Alice Weidel am Sonntag im ARD-Interview (Bild: Screenshot Das Erste)
Die offen lesbische Politikerin Alice Weidel ist am Samstag auf dem AfD-Bundesparteitag zur Zweiten Bundessprecherin gewählt worden. Die 43-Jährige setzte sich mit 63 Prozent der Stimmen deutlich gegen den Europaabgeordneten Nicolaus Fest durch. Sie wird nun zusammen mit Tino Chrupalla die Rechtsaußenpartei anführen, der im Amt des Parteisprechers bestätigt wurde. Der Parteitag wurde nach der Wahl am Sonntag wegen eines Streits über die Russland- und Europapolitik überraschend abgebrochen.
Mit der Wahl Weidels ist insbesondere der rechtsextreme Flügel um den Thüringer Landeschef Björn Höcke gestärkt worden. Weidel soll hier offenbar nur als eine Art Statthalterin für Höcke agieren, bis dieser die Partei alleine übernimmt, mutmaßte spiegel.de: "Dass er diese demnächst will, machte er in Riesa hinlänglich klar. Zwar sei dies 'jetzt noch zu früh', in zwei Jahren aber nicht mehr." Höcke sorgte nicht nur mit ausländerfeindlichen, sondern auch gerne mit plumpen queerfeindlichen Äußerungen für Schlagzeilen – etwa, wenn er sich über die angeblich "verschwuchtelte" Polizei echauffierte (queer.de berichtete).
In der Vergangenheit hat sich Weidel trotz ihrer eigenen sexuellen Orientierung wenig für LGBTI-Rechte engagiert – ganz im Gegenteil. So warb sie offen gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht, indem sie das Thema mit Islamismus verband: "Ehe für alle, während das Land islamisiert wird?", fragte sie in einer Werbekampagne.
Weidel lebt lesbisches Leben außerhalb Deutschlands
Dabei lebt sie privat ein ganz anderes Leben, als es ihre Partei erlauben will: Obwohl die AfD stets erklärt, Kinder pauschal vor Homosexuellen schützen zu wollen, hat sich Weidel eine eigene kleine Regenbogenfamilie (laut AfD-Definition im aktuellen Wahlprogramm eine "Pseudofamilie") aufgebaut: Sie lebt seit Jahren mit Frau und angeblich zwei Söhnen zusammen. Allerdings nicht in Deutschland, sondern laut schweizerischen Medien zunächst in Biel und seit 2019 in Einsedeln. Zu diesem Widerspruch hat sich Weidel bislang nicht geäußert. Gleichzeitig agiert sie als Feigenblatt der Partei, der sie letztes Jahr etwa bescheinigte, nicht homophob zu sein (queer.de berichtete).
"Das versteh ich jetzt nicht"
Weidel versucht auch nach ihrer Wahl zur Parteichefin, das Image der AfD weichzuspülen. Am Sonntagabend spielte sie etwa in der ARD Kontakte mit einer offen rechtsextremen Gewerkschaft herunter oder gab sich unwissend, wenn es um die Verteilung von Nazi-Material beim AfD-Parteitag ging. "Was haben wir mit dieser Zeitung zu tun? Das versteh ich jetzt nicht", sagte sie in einer ARD-Sondersendung zum Parteitag.
Wie sehr Queerfeindlichkeit in der AfD-Spitze dominiert, zeigt die Wahl der anderen Mitglieder des Bundesvorstandes. So wurde etwa mit Stephan Brandner ein Bundestagsabgeordneter zum Vizechef gewählt, der sich besonders gern mit Homophobie profiliert. Erst im April beklagte er sich etwa über Regenbogenflaggen als "Propagandafähnchen". Eine weitere Vizechein wurde die offen queerfeindliche Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel.
Zudem wurde in den Bundesvorstand etwa Martin Reichardt gewählt, der als familienpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion gerne aggressiv gegen Aufklärung über Vielfalt Stimmung macht. Zu den weiteren Mitgliedern gehören der Europaabgeordnete Maximilian Krah, der queere Rechte als "westliche Agenda" diffamiert, oder die Bundestagsabgeordnete Christina Baum, die sogar das Verbot aller CSD-Veranstaltungen fordert.