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Prozess um Magazin "Theologisches"
Köln: Verfahren zu homofeindlicher Hetze gegen Geldzahlungen eingestellt
"Krebsmetastasen" und "Parasiten" – so hatte ein polnischer Priester Homosexuelle in einer deutschsprachigen Zeitschrift bezeichnet.

Albigowa / wikipedia) Darisuz Oko ist auch ein gern gesehener Gast im staatlichen polnischen Fernsehen (Bild:
- 20. Mai 2022, 16:38h 3 Min.
Ein mit Spannung erwarteter Volksverhetzungsprozess gegen einen polnischen Priester und Theologieprofessor vor dem Amtsgericht Köln ist am Freitag gegen Zahlung einer Geldauflage von 3.000 Euro eingestellt worden. Der Theologe Dariusz Oko aus Krakau hatte Homosexuelle unter anderem als "Krebsmetastasen" und "Parasiten" bezeichnet. Er war dafür zu einem Strafbefehl über 4.800 Euro verurteilt worden, nachdem ihn der katholische Priester Wolfgang Rothe aus München angezeigt hatte. Weil Oko dagegen Einspruch einlegte, kam es zu der Verhandlung (Aktenzeichen 535 Cs 127/21).
Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn warf dem Angeklagten vor, "zum Hass aufgestachelt" und "Teile der Bevölkerung beschimpft und verächtlich gemacht" zu haben. Oko betonte, dass er mit seinem Text nicht alle Homosexuellen angegriffen habe. Vielmehr habe er damit homosexuelle Missbrauchstäter in der katholischen Kirche gemeint. "Ich bereue, dass ich so stark ausgegrenzt habe", sagte er. "Ich entschuldige mich."
Twitter / WolfgangFRothe | Der Priester Wolfgang Rothe, der Strafanzeigen gestellt hatte, begleitete die Verhandlung bei TwitterRichterin schlägt die Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage vor, da die Angeklagten Einsicht zeigten. #Kirche #Missbrauch #Homosexualität #Sexualmoral #Homophobie #LGBT #LGBTQ #LGBTIQ
Wolfgang F. Rothe (@WolfgangFRothe) May 20, 2022
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Der verantwortliche Redakteur der in Köln ansässigen Zeitschrift "Theologisches", in der Okos Artikel erschienen war, muss 4.000 Euro bezahlen, weil seine Verdienste wesentlich höher sind als die von Oko. Der 91-jährige deutsche Priester versicherte, künftig besser auf die Wortwahl der Artikel zu achten. Sein ursprünglicher Strafbefehl lautete auf 9.100 Euro. Die nun beschlossenen Geldauflagen der beiden Männer sind an den "Weißen Ring" zu zahlen.
Oko ist Inhaber des Lehrstuhls für "Kognitive Philosophie" an der Päpstlichen Universität Johannes Paul II. in Krakau. Der Artikel – Überschrift: "Über die Notwendigkeit, homosexuelle Cliquen in der Kirche zu begrenzen" – wurde in der Verhandlung in voller Länge von der Richterin Sophie Schwartz verlesen, was drei Stunden in Anspruch nahm. In dem Text vertritt Oko die These, dass sich die katholische Kirche im Griff einer homosexuellen "Lavendel-Mafia" befindet. Es fallen Begriffe wie "Homo-Häresie". Jesus habe die Kirche nicht als "Schwulenclub" und "homo-orgiastischen Ort" gegründet, wettert Oko, der einen "homosexuellen Verfall" in der Kirche beklagt.
Mehrmals applaudierten im Saal Unterstützer*innen Okos, die das Verfahren verfolgten. Solche Bekundungen sind vor Gericht ungewöhnlich, doch die Richterin schritt dagegen nicht ein. In einem später in "Theologisches" veröffentlichten zweiten Teil hatte Oko über homosexuelle Priester unter anderem geschrieben: "Man sollte nicht versuchen, solche Menschen zu bekehren, dafür sind sie schon zu verdorben und degeneriert, man sollte nur für sie beten und überlegen und planen, wie man Jungen, junge Geistliche, sich selbst und die ganze Kirche vor ihnen schützen kann."
Die polnische Regierung hatte nach Bekanntwerden des Strafbefehls Vorwürfe gegen die deutsche Justiz erhoben. Vize-Justizminister Marcin Romanowski sah "freiheitsfeindliche Tendenzen im deutschen Rechtsschutzsystem". Polen steht innerhalb der Europäischen Union selbst wegen Defiziten bei der Rechtsstaatlichkeit in der Kritik.
Auch Oko hatte in Interviews vor allem in Polen immer wieder mit homofeindlichen Äußerungen nachgelegt. Vor dem Prozess hatte er gegenüber Medien seine Position verteidigt: "Ich spreche nicht über alle Homosexuellen, das ist der springende Punkt. Ich spreche allein über homosexuelle Priester, die schwere Verbrechen begehen", behauptete der 61-Jährige (queer.de berichtete).
In einem anderen viel beachteten Volksverhetzungsprozess hatte das Landgericht Bremen am Freitagmorgen den evangelikalen Prediger Olaf Latzel in zweiter Instanz freigesprochen (queer.de berichtete). Er hatte unter anderem Homosexualität als "todeswürdig" und CSD-Besucher*innen als "Verbrecher" bezeichnet. (cw/dpa)
