Ein geplanter Tauchurlaub am Roten Meer entwickelte sich für die Berliner trans Frau Valery Maria Lehner zu einem Horrortrip. Der stadtbekannten Veranstalterin der legendären Partyreihe "Chantals House Of Shame" ist nach eigenen Angaben am Flughafen von Scharm El-Scheich die Einreise nach Ägypten verweigert worden. Sie sei dort am Dienstag stundenlang ohne Angabe von Gründen festgehalten worden. Ihr Begleiter Andreas Schwarz, ein cis Mann, habe dagegen zunächst problemlos einreisen dürfen.
Auf Facebook veröffentlichte Lehner am Freitagabend ein ausführliches Gedächtnisprotokoll des Vorfalls. Demnach wurde sie bei der Passkontrolle von dem kontrollierenden Beamten "nach ausuferndem Studieren des Reisepasses" angewiesen, in einem gesondertem Bereich Platz zu nehmen. "Er selbst verschwand ohne weitere Erklärung mit ihrem Reisepass."
Nach etwa einer Stunde ohne weitere Informationen habe sich Schwarz, der bei ihr geblieben war, entschieden, die Koffer auf dem leeren Gepäckband zu sichern. Anschließend habe er jedoch nicht mehr zu Lehner in den gesicherten Bereich zurückkehren dürfen. "Allerdings konnte er Sichtkontakt halten."
Sechs Stunden "ohne Wasser und Information"
Nach einer weiteren halben Stunde sei die trans Frau in ein separates Zimmer geführt und von drei Beamten verhört worden. Diese hätten immer wieder dasselbe gefragt: "Warum sie hier sei, was sie hier wolle und wie lange sie in Ägypten bleiben wolle." Eigene Fragen habe sie nicht stellen dürfen. Danach sei sie in den Wartebereich zurückgeführt worden. Ihre Bitte, die deutsche Botschaft zu kontaktieren, sei ignoriert worden. Nach Abgabe seines Passes habe zumindest Schwarz zu ihr zurückkehren können.
"Die Stimmung wurde so bedrohlich und auch provozierend, dass es spürbar war, dass nur das kleinste Fehlverhalten zu einer Verhaftung oder Schlimmerem führen konnte", heißt es im Gedächtnisprotokoll über die ungewisse Situation. Erst nach sechs Stunden "ohne Wasser und Information" sei Lehner schließlich mitgeteilt worden, die sie nicht einreisen dürfe. Eine Begründung habe es nicht gegeben. Ihr sei gesagt worden, dass sie in drei Tagen kostenlos mit Easyjet zurück nach Berlin fliegen könne und solange am Flughafen bleiben müsse. Nach Verhandlungen sei es Schwarz gestattet worden, in Begleitung eines bewaffneten Beamten außerhalb des Terminals in einem Reisebüro einen neuen Flug noch in derselben Nacht zu buchen. Bis zum Abflug seien sie unter Aufsicht gestellt worden.
"Dieses Erlebnis war schockierend und demütigend und zutiefst verstörend", so Valery Maria Lehner in ihrem Gedächtnisprotokoll. "Ein Kurzkontakt zur Botschaft in Kairo vermittelte uns den Eindruck, dass wir von Glück sprechen dürfen, denn wir hätten in der momentanen Lage auch tatsächlich in einer solchen Situation in einem ägyptischen Gefängnis verschwinden können."
Willkürliche Verhaftungen an der Tagesordnung
Die Lage von LGBTI in Ägypten hat sich in den vergangenen Jahren weiter verschlechtert. 2020 kritisierte Human Rights Watch in einem Bericht, dass Beamte der ägyptischen Polizei und der Nationalen Sicherheitsbehörde willkürlich queere Menschen verhaften, unter unmenschlichen Bedingungen festhalten und systematisch Misshandlungen einschließlich Folter aussetzen (queer.de berichtete).
Auch Ausländer*innen sind betroffen. 2015 entschied ein ägyptisches Verwaltungsgericht, dass die Behörden generell das Recht haben, homosexuelle Menschen auszuweisen. Dies sei im öffentlichen Interesse, weil so religiöse und gesellschaftliche Werte geschützt werden könnten (queer.de berichtete). 2017 wurde ein schwuler Grindr-User aus Deutschland in Kairo festgenommen und abgeschoben (queer.de berichtete).
Das Auswärtige Amt verschärfte daraufhin seine Reise- und Sicherheitshinweise und warnt seitdem explizit davor, "dass ägyptische Behörden auch Dating-Apps einsetzen, um LGBTI ausfindig zu machen". Es könne nicht ausgeschlossen werden, "dass auch ausländische Touristen Opfer dieses Vorgehens werden könnten" (queer.de berichtete). (cw)