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Pressekonferenz in Kopenhagen
WHO: CSDs können trotz Affenpocken stattfinden
Europa sei weiter "Epizentrum" der Affenpocken-Ausbreitung, so die Weltgesundheitsorganisation. Absagen von Massenveranstaltungen seien aber nicht notwendig.

Die Fahne der in Genf ansässigen UN-Organisation WHO (Bild: United States Mission Geneva)
- 15. Juni 2022, 15:14h 3 Min.
Europa ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Knotenpunkt der gegenwärtigen Affenpocken-Infektionen. "Europa bleibt das Epizentrum dieser sich weiter ausbreitenden Welle", sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge, am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Kopenhagen. Aus 25 Ländern der Region seien insgesamt mehr als 1.500 Affenpocken-Fälle gemeldet worden. Dies seien 85 Prozent aller aktuellen Fälle weltweit.
Die WHO-Region Europa besteht aus 53 Ländern. Dazu gehören auch mehre Staaten in Zentralasien.
Die Eindämmung der Übertragung der Affenpocken habe nun oberste Priorität, hieß es von der WHO Europa. "Das Ausmaß dieser Epidemie stellt ein reales Risiko dar", warnte Kluge. Je mehr und länger das Virus zirkuliere, desto stärker setze es sich in Ländern fest, in dem es bislang nicht endemisch ist, also üblicherweise nicht vorkommt.
Die Affenpocken sind seit 1970 bekannt und kommen üblicherweise in Zentral- und Westafrika vor. Von den mehr als 1.600 aktuellen Fällen weltweit sind aber außer Europa auch Länder und Regionen wie Nord- und Südamerika, Australien und der Nahe Osten betroffen.
Überwiegend MSM betroffen
Kluge bestätigte, dass von den Affenpocken derzeit überwiegend Männer betroffen seien, die Sex mit Männern hätten (MSM). Zugleich warnte er vor einer Stigmatisierung von Schwulen und Bisexuellen. Der Affenpocken-Erreger hänge "nicht an sich mit einer speziellen Gruppe" zusammen. Der im Gesundheitswesen häufig verwendete MSM-Begriff beschreibt nicht unbedingt eine sexuelle Übertragung, sondern auch eine engere und zugleich internationale Community.
Der WHO-Europa-Chef warnte vor einer weiteren Zunahme der Infektionen während des Sommers, in dem es "Tourismus, verschiedene Pride-Veranstaltungen, Musik-Festivals und andere Massenveranstaltungen in der Region" gebe. Dabei handele es sich um "wirkungsvolle Gelegenheiten" für das Affenpocken-Virus, um "junge, sexuell aktive und hochmobile Leute" zu befallen.
Verbotsforderung ein Vorwand von queerfeindlichen Kreisen
Die Veranstaltungen müssten aber nicht wegen der Affenpocken abgesagt werden, sagte Kluge. Steve Taylor, der Leiter das paneuropäischen LGBTI-Dachverbandes ILGA-Europe, begrüßte diese Haltung bei der Pressekonferenz. Einige Menschen, die "gegen Gleichberechtigung und Menschenrechte" seien, sähen in den Affenpocken einen Vorwand, die rund 750 geplanten Pride-Veranstaltungen zu verbieten, kritisierte er.
Twitter / WHO_EuropeThese events are powerful opportunities to engage with young, sexually active and highly mobile people. Monkeypox is not a reason to cancel events, but an opportunity to leverage them to drive our engagement @hans_kluge
WHO/Europe (@WHO_Europe) June 15, 2022
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Die WHO in Genf hatte am Dienstag mitgeteilt, Ende kommender Woche die Ausrufung eines internationalen Gesundheitsnotstands wegen der Affenpocken zu prüfen. Außerdem denkt sie darüber nach, der Krankheit einen neuen "nicht stigmatisierenden" Namen zu geben.
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) seit vergangener Woche für Teile der queeren Community eine Impfung mit einem Pockenimpfstoff (queer.de berichtete). Eine entsprechende Verteilung an Ärzte ist allerdings noch nicht gestartet. Die EU hat sich rund 110.000 solcher Impfdosen gesichert (queer.de berichtete). (AFP/dk)
