Das WDR-Kinderprogramm "Die Sendung mit der Maus" stand am Sonntag im Zeichen des Regenbogens. "Mit dieser Regenbogenfahne wird auf der ganzen Welt dafür geworben, dass wir Menschen nett zueinander sein sollen und uns respektieren sollen", erklärte Moderatorin Laura Kampf gleich zu Beginn der Ausgabe vom 27. März 2022. "Damit jeder und jede so leben kann, wie er oder sie eben möchte."
Laura Kampf und Christoph Biemann moderierten am Sonntag auf einer Regenbogenbank (Bild: Screenshot "Die Sendung mit der Maus")
Zum bevorstehenden Internationalen Tag der Transsichtbarkeit am 31. März hatte sich die Redaktion entschieden, das Thema Transgeschlechtlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Die Journalistin Siham El-Maimouni besuchte dafür Katja in Hildesheim.
Katja erzählt die Geschichte ihrer Transition (Bild: Screenshot "Die Sendung mit der Maus")
Die trans Frau war schon in einer früheren "Sendung mit der Maus" dabei – damals als obdachlose Person und vor ihrer Transition. Nun hat Katja eine Wohnung und einen neuen Ausweis. Im Interview berichtet sie, wie schwierig und demütigend die Änderung ihres Geschlechtseintrags war.
Lob für das Selbstbestimmungsgesetz
Am Ende der rund 30-minütigen Sendung lobt Laura Kampf das von der neuen Bundesregierung versprochene Selbstbestimmungsgesetz. "Dann kann jeder und jede selbst entscheiden, welchem Geschlecht er oder sie sich zugehörig fühlt und welchen Namen er oder sie tragen will. Und dann kann kein Gericht und kein Gutachter mehr darüber entscheiden."
Zuvor ging es in einem musikalischen Cartoon um eine Prinzessin, die lieber ein Ritter sein möchte, am Hof auf Unverständnis stößt und von ihren Eltern in ihrem Zimmer eingesperrt wird.
Die Prinzessin, die lieber ein Ritter sein will
"Zwangsmaus" und "Zwangsjulian"
Bei queerfeindlichen Rechten sorgte die Kindersendung noch am Sonntag für Schnappatmung. "Liebe Kinder gebt fein Acht, hier wird Ideologie gemacht", empörte sich etwa die Publizistin Birgit Kelle auf Twitter über die "Propaganda jetzt auch für die Kleinsten". Der WDR habe "wirklich gar keine Skrupel mehr". Kelle teilte einen Link zur Mediathek – und machte die Sendung damit noch weiter bekannt.
Ganz besonders erregte sich der ehemalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt, der gleich eine ganze Serie von Tweets gegen "Die Sendung mit der Maus" absetzte. "Die Zwangsmaus und die Öffentlich-Rechtlichen wollen, dass wir uns nicht mehr trauen, Dinge zu sagen, von denen wir wissen, dass sie wahr sind", heißt es in einem Post, in dem er das trans Menschen die Existenz abspricht. "Sie wollen uns einschüchtern und erziehen, bis wir aus Furcht Fakten verleugnen: Jungs sind Jungs, Mädchen sind Mädchen."
In einem anderen Tweet schreibt Reichelt von "ideologisch-sexualisierter Früherziehung mit Zwangsgebühren". In einem weiteren Post heißt es: "Sendungen wie diese werden in naher Zukunft dazu führen, dass Gender-ideologische Politiker Kinder morgens in Kita und Schule dazu zwingen werden, ihr Geschlecht und ihre Pronouns des Tages zu wählen."
WDR: "Auch als erwachsene Person kann man bei uns noch viel lernen"
Das Social-Media-Team der vom WDR produzierten "Sendung mit der Maus" gab auf Twitter recht diplomatisch Kontra. "Auch als erwachsene Person kann man bei uns noch viel lernen zu relevanten Themen wie z.B Toleranz", kommentierte es Reichelts Posts. "Die Maus ist dazu da den Horizont für Groß und Klein zu erweitern."
In vielen weiteren Reaktionen ging es vor allem um Julian Reichelts Wortschöpfung "Zwangsmaus", die auf die Rundfunkgebühren anspielt. "Dass einer, der seinen Chefposten wegen sexueller Eskapaden mit Mitarbeiterinnen räumen musste, sich hier zu zum archaischen Moralhüter aufschwingt, ist schon bemerkenswert", meinte ein User. "Da ist das Wort 'Zwangsmaus' schon unfreiwillig komisch."
Der "Tagesspiegel" sieht "Zwangsmaus" bereits als Kandidat für das "Unwort des Jahres", wobei er sich im Hinblick auf Reichelts "Kommentarflut" frage, "ob man nicht eher von 'Zwangsjulian' sprechen sollte".
Ich hab sie jedenfalls gesehen und innerlich gefeiert, selbst als nicht persönlich Betroffener.