins Altenheim stecken will. Bei der Besichtigung eines Zimmers sagt die Tochter: "Der Balkon ist doch toll hier." Die Mutter antwortet: "Ja, gut für ein schnelles Ende." So geht Humor, wenn man 94 Jahre alt ist.
Das Gefühl der Verlorenheit teilt sie mit ihrem Enkel: Russell ist deprimiert, als Schauspieler gescheitert und nach der Trennung von seinem langjährigen Freund auf der Suche nach neuem Sinn und Liebe. Obwohl die Familie meist nicht einer Meinung ist, hat sie mehr gemeinsam, als sie zugeben will. Die Mutter macht Russell Vorwürfe, die zuweilen unfreiwillig komisch sind: "Du bist Fische vom Sternzeichen. Du hast eine Vorbelastung."
Zwischen herzerwärmend und ergreifend
Duplessie, der als Schauspieler mit dem Film seinen Durchbruch feiert, fasziniert als ein Mann, der zwar manchmal mürrisch und vom Leben gebeutelt, aber dennoch selbstbewusst ist. Russell muss sich nicht vor jemandem outen, seine Identität als schwuler Mann und als Dragqueen wird selbstverständlich präsentiert. Einmal mehr also ein Film mit einem schwulen Hauptdarsteller, dessen Handlung zum Glück nicht in einer tragischen Coming-out-Geschichte endet.

Oma hat mit Russells Schwulsein keine Probleme (Bild: Cinemien)
Schön anzusehen sind in "Jump, Darling" auch die Szenen der Drag-Performances. Es gibt einen eindringlichen Moment, in dem Russell mit Gästen in der Bar, in der er auftritt, darüber sinniert, ob es bei Drag um Geschlecht, um Sexualität oder um beides geht.
Bewundernswert ist auch die Leistung der 94-jährigen Cloris Leachman, es ist eine ihrer letzten Rollen. Sie wirkt zerbrechlich und ist auch mal verzagt, hat aber immer noch eine scharfe Zunge. Die im Januar 2021 verstorbene Leachman, die bekannte Rollen etwa in der "Mary Tyler Moore Show" oder "The Last Picture Show" hatte, liefert eine erstaunliche Leistung ab, die viele Plattitüden des Alten-Lebens umschifft. Ihre Mimik erzählt ebenso viel Geschichte wie die Dialoge.
"Jump, Darling" schafft daher den Spagat zwischen herzerwärmend und ergreifend. Er zeigt, dass es einen Weg aus so mancher Depression gibt, ohne dass es in ein kitschiges Happy End ausartet. Obwohl einige der Nebenhandlungen in den 90 Minuten des Films ein wenig untergehen, zeigt Regisseur Connell, dass er ein interessanter Newcomer in der Filmbranche ist, den man im Auge behalten sollte.
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Jump, Darling. Spielfilm. Kanada 2020. Regie: Phil Connell. Darsteller*innen: Cloris Leachman, Jayne Eastwood, Linda Kash, Thomas Duplessie. Laufzeit: 90 Minuten. Sprache: englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln. FSK 12. Verleih: Cinemien. Kinostart: 17. März 2022
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