Nach Gesprächen in Norwegen bemüht sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Katar um zusätzliche Gaslieferungen. Der Grünen-Politiker traf am Samstag in dem Golfstaat ein. Die Reise ist Teil der Bemühungen, angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zu verringern.
Nach seinem Besuch in Katar reist Habeck am Sonntagabend weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Katar ist einer der weltgrößten Exporteure von Flüssiggas (LNG). Der allergrößte Teil geht jedoch bisher nach Asien. In den Emiraten geht es vor allem um grünen Wasserstoff.
Todesstrafe für Homosexuelle in den Emiraten
In einer Pressemitteilung mit der Überschrift "Kein Blut für Gas!" kritisierte Die Linke.queer die Reise des Grünen-Politikers. "Homosexuelle Handlungen werden in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit dem Tode bestraft, in Katar mit bis zu fünf Jahren Haft", so die beiden Bundessprecher*innen Luca Renner und Frank Laubenburg. "Beide Staaten zeichnen sich durch eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aus, die die Intensivierung geschäftlicher Beziehungen ausschließen sollte."
Die angestrebten Gasankäufe zeigten Habecks "instrumentelles Verhältnis zu Menschenrechten", so Die Linke.queer. "LGBTI-Rechte werden von den Grünen immer dann angeführt, wenn es aus wirtschaftlichen, machtstrategischen, militärischen oder geopolitischen Gründen gerade in den Kram passt, ansonsten fallen sie unter den Tisch. Das ist eine unerträgliche Situation."
Renner und Laubenburg forderten den Queer-Beauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), auf, "das Bundeskabinett über die Situation in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu informieren und neue Gas-Deals zu verhindern".
Habeck: Russland schlimmer als Katar
Zur Deckung des Energiebedarfs könne Deutschland auch künftig nicht nur mit Demokratien zusammenarbeiten, verteidigte sich unterdessen der Bundeswirtschaftsminister. "Viele Opec-Staaten sind problematisch", sagte Habeck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor Beginn der Reise. "Aber zwischen einem nicht demokratischen Staat, bei dem die Situation der Menschenrechte problematisch ist, und einem autoritären Staat, der einen aggressiven, völkerrechtswidrigen Krieg vor unserer Tür führt, gibt es noch mal einen Unterschied. Wir können nicht alle Länder von Lieferungen ausschließen."
Für den kommenden Winter sieht Habeck die Gasversorgung in Deutschland noch nicht komplett gesichert, wie er vor der Reise im Deutschlandfunk sagte. "Das heißt, wenn wir zum nächsten Winter noch nicht mehr Gas bekommen und die Lieferverbindungen aus Russland würden gekappt werden oder abreißen, hätten wir nicht genug Gas, um alle Häuser warm und alle Industrie laufen zu lassen."
Der Wirtschaftsminister warnte: "Also Gas wird vor allem in der Industrie zu Anfang der Lieferketten eingesetzt und dann gibt es eine Art oder kann es eine Art Domino-Effekt geben." Zu einer einseitigen Abhängigkeit von einem Lieferanten wie Russland sagte Habeck: "Das war einfach dämlich." (cw/dpa)