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Sachsen-Anhalt

Prioritäten feministischer Interventionen

Unter dem Motto "Raise your Voice against TERFs" demonstrierten am 14. April über 100 Menschen in Halle – begleitet von Störaktionen linker Feministinnen. Ein Kommentar.


"Smash the Cis-tem" forderten Demonstrant*innen am Donnerstagabend in Halle (Bild: Mixi / flickr)

"Für mich seid ihr alle Frauenfeinde. Wie ihr hier steht", sagt eine Person zu mir, während ich mich auf meinen Redebeitrag vorbereite. Es soll um sexualisierte Gewalt gehen, vor allem in der linken Szene und über Täterschutz. Aber es war eine Demo von trans Personen und gegen Transfeindlichkeit, und das konnten Menschen so nicht stehen lassen.

Schlussendlich waren zwischen 100 und 150 Menschen am 14. April 2022 in Halle (Saale) zusammengekommen, um gegen Transfeindlichkeit zu demonstrieren. Mit "Raise your Voice against TERFs" war der Aufruf des Radikalen FLINTA+ Kollektivs Ost übertitelt. Demgegenüber standen rund 40 bis 50 transfeindliche Gegendemonstrant*innen aus dem Umfeld der AG "No Tears for Krauts" (NTFK). Mehrfach kam es zu kleinen Auseinandersetzungen.

- w -

TERFs versuchten die Demo zu kapern

Nicht nur, dass auf der Veranstaltung Flyer verteilt wurden, die trans Personen dämonisierten und von einer "verfolgenden Unschuld" sprachen, es setzte sich auch eine Gruppe von Menschen mit einem Transparent, auf dem "Für den Feminismus – Gegen den linken Totalitarismus" stand, vor die Demo und versuchte, diese zu übernehmen. Auch an vorbeilaufende Passant*innen wurden diese Flyer verteilt. Neben der Demo wurden Fotos von Teilnehmenden gemacht und im Anschluss auf Twitter veröffentlicht. Misgendern inklusive.


Die AG NTFK wollte sich mit ihrem Transparent an die Spitze drängen (Bild: Mixi / flickr)

So viel Energie, die aufgewendet wird, um trans Personen in irgendeiner Form zu schaden. Während einer Minute, die Jess gewidmet war, einem trans Mädchen aus Herne, das beinahe zu Tode geprügelt wurde, wurde lautstark Musik über Bluetooth-Boxen abgespielt. Eine Minute, um diesem Mädchen alles Gute zu wünschen oder zumindest die Klappe zu halten. Offenbar wäre aber bereits das zu transfreundlich gewesen. Redebeiträge, die sexualisierte Gewalt anprangerten, wurden verächtlich verlacht. "Traf ja die Richtigen", bekam ich halblaut im Vorbeigehen zu hören.

Das ist der neue Feminismus? Der es gut findet, wenn Menschen vergewaltigt werden, aber gleichzeitig trans Personen per se "Frauenfeindlichkeit" unterstellt? Der auf der NTFK-Website von "Butler-Jugend" spricht?

Wo liegen da die Prioritäten?

"My body, my choice" ist ein uralter, feministischer Slogan und heute so konsequent wie damals. Die Erfahrungen in den USA und Großbritannien zeigen, dass transfeindliche Gesetzgebung oft nur der Türöffner für weitere antiemanzipatorische und antifeministische Vorstöße ist.


Transparent auf der Demo in Halle (Bild: Mixi / flickr)

Werden zunächst nur trans Jugendliche drangsaliert, wie in Texas und Alabama, so liegen immer noch weitere Gesetzesentwürfe in der Schublade, die sich mit Homosexualität und Abtreibung befassen. In Florida gibt es mittlerweile ein Gesetz, das Aufklärung über queere Themen an Schulen verbietet. Das betrifft nicht nur trans Personen, sondern alle Lebensweisen, die über die heterosexuelle Kernfamilie hinausgehen. Schwule, Lesben, aber auch polyamore Lebensweisen und alle Formen von Geschlechtsidentitäten.

Trans Personen als queerfeministisches Feindbild

Statt das als Warnung zu verstehen, werden trans Personen als queerfeministisches Feindbild gezeichnet (ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass längst nicht alle von uns queerfeministisch sind) und Demos gestört. Anstatt sich mit sexualisierter Gewalt in linken Strukturen auseinanderzusetzen. (Am Freitag erschien passend dazu ein "Spiegel"-Artikel, der täterschützende Strukturen in der Linkspartei in Hessen offenlegt und von übergriffigem Verhalten gegenüber Minderjährigen und knapp-nicht-mehr Minderjährigen spricht.)

Wenn sich der Feminismus mittlerweile an den US-Bundesstaaten Florida, Alabama, Lousiana und Texas orientiert, die sich vor allem durch konservative Familienbilder und ein Problem mit der Selbstbestimmung von Frauen auszeichnen, ist das dann noch Feminismus?


Schild auf der Demo in Halle (Bild: Mixi / flickr)

Trans Personen wird vorgeworfen, die Bedürfnisse von cis Frauen zu negieren, während gleichzeitig vor allem gemischte Gruppen von cis und trans Personen Awareness-Teams schulen, Betroffenenarbeit organisieren, sich gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt stellen, Täter von Veranstaltungen schmeißen und lautstark den Täterschutz der linken Szene kritisieren.

Sexualisierte Gewalt geht uns alle an

Sexualisierte Gewalt geht uns alle an. "Der gefährlichste Ort für eine trans Person ist eine Beziehung mit einem cis Mann. Der gefährlichste Ort für eine cis Frau auch", hieß es in einem Redebeitrag auf der Demo von Minzgespinst. "Das Problem sind patriarchale Strukturen und die Erwartungshaltung, über den Körper anderer Personen bestimmen zu können. Der Großteil sexualisierter Gewalt passiert in Nahbeziehungen, der Großteil der Femizide geht von cis Männern aus, die ihren Anspruch auf den Körper ihrer Ex-Partner*innen nicht aufgeben wollen."

Ich bin müde, mich an Strohpuppen abzuarbeiten. Kriegt eure Prioritäten klar. Und wenn ihr schon nicht mit trans Personen gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt sein könnt, dann macht wenigstens die Musik aus, während ihr höhnisch lächelnd danebensteht.

In einer ersten Version dieses Kommentar hieß es, ein Flyer habe trans Menschen als "verfolgte Unschuld" bezeichnet. Der korrekte Titel des Flugblatts lautet jedoch: "Die verfolgende Unschuld".

-w-

#1 DQ24Anonym
  • 16.04.2022, 13:03h
  • Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig und so beschämend wäre!
    Feministinnen, speziell Radikalfeministinnen, haben sich immer für ein körperliches Selbstbestimmungsrecht ausgesprochen (zu Recht!); doch nun versuchen sie, anderen Menschen dieses Recht abzusprechen, dämonisieren diese Menschen, und überschütten sie mit ihrem Hass und ihren Vorurteilen.
    Ich bin Feministin, möchte aber mit diesen "Menschen" nichts zu tun haben!
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#2 fibuAnonym
  • 16.04.2022, 14:26h
  • Guppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch in linken Kreisen zu finden. Aber was will man von einer Gruppe erwarten die sich selbst: "No Tears for Krauts" nennt. Da ist die menschenfeindlichkeit Programm.
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#3 LorenEhemaliges Profil
  • 16.04.2022, 15:52h
  • "My body, my choice" gilt für mich weiter. Und da sind so genannte "linke Feministinnen" dann halt Gegnerinnen im politischen Kampf, die ich genauso hart bekämpfe wie rechte A....geigen.
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