Die Deutsche Aidshilfe hat die Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums im Verbindung mit dem Affenpocken-Ausbruch kritisiert. Das Ministerium und ihr Chef Karl Lauterbach (SPD) hatten in diesem Zusammenhang von Männern, die Sex mit Männer haben, als "Risikogruppe" gesprochen (queer.de berichtete).
"Formulierungen wie 'Risikogruppe' wirken stigmatisierend, die vereinfachende Erwähnung anonymer Sexkontakte bedient ein abwertendes Klischee – zumal Affenpocken auch ohne Sex übertragen werden können", erklärte DAH-Pressesprecher Holger Wicht nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP.
Das Wort "Risikogruppe" sei großen Teilen der Bevölkerung erst seit der Corona-Pandemie bekannt. Schwule Männer würden dadurch jedoch "an eine Zeit erinnert, in der sie krass stigmatisiert" worden seien. Zu Beginn der Aids-Krise sei oftmals nicht das HI-Virus, sondern eine "Risikogruppe" als Gefahr gesehen worden. Um die richtigen Personen zu erreichen und Infektionen erfolgreich einzudämmen, brauche es jetzt eine Kommunikation, die "niemanden stigmatisiert und von den Menschen, an die sie sich richtet, akzeptiert werden kann", forderte Wicht.
Auch die Aidshilfe Köln warnte davor, bestimmte Gruppen für den Ausbruch pauschal verantwortlich zu machen: "Der Stigmatisierung von schwulen Männern und Menschen aus Afrika müssen wir entgegentreten", so Vorstandsmitglied Prof. Dr. Jürgen Rockstroh. Information und Aufklärung sollten im Vordergrund stehen. Panik und erneute Überlegungen zu Schließungen von Schutzräumen der Community, wie zum Beispiel Schwulensaunen, seien derzeit unangebracht.
Debatte um Impfungen
Gesundheitsminister Lauterbach hatte am Dienstag die prophylaktische Bestellung von bis zu 40.000 Dosen des Impfstoffs Imvanex angekündigt (queer.de berichtete). Eine präventive Impfung von "Risikogruppen" gegen die Affenpocken könnte laut dem Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sinnvoll sein. "Darüber wird derzeit nachgedacht", sagte Mertens der "Rheinischen Post" vom Mittwoch. Im Gegensatz zur klassischen Pockenimpfung seien bei dem modernen Impfstoff keine Nebenwirkungen zu erwarten. Eine Impfung der gesamten Bevölkerung sei aber "sehr wenig wahrscheinlich".
Bei der Erstimpfung mit dem klassischen Pockenimpfstoff war es bei einem von rund 20.000 Geimpften zu Hirnhautentzündungen gekommen. "Der aktuelle Impfstoff – und nur dieser kommt in Frage – ist aber viel besser verträglich", sagte Mertens. Das Impfvirus könne sich nach der Impfung im Menschen nicht weiter vermehren.
Ältere Menschen, die gegen die Pocken geimpft wurden, verfügen laut dem Stiko-Chef auch über einen Impfschutz gegen die Affenpocken. "Ein gewisser Schutz hält wahrscheinlich lebenslang an", sagte Mertens. Zwar sei der Impfschutz nicht vollständig, er schütze aber zumindest gegen schwere Erkrankungen. (dk/AFP)