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Landgericht Bremen

Zweite Gutachterin wirft Pastor Latzel Verbreitung von Hass vor

Im Volksverhetzungs-Prozess gegen Olaf Latzel kam es zu einem Schlagabtausch über theologische Grundsatzfragen. Nach dem konservativen Alttestamentler Schwienhorst-Schönberger sprach die liberale Professorin Isolde Karle Klartext.


Für Olaf Latzel, Pastor der Bremer St. Martinikirche, ist Homosexualität eine der "Degenerationsformen der Gesellschaft"
  • 14. Mai 2022, 05:05h 23 3 Min.

Im Volksverhetzungs-Prozess gegen den evangelikalen Pastor Olaf Latzel sind am Freitag vor dem Landgericht Bremen gegensätzliche theologische Ansichten aufeinandergeprallt. Im Mittelpunkt standen dabei biblische Auslegungen, Fragen des Umgangs mit Homosexualität und geschlechtlicher Vielfalt sowie abwertende Äußerungen des Geistlichen zu beiden Themen. Dafür war Latzel am 25. November 2020 vom Amtsgericht Bremen wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden, gegen die er Berufung eingelegt hatte.

Die Äußerungen des Pastors sind nach Darstellung des katholischen Alttestamentlers Ludger Schwienhorst-Schönberger im Grundsatz von der Bibel gedeckt. Die Irritationen über die zugespitzte und scharfe Wortwahl des Geistlichen seien verständlich, die Schriften in der Bibel aber eindeutig. Sie stuften gelebte Homosexualität als Sünde ein. Allerdings sei Homosexualität in der Bibel nur ein Randthema (queer.de berichtete).

Latzel vertrete konservative Positionen, sagte Schwienhorst-Schönberger, der an der Universität Wien lehrt. Diese stellten aber keinen privaten abwegigen Sonderweg dar, sondern seien auch in theologischen Kreisen, bei Wissenschaftler*innen und der katholischen Kirche zu finden. Im Mainstream der liberalen, modernen und säkularen Gesellschaft seien solche Positionen aber nicht akzeptabel und plausibel. Er könne aber in den Äußerungen keinen Aufruf zum Handeln gegen Lesben und Schwule sehen und auch keine Anstachelung zum Hass.

Isolde Karle widerspricht

Dieser Auffassung widersprach später die als weitere Gutachterin geladene evangelische Theologin und Professorin der Universität Bochum, Isolde Karle. Es sei weitgehend Konsens in der evangelischen Wissenschaft, dass Homosexualität keine Sünde sei. "Heute wissen wir, dass sie nicht widernatürlich und Teil der Schöpfung ist", sagte sie. Die Gutachterin kritisierte Latzel direkt und warf ihm persönlich vor, mit seinen Äußerungen auf unverantwortliche Weise Vertrauen zerstört und Hass verbreitet zu haben und den Aufgaben eines Pfarrers nicht gerecht geworden zu sein.

Latzel, der seit Ende 2007 Pastor der St. Martini-Gemeinde in Bremen ist, hatte am 19. Oktober 2019 im ersten Teil des rund zweistündigen Seminars vor 30 Ehepaaren der Gemeinde unter anderem Homosexualität als "Degenerationsform von Gesellschaft" und als "todeswürdig" und die "Homo-Lobby" als "teuflisch" bezeichnet. Die Anerkennung von Transsexualität zerstöre ferner "unsere gesamte Zivilisation und Kultur". Schuld an all diesen Entwicklungen sei die "zunehmende Gottlosigkeit". Zudem erklärte er: "Überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher Street Day" (queer.de berichtete).

Das Seminar war im März 2020 kurzzeitig und nach Worten Latzels "versehentlich" als Audiodatei auf Youtube eingestellt worden. Das Amtsgericht Bremen verurteilte ihn im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro (queer.de berichtete).

Befangenheitsantrag gegen Karle

Die beiden Verteidiger Latzels befragten die Sachverständige Karle intensiv zu ihrem Gutachten. Dabei stellten sie auch die Qualität des Gutachtens in Frage und bemängelten unter anderem angeblich fehlende Quellenangaben. Die Verteidigung von Olaf Latzel lehnte die Gutachterin am Ende des Prozesstages wegen des Eindrucks der Parteilichkeit ab und stellte einen Befangenheitsantrag gegen sie. Sie habe ihre gutachterlichen Kompetenzen überschritten und missachtet und eine einseitige Haltung zulasten des Angeklagten angenommen.

Am Montag sollen in dem Verfahren die Plädoyers gehalten werden. Für Freitag kommende Woche ist eine Urteilsverkündung vorgesehen. (cw/dpa)

#1 ElfolfProfil
  • 14.05.2022, 07:41hHamburg
  • Ein sogenannter christlicher Pfarrer holt einen Gutachter, der sich auf das alte Testament bezieht. Also Auge um Auge, Zahn um Zahn. Damir hatte er sich schön disqualifiziert. Seine Glaubenslehre fußt auf dem neuen Testament mit dem Spruch, schlägt einer dich auf die Rechte Wange, so halte ihm auch die Linke hin. Also das Gegenteil, was Laatzel predigt. Wenn das Gericht dem ersten Gutachter folgt, hat es selbst das Christentum nicht begriffen. Wer Homophobie aus dem alten Testament lesen will, darf auch keine Shrimps essen. Die sind dort nämlich auch verboten.
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#2 JuristAnonym
  • 14.05.2022, 09:56h
  • Antwort auf #1 von Elfolf
  • Das eigentliche Problem in diesem Berufungsverhandlung ist aus meiner Sicht, dass überhaupt theologische Gutachter befragt werden.

    Darum geht es nämlich nicht:

    Grundrechte finden dort ihre Grenze, wo die Grundrechte anderer verletzt werden.

    Das gilt für die allgemeine Meinungsfreiheit genauso wie für die Religionsfreiheit.

    Wenn wie im Fall von Herrn Latzel zu Gewalt gegen andere Menschen aufgerufen wird und diese einfach als Verbrecher bezeichnet werden, dann hat das mit Religion nichts mehr zu tun, sondern ist einfach strafrechtlich relevant.

    Insofern finde ich den Ansatz des Landgerichts Bremen von vornherein nicht nur bedenklich, sondern offensichtlich falsch.

    Die Frage im vorliegenden Fall kann eigentlich nur sein, ob hier eine Strafbarkeit wegen Fuchs Verletzung oder nur wegen Beleidigung vorliegt.

    Das beste Argument der Verteidigung ist eigentlich die Behauptung, das Seminar sei nur versehentlich auf YouTube veröffentlicht worden.

    Das ist zwar offensichtlich eine Ausrede, dürfte aber schwer zu widerlegen sein.
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#3 Lucas3898Anonym
  • 14.05.2022, 11:11h
  • Das Gericht wird schon wissen, warum sie die Gutachter in der Reihenfolge eingeladen hat.
    Damit konnte Sie nun den ersten Gutachter schön auseinander nehmen.

    Der Befangenheitsantrag ist nur ein letzter verzweifelter Versuch der Verteidiger eine erneute Verurteilung abzuwenden.
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