Rechtsradikale machen in Erfurt deutlich, was sie von queeren Menschen halten (Bild: Screenshot Twitter / Endstation Rechts)
Die Neonazi-Partei "Neue Stärke" ist am Sonntag bei einer Demonstration zum Tag der Arbeit in Erfurt mit LGBTI-Feindlichkeit aufgefallen. Die 130 Demonstrant*innen rollten unter anderem eine Regenbogenfahne und eine Fahne des 1991 aufgelösten Staates Sowjetunion aus, über die sie in ihrer Demonstration marschierten.
Dazu hielten sie in der ersten Reihe ein Transparent mit der Aufschrift "Kein Frieden mit System und Kapital", auf dem unter anderem eine durchgestrichene Regenbogenfahne zu sehen war. Die von den Jusos und der SPD gegründete Initiative "Endstation Rechts" postete ein kurzes Video der Demonstration.
Die Polizei berichtete nach der Demo, dass zwei Rechtsextremisten Hitlergrüße gezeigt hätten. Deshalb sei ein Strafverfahren eingeleitet worden.
Verwaltungsgericht gibt Okay für Diffamierung der Regenbogenfahne
Der Lesben und Schwulenverband Thüringen kritisierte, dass das Verwaltungsgericht Weimar im Vorfeld der Demo ausdrücklich erlaubt hatte, dass die Neonazis die Regenbogenfahne verächtlich machen dürfen. Ein Auflagenbescheid der Stadt Erfurt, der es unter anderem untersagte, die Regenbogenflagge in diffamierender Weise einzusetzen, sei unter versammlungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt, so das Gericht am 28. April. Diese Entscheidung sei "erschreckend", erklärte LSVD-Landesvorstandsmitglied Sabine Stelzl.
"Wer heute die Zerstörung von Symbolen, wie der Regenbogenflagge ausdrücklich erlaubt, der legitimiert Hass und Hetze gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Menschen", so Stelzl weiter. "Dass das Gericht in einer Zerstörung oder Besudelung der Regenbogenflagge keine LSBTIQ*-feindliche Tat sieht, ist völlig unverständlich." Sie verwies auf den Volksverhetzungsparagrafen 130, der eigentlich untersagt, zum Hass gegen Minderheiten aufzustacheln.
Die "Neue Stärke" ist eine kürzlich gegründete Partei, die derzeit versucht, bundeweit Strukturen aufzubauen. Sie ist ein Sammelbecken von Neonazis, die sich unter anderem aus ehemaligen Mitgliedern der NPD und der rechten Partei "III. Weg" rekrutiert. Verfassungsschutzbehörden meldeten bereits Aktivitäten in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
Auch die rechtsradikale Thüringer AfD protestierte am Sonntag in Erfurt. Bei einem Autokorso nahmen 70 Fahrzeuge teil. Die AfD hatte 500 Fahrzeuge angemeldet.
DGB-Gewerkschafterin Renate Sternatz beklagte bereits im Vorfeld der Demos, dass Rechtsradikale insbesondere in der thüringischen Landeshauptstadt den Tag der Arbeit für ihre Zwecke missbrauchten: "In Erfurt ist die Situation seit Jahren schon, dass wir rechte Parteien und Extremisten haben, die versuchen, den 1. Mai zu vereinnahmen."
In vielen anderen Teilen Deutschlands marschierten ebenfalls Rechtsextreme und zeigten sich teilweise gewalttätig. Viele Menschen teilten etwa in sozialen Medien Videos von Attacken auf Züge der Deutschen Bahn in Sachsen, darunter auch die WDR-Journalistin Georgine Kellermann. (dk)