Metzner im letzten Mai als LSVD-Vorstand in einem Interview mit Tagesschau 24
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Das Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hat am Donnerstag Helmut Metzner zum neuen geschäftsführenden Vorstand der Stiftung gewählt. Das gab Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) am Freitag bekannt. Der bisherige Vorstand, Jörg Litwinschuh-Barthel, war nach zehnjähriger Amtszeit im November 2021 aus dem Amt ausgeschieden.
"Ich freue mich, dass wir mit der Wahl von Helmut Metzner zum neuen geschäftsführenden Vorstand die volle Handlungsfähigkeit der Bundesstiftung wiederhergestellt und die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Stiftungsarbeit entsprechend der Bedeutung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld geschaffen haben", so Buschmann in einer Pressemitteilung. Der Minister wünschte dem Gewählten viel Erfolg für seine Arbeit in der Stiftung und dankte den Mitgliedern des Kuratoriums für ihr Engagement in dem langen Auswahlprozess.
Der Chefposten war im Mai 2021 auf Initiative der damaligen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erstmals öffentlich
ausgeschrieben worden. Gründungsvorstand Litwinschuh-Barthel
verzichtete auf eine Bewerbung um den von ihm rund zehn Jahre lang ausgefüllten Posten. Das mit Vertreter*innen aus Politik und Szeneverbänden besetzte
Stiftungs-Kuratorium hatte im letzten Oktober Gero Bauer zu seinem Nachfolger
gewählt. Der Geschäftsführer des Zentrums für Gender- und Diversitätsforschung an der Universität Tübingen gab im Januar aber
bekannt, den Posten aus persönlichen Gründen nicht anzutreten. Metzner hatte es schon damals neben Bauer und zwei lesbischen Frauen in die engere Auswahl geschafft.
Ehemaliger Büroleiter Guido Westerwelles
Der neugewählte Vorstand Helmut Metzner hat Geschichte, Politische Wissenschaften und Philosophie an den Universitäten Bamberg und Erlangen studiert. Seit 2020 ist er politischer Berater der FDP im Abgeordnetenhaus von Berlin und dort für die Themen Bildung, Jugend, Familie, Kultur und LSBTI zuständig. Darüber hinaus engagiert er sich ehrenamtlich im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD).
Der in Bamberg geborene Metzner war zunächst CSU-Mitglied, bis er 1988 der FDP beitrat, für die er in diversen Funktionen arbeitete und kandidierte. 2010 leitete er zeitweilig das Büro des damaligen Parteivorsitzenden Guido Westerwelle in der Bundesgeschäftsstelle. Von dem Posten wurde er entbunden, nachdem aus von Wikileaks veröffentlichten Depeschen der US-Botschaft bekannt wurde, dass Metzner mit Diplomaten über Ziele und Inhalte der Partei gesprochen hatte. Die Bundesanwaltschaft fand später zu entsprechenden Strafanzeigen keinen Anfangsverdacht für Ermittlungen zu den Vorwürfen des Landes- und Geheimnisverrates und der Spionage. Metzner machte sich danach mit der Politikberatung Polifaktur selbstständig und war später wieder für die FDP aktiv, etwa als Pressesprecher und späterer Leiter der Landesgeschäftsstelle der FDP Berlin.
"Nun ist es raus. Es gibt viel zu tun!", schrieb Metzner am Freitagnachmittag zu seiner Wahl. Er danke für das Vertrauen und fühle die Verantwortung. "Der Auftrag ist klar: Im Andenken an das große Erbe Magnus Hirschfelds für die Aufklärung über Vielfalt: durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit!" Sein Vorgänger Litwinschuh-Barthel schrieb in einer ersten Reaktion, dass er Metzner viel Erfolg wünsche.
Auch der Lesben- und Schwulenverband hat Helmut Metzner zur Wahl gratuliert und ihm für das neue Amt viel Erfolg und alles Gute gewünscht. "Wir freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit. Die anstehenden Aufgaben in der Leitung der Stiftung sind herausfordernd", so der LSVD in einer Pressemitteilung. "Die Stiftung benötigt eine dauerhaft bessere finanzielle Ausstattung durch den Bund. Nur so kann sie ihre wichtige Aufgabe effektiv wahrnehmen. Hier wird der LSVD die Bundesregierung auch an die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Zusage erinnern, die Stiftung dauerhaft im Bundeshaushalt abzusichern."
Mit dem neuen Amt werde Metzner nach 13 Jahren seine ehrenamtliche Tätigkeit als LSVD-Bundesvorstand und Schatzmeister der Hirschfeld-Eddy-Stiftung aufgeben, so der LSVD. "Daher schauen wir auf die Wahl auch mit einem traurigen Auge. Wir werden ihn sehr vermissen."
Metzner wird das Amt des Vorstands der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld voraussichtlich im Frühsommer 2022 antreten. Derzeit führt Dr. Daniel Baranowski, dienstältester Referent der Stiftung, diese kommissarisch. (cw)
ergänzt um LSVD-Aussagen
Update 09.04.: Die Linke.queer kritisiert "Parteiversorgung"
Die Linke.queer hat die Berufung des FDP-Mitglieds Helmut Metzner zum neuen Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld scharf kritisiert. "Die Bundesstiftung ist keine Versorgungsanstalt", erklärten die Bundessprecher*innen Daniel Bache, Lia Becker, Frank Laubenburg und Jenny Luca Renner am Samstag in einer Pressemitteilung. "Diese offensichtliche Geringschätzung der Stiftung und ihrer Arbeit ist unglaublich."
Auch mit seinen politischen Positionen komme Metzner für die Leitung der queeren Stiftung nicht infrage. "Seine Tweets auf Twitter sind immer wieder geprägt von der Ablehnung fortschrittlicher Positionen – und einer despektierlichen Haltung gegenüber Frauen", so die queeren Sozialist*innen. Auch habe er Thomas Kemmerich gratuliert, nachdem er sich mit den Stimmen der AfD zum Thüringer Ministerpräsidenten wählen ließ.
Als Vorstand einer nach dem Sozialisten Magnus Hirschfeld benannten Stiftung sei Helmut Metzner "schon vor Amtsantritt nicht glaubhaft", erklärten die vier Bundessprecher*innen. Die Personalie sei vielmehr geeignet, die "Arbeit der Stiftung zu unterminieren und die Communities zu spalten". Die Linke.queer fordert deshalb eine Neubesetzung der Stiftungsleitung "nach einem transparenten Ausschreibungsverfahren und unter stärkerer Einbeziehung jener queeren Communities, die immer wieder dann den Kürzeren ziehen, wenn es um Stellenbesetzungen und Mittelzuweisungen geht".
queer schrieb damals zur Wahl Kemmerichs (FDP) mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten in Thüringen:
"In der LGBTI-Community gibt es trotz der AfD-Beteiligung auch Freude über die Wahl: Helmut Metzner, Bundesvorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland und FDP-Mitglied, gratulierte etwa Kemmerich zu seiner Wahl und erklärte: "Die FDP setzt ihre Existenz aufs Spiel, um Thüringen nicht vom linken oder rechten Rand regieren zu lassen." Metzner war früher Büroleiter von Guido Westerwelle."
www.queer.de/detail.php?article_id=35458
Nach einer unerfreulichen Konversation mit diesem Herrn habe ich mich nach 20 Jahren Mitgliedschaft dazu entschlossen, aus dem LSVD auszutreten. Von einem Herrn mit solchen Ansichten im Bundesvorstand habe ich mich nicht vertreten gefühlt.