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Erstes Coming-out seit über 30 Jahren
England: Profi-Fußballer outet sich
Der 17-jährige Jake Daniels spielt beim Zweitligisten Blackpool – und will die beginnende Karriere nicht mit einer Lüge leben.

Daniels im Gespräch mit Sky Sports News
- 16. Mai 2022, 16:45h 4 Min.
In England hat sich am Montag in einem Interview mit Sky Sports News ein Profi-Fußballer als schwul geoutet – der erste seit Justin Fashanu im Jahr 1990. In dem Interview sagte Jake Daniels, er fühle sich bereit, er selbst zu sein, nachdem er "so lange versteckt" habe, wer er sei.
Der 17-jährige Stürmer beim Zweitligisten Blackpool steht erst am Beginn seiner Karriere: Erst vor wenigen Tagen, am 7. Mai, hatte er sein Debüt in der Profimannschaft des Vereins beim Spiel gegen Peterborough United gegeben – als Einwechslung in der 81. Minute am letzten Spieltag der Saison. In dem Verein spielt er bereits seit dem siebten Lebensjahr. In der Saison 2020/21 wurde er zum Spieler der Saison der Jugendmannschaft ernannt und erzielte 30 Tore für die U18. Den Profivertrag bei Blackpool hatte er erst im Februar unterschrieben und seitdem zunächst als Leihgabe beim Drittligisten Bamber Bridge in vier Spielen ein Tor erzielt.
/ SkyNewsBlackpool forward Jake Daniels speaks exclusively to @SkySportsNews on becoming the UK's first male professional footballer to come out publicly as gay since Justin Fashanu.
Sky News (@SkyNews) May 16, 2022
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Der Stürmer sagte, er habe ursprünglich das Bedürfnis verspürt, sein Schwulsein zu verbergen, um Profifußballer zu werden, und mit seinem Coming-out zu warten, bis er im Ruhestand sei. "Aber ich wusste, dass das eine so lange Zeit wäre, in der ich nur lügen würde und nicht in der Lage bin, ich selbst zu sein, und das Leben zu führen, das ich will."
"Glücklich, endlich ich selbst zu sein"
In dem Interview sagte Daniels, er habe mit fünf oder sechs Jahren erahnt, dass er schwul sei, und zunächst geglaubt, dass das nicht mit Fußball zusammenpasse. "Also dachte ich mein ganzes Leben lang: 'Es ist in Ordnung, du wirst eine Freundin bekommen, wenn du älter bist, und du wirst dich ändern und es wird in Ordnung sein'."
Aber mit der Zeit habe er bemerkt, dass man das nicht könne und dass das Verstecken belastend sei. "Ich hatte in der Vergangenheit Freundinnen, die versuchten, allen meine Kumpels glauben zu machen, ich sei hetero, und es war nur eine massive Vertuschung. Es war also ein Kampf." Dieser habe auch seine mentale Gesundheit berührt.
Das gehöre jetzt alles der Vergangenheit an – "und ich bin zuversichtlich und glücklich, endlich ich selbst zu sein", so Daniels. "Seit ich mich gegenüber meiner Familie, meinem Verein und meinen Teamkollegen geoutet habe, ist diese Zeit des Nachgrübelns und des Stresses, der dadurch entstand, vorbei." Am Tag nach seinem Coming-out bei der Schwester und der Mutter habe er vier Tore geschossen. "Das zeigt, was für ein Gewicht ich von meinen Schultern losgeworden bin und was für eine gewaltige Erleichterung das war."
Instagram / officialjakedaniels | Vor wenigen Tagen unterschrieb Daniels seinen Sponsor-Vertrag mit Adidas
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Auch in einer Stellungnahme auf der Club-Webseite schrieb Daniels über sein Coming-out und Vorbilder wie den australischen Fußballer Josh Cavallo, der sich im letzten Herbst geoutet hatte, den Trainer Matt Morton oder Wasserspringer Tom Daley. Mit seinem Coming-out wolle er ebenfalls ein Vorbild sein: "Es gibt Menschen da draußen im selben Bereich wie ich, die sich vielleicht nicht wohl dabei fühlen, ihre Sexualität zu offenbaren. Ich möchte ihnen nur sagen, dass sie nicht ändern müssen, wer sie sind oder wie sie sein sollten, nur um sich anzupassen. Es ist das Wichtigste, dass du du selbst und glücklich bist."
/ BlackpoolFCA message from Jake Daniels. https://t.co/R2wEsniXKV pic.twitter.com/dcznYKtSaD
Blackpool FC (@BlackpoolFC) May 16, 2022
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Der Verein verbreitete diese Botschaft auch in sozialen Medien. Bei Twitter reagierten bereits mehrere Vereine und Verbände. "Stolz auf dich, Jake", schrieb Manchester City, "Dein Mut und deine Tapferkeit sind inspirierend, Jake", ergänzte Leicester, "Die Fußballwelt unterstützt dich", schrieb die Premier League. Selbst die FIFA teilte den Tweet innerhalb weniger Minuten.
Blackpool habe eng mit Stonewall und Fußballverbänden zusammengearbeitet, um Jake zu unterstützen, schrieb der Verein unter Daniels' Botschaft. Man sei "unglaublich stolz darauf, dass er ein Stadium erreicht hat, in dem er sich sowohl auf als auch neben dem Platz entfalten kann. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir alle ein Umfeld fördern, in dem sich die Menschen wohl fühlen, sie selbst zu sein, und dass der Fußball eine Vorreiterrolle bei der Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung und Vorurteilen einnimmt."
Nur wenige Vorbilder
Daniels ist der derzeit einzige aktiv in einer Profiliga der Männer spielende offen schwule Fußballer. In Deutschland outete sich als bisher einziger Profi der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger nach dem Ende seiner Karriere. 2013 tat es der frühere US-Nationalspieler und Ex-Major-League-Soccer-Profi Robbie Rogers.
Das erste Coming-out eines schwulen Fußballprofis im Jahr 1990 endete in einer Katastrophe: Der Engländer Justin Fashanu wurde mit homophoben Sprechchören in Stadien bedacht, musste sich homophobe "Witze" der Mitspieler anhören und war einer aggressiven Kampagne der nicht zimperlichen englischen Boulevardmedien ausgesetzt. 1998 nahm sich Fashanu nach nie bewiesenen Missbrauchsvorwürfen das Leben. Im Februar wäre der Spieler 61 Jahre alt geworden (queer.de berichtete). (nb)















