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"LGBT welcome"

Ist heutzutage nicht jedes Hotel queerfriendly?

Viele Unterkünfte zeigen mit Regenbogenfahnen, -aufklebern oder -kissen, dass LGBTI willkommen sind. Solche Symbolik gibt queeren Gästen nicht nur ein gutes Gefühl, sondern hat weitaus größere Auswirkungen.


Symbolbild: Das Sofitel am Rittenhouse Square in Philadelphia egte im Pride-Monat Regenbogenkissen auf die Betten (Bild: Aversa PR)

Bei all den Fragen, die uns heute bedrängen können und die durchaus das Potenzial haben, die Fragenden ratlos bis verzweifelt zurückzulassen (Wohin bewegt sich das Klima? Wohin führen die vom Menschen vorgenommenen Zerstörungen der Natur diesen Planeten? Wie kann es sein, dass ein barbarischer Krieg im 21. Jahrhundert direkt in unserer Nachbarschaft tobt? Was zählen eigentlich universale Menschenrechte?…), gehört die Frage nach dem von einem Hotel in Deutschland gezeigten Grad an Queerfriendlyness sicher nicht zu den existenziellsten. Gleichwohl hat diese Frage mich vor Kurzem gleich zweimal ins Reflektieren gebracht.

Ende Mai führte mich eine Vorabendanreise zu einem Businesstermin nach Oberursel in ein ganz klassisch-stilvoll wirkendes 4-Sterne Hotel, das direkt zwischen einem größeren Waldstück und einem imposanten Park liegt. Innerlich eingestellt war ich auf ein wohl schon etwas in die Jahre gekommenes, dunkelholzdeutsches Traditionshotel mit einer guten Portion Plüschmuff.

Ein besonderes Willkommen gegenüber meiner Person

Das erste, was ich aber erblickte, als ich mit meinem Wagen auf den Hotelparklatz fuhr, war eine an einem haushohen Mast hängende leuchtend-wehende Regenbogenfahne. Ich war überrascht und vielleicht sogar so überrascht oder mit anderen Dingen beschäftigt, dass ich noch nicht einmal nachgefragt habe, welche Bewandtnis es mit dieser Fahne habe und ob sie da immer hängen oder vielleicht wegen der Pride-Saison gehisst worden wäre. Wie auch immer: Die Fahne gab mir ein gutes Gefühl der expliziten Akzeptanz von Vielfalt und damit auch ein besonderes Willkommen gegenüber meiner Person für einen zwar kurzen, aber denn doch rundherum schönen Aufenthalt in einer gar nicht altbackenen Location.

Vielleicht war es auch diese kleine Episode, die mich kurze Zeit später erneut ins Grübeln brachte. Ich war für eine Woche in einem ebenfalls mit vier Sternen kategorisierten Hotel in der Westpfalz, das ich schon seit etwa zwölf Jahren mehrfach im Jahr aufsuche. Ich mag das familiengeführte Haus, weil es dort sehr freundlich und sehr persönlich zugeht, die kulinarischen Angebote wunderbar und die Wellness- und Fitnessmöglichkeiten gigantisch sind. Ich ziehe mich an diesen Ort gern zurück, um konzentriert und in ganz in Ruhe an meinem jeweils aktuellen Buchmanuskript zu arbeiten.

Ein gastfreundliches Hotel, aber scheinbar ohne queere Gäste

Vielleicht habe ich mich auch deshalb, weil ich mehr mit mir und meinem Schreiben als mit den anderen Gästen beschäftigt war, zuvor nie gefragt, was mir nun plötzlich als Frage durch den Kopf ging: Wie kommt es eigentlich, dass ich in diesem Hotel, in dem die von überall herkommenden, völlig altersgemischten Gäste – Einzelreisende, Paare, Gruppen und Familien – offensichtlich vergnügt-entspannte Ferientage verbringen, noch niemals bewusst in all den Jahren ein gleichgeschlechtliches Paar, das sich als solches auch in den öffentlichen Bereichen des Hauses zeigt, entdeckt habe? Aufgefallen wäre es mir gewiss trotz aller Beschäftigung mit meinen eigenen Themen.

Und auch wenn ich natürlich durch meine zwei bis drei Aufenthalte jedes Jahr nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Hotelleben mitkriege, ist es doch – so fand ich – merkwürdig, dass mir das offene Erscheinen gleichgeschlechtlicher Paare in diesem so überaus gastfreundlichen Ambiente noch nie aufgefallen war. Würden sich gleichgeschlechtliche Paare hier wohl eher öffentlich zeigen, wenn das Hotel Signale wie die große Regenbogen-Willkommensfahne des Hauses in Oberursel senden würde, fragte ich mich, während mir gleichzeitig der Gedanke quer durchs Hirn kam: Es kann sich doch heutzutage jedes Paar, so offen wie es will, zumindest in einem Hotel in einem Land wie Deutschland zeigen. Braucht es dafür denn noch eine extra Queerfriendlyness-Betonung des gastgebenden Hauses? Alle Gäste und auch Gästepaare sollten doch gleichermaßen willkommen sein.

Queerfriendlyness macht einen qualitativen Unterschied

Ja, klar – und sind sie vielleicht auch – und trotzdem scheint es diesen Unterschied auch heute immer noch zu geben, denn in Häusern, die sich deutlich als LGBTI-freundlich positioniert haben, habe ich auf all meinen nicht wenigen Reisen deutlich mehr sich offen zeigende Menschen, die nicht hetero oder cis sind, wahrgenommen. In einer Welt, wie wir sie hoffentlich eines Tages haben werden, wäre es für Hotels und natürlich auch Firmen, Geschäfte, Organisationen aller Art nicht mehr nötig, für queere Menschen besondere Signale zu senden oder Aktivitäten zu entfalten. Es wäre klar, dass alle gleichermaßen akzeptiert und willkommen sind. Offensichtlich sind wir von dieser Welt aber doch noch ein gutes Stück entfernt.

Dem Eigentümer des Pfälzer Hotels, mit dem ich öfter kommuniziere, habe ich eine Mail geschickt, in der ich neben ein paar anderen Wahrnehmungen auch das Thema Queerfriendlyness als qualitativen Unterschied anspreche. Ich habe anders als sonst, wenn ich ihm etwas mitteile, noch keine Antwort zu diesem Punkt erhalten. Vielleicht muss man hierüber erst ein Weilchen nachdenken.

Meinen Fragenzwist im Kopf habe ich allerdings lösen können: Ja, es macht einen klaren Unterschied, ob ein Haus Queerfriendlyness mit Leben füllt oder nicht – auch heutzutage. Und zu erkennen ist dies besonders daran, wie viele queere Menschen und Paare sich als solche offen und selbstverständlich zeigen. Und wie man sich selbst dort fühlt.

#1 AmberAnonym
  • 25.06.2022, 12:42h
  • Ich muss sagen, dass ich schon beim buchen eines Hotels darauf achte, dass es Gayfriendly ist. Gerade wenn ich ins Ausland reise, ist mir das wichtig. Ich möchte mich nicht verstecken.
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#2 seb1983
  • 25.06.2022, 14:51h
  • In einem Hotel erwarte ich eigentlich dass man sich aus dem Leben des Gastes heraushält soweit es den Betrieb nicht stört.

    "Finden Sie nicht die Begleitung ist etwas jung für Sie?"
    "Also mit dem Mantel würde ich mich nicht draußen blicken lassen"
    "An ihrer Stelle würde ich mir ja was gesünderes aufs Zimmer bestellen"
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#3 Möff RöfflplockAnonym
  • 25.06.2022, 16:10h
  • Ich finde diese Beobachtung faszinierend und musste selbst noch einmal darüber nachdenken: Was mir direkt auffällt ist, dass ich Trans* Frau mitten im Verfahren mich ohne weitere Probleme als Frau anmelden kann, aber bei Hotels die nicht extra drauf hinweisen konsequent misgendert und/oder verwechselt werde (sollte nicht eigentlich die Frau so und so heute kommen? Sind sie der Mann?), was mir ehrlich gesagt nicht so viel ausmacht, dass ich das Hotel wechseln würde, aber was mich, jetzt wo ich darüber nachdenke doch sehr belastet.
    Auf jeden Fall sehr cooler Artikel und wirklicher Qualitätsjournalismus!
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