Nach über sieben Jahren heißt es Abschiednehmen: Meret Becker (53) hängt ihre Rolle der Nina Rubin an den Nagel. Im Berliner "Tatort: Das Mädchen, das allein nach Haus' geht" (22. Mai, 20.15 Uhr, Das Erste) tritt die taffe Kommissarin zum letzten Mal ihren Dienst an – und bekommt es mit einem gefährlichen Gegner zu tun. Im neuen Fall wird nicht nur ihr Können als Polizistin auf die Probe gestellt, sondern auch ihre Beziehung zu Kollege Robert Karow (Mark Waschke, 50). Denn sie muss ihren Partner im Dunkeln lassen, was bei beiden für Gefühlschaos sorgt…
Darum geht's im neuen "Tatort"
Eine männliche Leiche ohne Kopf wird aus der Spree gefischt. Die Identität des Opfers ist nur schwer zu ermitteln. Kurz darauf wird Kommissarin Nina Rubin von einer jungen Frau verfolgt. Julie Bolschakow (Bella Dayne, 34) erzählt ihr, dass sie einen Mord beobachtet hat und bittet Rubin nun darum, sie unter polizeilichen Schutz zu stellen. Den Toten aus der Spree kannte Bolschakow und erklärt, dass ihr Mann Yasha (Oleg Tikhomirov, 33) ein führendes Mitglied der russischen Mafia in Berlin ist.
Daraufhin beschließt Rubin, der Frau zu helfen und bespricht das weitere Vorgehen mit der Kriminaldirektorin (Nadeshda Brennicke, 49). Diese möchte Julie in das Zeugenschutzprogramm aufnehmen, wenn sie belastendes Beweismaterial gegen ihren Mann auftreiben kann. Fortan befindet sich Rubin in einem Dilemma, da sie Karow nicht einweihen darf, um die junge Frau nicht zu gefährden.
Karow ermittelt weiterhin im Fall der Spree-Leiche, merkt aber, dass seine Kollegin ihm irgendetwas verheimlicht. Da Vertrauen zwischen den beiden schon immer ein heikles Thema war, ist Karow von Rubins Verhalten enttäuscht – vor allem, da sie sich auch privat nähergekommen sind. Wird es Rubin trotz aller Widerstände gelingen, die junge Frau aus den Fängen der Mafia zu befreien?
Lohnt sich das Einschalten?
Absolut! Nicht nur, weil es der 15. und damit letzte Fall mit Nina Rubin alias Meret Becker ist. Die Geschichte spielt im Berliner Mafia-Milieu und ist durchweg spannend erzählt. Schön ist der Umstand, dass zwei Frauen in den Mittelpunkt gestellt werden: Nina Rubin und Julie Bolschakow, die von ihrer kriminellen Familie flüchten möchte. Die kleinen, geheimen Treffen zwischen den beiden sind dabei großartig inszeniert. Die Frauen kennen sich nicht, dennoch umgibt sie von Anfang an eine intime Vertrautheit, die – unter anderen Umständen – noch viel mehr sein könnte. Doch selbst in kurzen, ausgelassenen Momenten hängt eine dunkle Wolke über der Szenerie. Beide lächeln, und doch spricht Trauer aus beider Augen.
Dieser harmlose lesbische Flirt bringt schon die ersten TV-Kritiker*innen auf die Palme. "Müssen jetzt, in Zeiten von LGBTQPlusminusgleich-was-auch-immer, wirklich immer alle auch noch ein bisschen lesbisch oder unentschieden sein?", empört sich etwa das Schweizer Boulevardblatt "Blick". "Bitte nicht missverstehen: Jeder/Jede/Jedes (?) soll meiner Meinung nach so sein, wie er/sie/es (?) will und bitte nicht diskriminiert werden", schreibt Kolumnistin Silvia Tschui. "Aber die Dominanz des Themas geht mir angesichts wichtigerer Themen wie Klimawandel, Krieg und Rohstoffmangel zunehmend auf den Senkel."
Der Schutz der Zeugin und die Ermittlungen im kriminellen Umfeld der Familie stellen Rubin und Karow in ihrem letzten gemeinsamen Fall vor ungeahnte Herausforderungen (Bild: rbb / Aki Pfeiffer)
Zurück zum "Tatort": Die Geheimniskrämerei von Rubin wirkt sich natürlich auch auf ihre Beziehung mit Robert Karow aus. Jahrelang sind die beiden sehr schroff miteinander umgegangen, erst in den letzten Fällen sind sie sich immer nähergekommen – was in "Das Mädchen, das allein nach Haus' geht" thematisiert wird. Doch nun fallen die beiden in alte Muster zurück, stehen sich misstrauisch gegenüber – erst zum Schluss stürzen die Mauern ein. Dem Regisseur Ngo The Chau (45) war es wichtig, "einen Showdown zu kreieren, der unmissverständlich klarmacht, dass sie einander hatten und liebten, ohne füreinander bestimmt gewesen zu sein", wie er im Gespräch mit dem Sender erklärt. Wobei wir Robert Karow ja vor allem als Kommissar Bottom beim Sex mit einem anderen Mann in Erinnerung behalten werden…
Extraportion Drama und Spannung zum Schluss
Dass die beiden Ermittler*innen keine Chance für eine hetero Beziehung bekommen haben, findet Schauspielerin Meret Becker schön. "Verpasste Chancen oder Dinge, die nicht zustande kommen und offenbleiben, gehören zum Leben", sagte sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. Die Beziehung, die Karow und Rubin haben wollten, "haben sie nicht zugelassen oder waren nicht in der Lage dazu", so die 53-Jährige weiter.
Neben den beiden Kommissar*innen brillieren auch die Nebendarsteller*innen in diesem Fall. Allen voran Bella Dayne, die in ihrer Rolle der eingeschüchterten Mafia-Ehefrau Julie Bolschakow vollkommen aufgeht. Großartig harmoniert die Schauspielerin mit Meret Becker, und es macht Spaß, den beiden Frauen zuzusehen – auch wenn die Geschichte durchaus brutale Momente enthält. Besonders eine Szene ist kaum zu ertragen.
Der Schluss hält eine Extraportion Drama und Spannung bereit. Die Macher*innen verabschieden Meret Becker mit einem großen Knall. Fans des Berliner "Tatortes" sollten definitiv Taschentücher bereithalten. Insgesamt ist es ein würdiger Abgang einer Kommissarin, die sich über sieben Jahre lang in die Herzen vieler Menschen gespielt hat. (cw/spot)
Mein Kommentar zum Kommentar: Irgendwas ist immer.
Aber niemand sollte mit Gewalt gezwungen werden, heute den Tatort im Ersten zu sehen. Es gibt sicher in den 500 Programmen irgendwo eine senkelfreundliche Unterhaltung.