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Mehrere Verletzte
CSD Karlsruhe: Regenbogenfahne entrissen und verbrannt
Im Karlsruher Schlosspark wurde am Samstag nach der CSD-Parade eine Person mit Prideflagge angegriffen. Menschen, die zu Hilfe eilten, wurden ebenfalls geschlagen. Gegen die Polizei gibt es schwere Vorwürfe.
- 6. Juni 2022, 06:22h 4 Min.
Zu Updates springen: SPD kritisiert Polizei / Weitere queerfeindliche Angriffe / Staatsschutz übernimmt Ermittlungen
Nach der Karlsruher CSD-Parade kam es am Samstagabend im Schlosspark zu einem queerfeindlichen Angriff. Gegen 22.10 Uhr wurde eine Person mit Regenbogenfahne von einer Gruppe umzingelt, beleidigt und geschlagen. Die Flagge wurde ihr dabei entrissen und verbrannt.
Nachdem weitere CSD-Teilnehmer*innen zu Hilfe eilten, wurden diese ebenfalls angegriffen. Laut Polizeibericht gab es "mehrere Leichtverletzte". Personen seien "an Haaren gezogen und zu Boden gebracht worden, wo weiter auf sie eingeschlagen und getreten worden" sei. Ein 27-Jähriger wurde per Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht, andere Personen wurden "vor Ort von Rettungsteams begutachtet".
Die Kriminalpolizei habe die weiteren Ermittlungen übernommen, heißt es in der Polizeimeldung. "Eine Fahndung führte nicht zu der Personengruppe junger Männer und Frauen von südländischer Erscheinung."
Ließ die Polizei die Angreifer*innen einfach laufen?
Laut einer Augenzeugin habe die Polizei die Angreifer*innen – eine Gruppe von 20 bis 25 Personen – "ohne Kontrolle weiterlaufen" lassen. "Die hinzugerufene Polizei reagierte extremst unangemessen auf die Situation", schrieb die freie Journalistin Armilla Brandt auf Twitter zu einem Foto der verbrannten Fahne. "Trotz einer Polizeipräsenz von mindestens 10 Wannen stiegen lediglich 9 Polizist*innen aus und kümmerten sich um die Betroffenen." Zudem sei es zu queerfeindlichen Beleidigungen durch Einsatzkräfte gekommen. Laut Brandt soll die Aussage "Ihr habt noch nicht genug abbekommen" gefallen sein.
Twitter / armillabrandtEin THREAD :
Armilla Brandt (@armillabrandt) June 5, 2022
TW: Queerfeindliche Gewalt
Zu einem Queerfeindlichen Angriff kam es am gestrigen Tag im #Karlsruhe|r Schlosspark. Dabei wurde mindestens eine Regenbogenflagge entwendet und öffentlich verbrannt.#CSDKarlsruhe #CSD #queerfeindlichkeit
(1/X) pic.twitter.com/U3QvKKhdIM
Die Pressemitteilung der Polizei wirke angesichts des Ausmaßes des Angriffs und des Verhaltens der Beamt*innen "geradezu lächerlich", kritisierte die Journalistin. Die Opfer hätten u.a. Knalltraumata, Gehirnerschütterungen und Knochenbrüche erlitten.
CSD-Organisator*innen sammeln Hinweise
Der CSD Karlsruhe rief Zeug*innen des Vorfalls auf, sich bei der Polizei zu melden. Wer Fehlverhalten der Polizei beobachtet habe, könne sich direkt an den Verein wenden (am besten per E-Mail an
Twitter / CSD_KAWer etwas mitbekommen hat: Bitte bei Polizei als Zeuge melden.
CSD Karlsruhe (@CSD_KA) June 5, 2022
Wer meint, Fehlverhalten der Polizei beobachtet zu haben: Gerne bei uns melden (am besten per Mail: kontakt@csd-ka.de). Wir sammeln und sichten grade.
OB Mentrup kümmert sich persönlich.https://t.co/DwfWQpfuMT
Die Linke Karlsruhe verurteilte den Angriff und wünschte den Betroffenen gute Besserung. "Genau deswegen braucht es weiterhin die #CSD!", schrieb die Partei auf Twitter. (mize)
Twitter / DieLinke_KA"Wofür CSD? Habt doch alle Rechte."
DIE LINKE. Karlsruhe (@DieLinke_KA) June 5, 2022
NEIN.
Gestern wurde eine queere Gruppe angegriffen, zusammengeschlagen und eine Fahne wurde verbrannt.
Genau deswegen braucht es weiterhin die #CSD!
Wir hoffen es geht den Betroffenen gut und wünschen gute Besserung!https://t.co/SKurSjsCEU
Update 15.48h: SPD kritisiert Polizei / Weitere queerfeindliche Angriffe
In einer Pressemitteilung zeigte sich die SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg am Montag "schockiert" über die queerfeindliche Gewalt am Rande des CSD Karlsruhe. "Unser Mitgefühl gilt den Opfern dieses Angriffes", erklärte der queerpolitische Sprecher Florian Wahl. "Doch queerfeindliche Übergriffe steigen deutschlandweit, und dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen!"
Die erhobenen Vorwürfe gegen Einsatzkräfte der Polizei müsse man "sorgfältig prüfen", sagte Wahl. "Unabhängig davon, ob dies tatsächlich der Fall war, müssen wir unsere Polizistinnen und Polizisten schulen, wie mit Hasskriminalität allgemein und queerfeindlichen Übergriffen im Besonderen umzugehen ist."
Deutliche Kritik übte der SPD-Politiker an der Pressemitteilung der Karlsruher Polizei: "Ein queerfeindlicher Übergriff ist keine einfache Schlägerei, bei der es reicht, die Beteiligten voneinander zu trennen, sondern ein Angriff auf die Existenz des Opfers. Die Landesregierung muss gewährleisten, dass die Polizei queerfeindliche Attacken erkennt, beim Namen nennt und angemessen und sensibel handelt!"
Auch VelsPol, der Verein queerer Beschäftigter in Polizei, Justiz und
Zoll, reagierte auf den Vorfall. "Wir werden uns um die Aufklärung des Sachverhaltes kümmern", versprach der VelsPolSÜD- Vorsitzende Thomas Ulmer. "Seit mehr als zehn Jahren informieren wir Polizeiauszubildende über die Thematik LSBTTIQ und Hasskriminalität. Aus diesem Grund können wir ein solches Verhalten der Einsatzkräfte, sollte sich dies bestätigen, nicht akzeptieren."
Unterdessen wurde bekannt, dass es am Tag des Karlsruher CSD offenbar zu weiteren Fällen queerfeindlicher Gewalt kam. "Es gab mehrere Angriffe über den Tag verteilt an mehreren Orten in Karlsruhe", teilte der CSD Karlsruhe auf Twitter mit. "Es handelt sich wohl um dieselbe Personengruppe von 10-20 Leuten. Der Anführer ist namentlich bekannt."
Twitter / CSD_KATW: Queerphobie & Gewalt
CSD Karlsruhe (@CSD_KA) June 6, 2022
+++ UPDATE +++
Es gab mehrere Angriffe über den Tag verteilt an mehreren Orten in Karlsruhe. Mindst. 3/4 sind bekannt.
Es handelt sich wohl um die selbe Personengruppe von 10-20 Leuten. Der Anführer ist namentlich bekannt.
Update 7.6., 18h: Staatsschutz übernimmt Ermittlungen und sucht Zeug*innen
Nach der Gewalt im Anschluss an den Karlsruher CSD im "Schlosspark, bei denen zunächst eine Regenbogenflagge angezündet wurde und eine bis zu 30-köpfige Gruppe im Zuge einer folgenden Schlägerei mehrere Personen verletzt haben soll, hat der Staatsschutz der Karlsruher Kriminalpolizei die Ermittlungen übernommen". Das gab die Polizei am Montag bekannt.
Der Mitteilung zufolge konnten bislang keine Tatverdächtigen ermittelt werden. "Unterdessen erreichten das Polizeipräsidium Karlsruhe von verschiedenen Seiten Vorwürfe, man habe bereits vor Ort und in der Folge nicht mit der gebotenen Intensität ermittelt", so die Polizei. Auch dazu werde ermittelt. "Ziel ist, die Abläufe lückenlos aufzuklären und die Fakten festzuhalten." Die Polizei bittet daher Zeug*innen, die Angaben zu den Geschehnissen am Samstag in der Zeit um 22.00 Uhr machen können, sich an den Kriminaldauerdienst Karlsruhe unter der Telefonnummer (0721) 666-5555 zu wenden. Auch um Videoaufnahmen und Fotos zum Geschehen wird gebeten.
