Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?42464

Schwarz-Grün in Nordrhein-Westfalen

Trotz Homophobie-Vorwürfen: Nathanael Liminski bleibt Wüsts rechte Hand

In NRW steht das Kabinett fest. Der rechte Hardliner Nathanael Liminski erhält mehr Macht, steigt aber nicht zum Schulminister auf. Die Grünen nominieren eine lesbische Integrationsministerin.


Nathanael Liminski bleibt weiter Chef im Hause des Ministerpräsidenten (Bild: Land NRW)

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat am Mittwochmittag die Minister*­innen seiner Partei für die erste schwarz-grüne Landesregierung im bevölkerungsreichsten Bundesland vorgestellt. Dabei kündigte Wüst an, dass der 36-jährige Nathanael Liminski weiter Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei bleiben werde. Außerdem werde er künftig das in der Staatskanzlei angesiedelte Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien leiten. Auf Twitter bedankte sich Liminski für das Vertrauen Wüsts und erklärte, er werde "eine starke Stimme für unser Land in Berlin und Brüssel sein".

Twitter / n_liminski
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Der Regierungschef ernannte insgesamt vier christdemokratische Ministerinnen und vier Minister, die alle noch im Laufe des Mittwochs ihren Amtseid ablegen werden. Seinen Job behält unter anderem der populäre Landesinnenminister Herbert Reul, der sich schon in den letzten vier Jahren in der schwarz-gelben Koalition als Kämpfer gegen Kriminalität in Szene gesetzt hatte.

Liminski, der bereits 2017 vom damaligen Landesvater Armin Laschet in die Staatskanzlei geholt worden war, ist in der letzten Monaten unter anderem wegen früherer extrem abwertender Äußerungen über sexuelle Minderheiten scharf kritisiert worden. Dabei wurde insbesondere auf ein "Spiegel"-Interview aus dem Jahr 2007 verwiesen, in dem Liminski gesagt hatte: "Ich kenne viele Homo­sexuelle, und einige tun mir leid. Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern."

Er trat zu dieser Zeit als Vertreter der "Generation Benedikt" auf, einer Art Fanclub für Papst Benedikt XVI. Dabei verteidigte er insbesondere die kirchliche Sexualmoral, die keinen Platz für Schwule und Lesben oder trans Menschen hat.

Mitte der Nullerjahre war Liminski Praktikant beim erzkonservativen US-Abgeordneten Mark Souter, der Homosexualität mit Alkoholismus gleichsetzte. Außerdem trat der Christdemokrat, dem Verbindungen zu Opus dei nachgesagt werden, mehrfach beim extrem queer­feindlichen Forum Deutscher Katholiken auf. Er schrieb auch als Autor für das rechtsradikale Portal "Freie Welt" von Sven von Storch, dem Ehemann der heutigen AfD-Politikerin Beatrix von Storch. Diese Propaganda-Seite hetzt auch gegen queere Menschen (queer.de berichtete). Bis heute sind dort Liminskis Artikel online, in denen er unter anderem gegen Kondome als Mittel gegen HIV Stimmung macht.

In den Zehnerjahren wirkte Nathanael Liminski dann eher im Hintergrund und äußerte sich gegenüber Medien nicht mehr zu tagesaktuellen Fragen, zu seinem Glauben oder seiner Haltung zu sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten. Erst mit seiner Kandidatur als Direktkandidat für die CDU in Köln-Ehrenfeld bei der Landtagswahl im Mai änderte sich das. Hier versuchte er, sein Image zu ändern. Bereits vor über einem Jahr sagte er etwa der "Süddeutschen Zeitung": "Für die soziale Stabilität einer Gesellschaft ist wichtig, dass Menschen in einer Partnerschaft verbindlich und verlässlich füreinander Verantwortung übernehmen – das gilt selbstverständlich unabhängig von ihrem Geschlecht." Außerdem nahm er dieses Frühjahr kurz vor der Landtagswahl beim Jahresempfang der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) teil.

Twitter / n_liminski
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Die LSU verteidigte daraufhin ihren Parteifreund gegen Vorwürfe der Homophobie. "Toleranz und Respekt fordern, aber selber Vorurteile pflegen: Das ist unanständig und verlogen", schrieb der NRW-Landesverband etwa am Dienstag. "Die Diskussion um Liminski zeigt: Parteipolitisches Feindbild steht über allem. Im Unterschied zu 99,9% der Ankläger:innen stehen wir schon lange mit ihm im Austausch und sind froh, dass alles von dem, was auch wir gehört und gelesen haben, widerlegt ist."

Twitter / lsu_nrw
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Liminski war in den letzten Tagen auch als möglicher Schulminister gehandelt worden. Darum gab es vermehrt Kritik an dieser Personalie, insbesondere von SPD und Linken. Die Linkspolitikerin Martina Renner fragte etwa auf Twitter, ob die Grünen wirklich einen "religiösen Fundamentalisten" im Schulministerium akzeptieren würden.

Twitter / MartinaRenner
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Der Sozialdemokrat Alfonso Pantisano, der auch im Vorstand des Lesben- und Schwulenverbandes sitzt, griff auf Twitter ebenfalls die Grünen an und warnte vor einem "Tabubruch": "Der Regenbogen der Grünen ist nichts wert, wenn sie es jetzt in ihrer neuen Koalition mit der CDU zulassen, dass der homophobe Nathanael Liminski Schulminister wird", so Pantisano.

Twitter / Pantisano
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Gegen Liminski sprach neben dieser Kritik auch, dass er in seinem Wahlkreis Köln III das NRW-weit schlechteste CDU-Ergebnis erreicht hatte (queer.de berichtete). Er brachte es lediglich auf 13,8 Prozent der Erststimmen.

Wüst kündigte auch an, dass Karl Laumann Gesundheitsminister von NRW bleibt. Der 65-Jährige war in der Vergangenheit ebenfalls durch homo­sexuellenfeindliche Sprüche aufgefallen, die er aber zuletzt nicht wiederholte. 2012 hatte er etwa Schwulen und Lesben vorgeworfen, nichts für eine "gute Gesellschaft" zu tun. Diese Aussage wurde damals sogar von der LSU kritisiert (queer.de berichtete).

Josefine Paul wird Integrationsministerin

Bereits am Freitag hatte die Grünen ihre vier Minister*innen benannt – wie die CDU besetzten sie die Posten paritätisch mit Frauen und Männern. Die lesbische Politikerin Josefine Paul wurde als Ministerin für Kinder, Jugend und Familie, Gleichstellung, Integration und Flucht nominiert. Die 40-Jährige ist bereits seit 2010 Mitglied des Düsseldorfer Parlaments. Seither fungierte sie als Sprecherin für Queerpolitik für die grüne Landtagsfraktion. Seit Oktober 2020 war sie eine von zwei Fraktionschefinnen im Landtag von NRW.

Wie Ministerinsein geht, kennt Paul bereits von ihrer Lebenspartnerin: Sie ist mit Katja Meier liiert, die seit 2019 Sächsische Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung ist. Die beiden sprachen letztes Jahr in der "Zeit" über ihre Beziehung – und erklärten, dass sie auch ein Vorbild für andere sein wollten: "Vielleicht hilft das anderen, wenn sie sehen, ah, die sind wie wir. Vielleicht motiviert es sie sogar, bei einer Partei mitzumachen, für ein Amt zu kandidieren", so Meier damals (queer.de berichtete).

Leer ausgegangen ist dagegen der offen schwule Politiker Arndt Klocke, der ehemalige Partei- und Fraktionschef der nordrhein-westfälischen Grünen. Er wäre gern Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr geworden. In einer Erklärung zeigte sich der Kölner sichtlich enttäuscht: "Ich hätte gern nach zwölf Jahren als Fachpolitiker im Landtag diesen Koalitionsvertrag aus der Regierung heraus mit umgesetzt. Unsere Grünen-Spitze hat dies anders entschieden."

Twitter / Arndt_Klocke
Datenschutz-Einstellungen | Info / Hilfe

Klocke ist der Lebenspartner des Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann. Er erzielte in seinem Wahlkreis Köln III mit 41,6 Prozent der Erststimmen das beste Ergebnis für seine Partei im ganzen Land – sein Gegenkandidat war ausgerechnet Nathanel Liminski.

#1 PetterAnonym
  • 29.06.2022, 13:42h
  • Interessant, mit wem die Grünen koalieren...

    Pöstchen zählen eben doch mehr als Inhalte.
  • Antworten »  |  Direktlink »
#2 LorenProfil
  • 29.06.2022, 14:17hGreifswald
  • Es werden einige in NRW aufatmen, dass er nicht das Schulministerium übernimmt. Als Zuarbeiter des Ministerpräsidenten Wüst hat er sich offenbar aus dessen Sicht bewährt.
  • Antworten »  |  Direktlink »
#3 War klarAnonym
  • 29.06.2022, 14:26h
  • Natürlich: Die Stockholmsyndrom-Union verbittet sich jegliche Kritik an St. Liminski. Oder man könnte sie selbst zitieren - das Zitat passt nämlich auch in diese Richtung geradezu erschreckend gut:
    "Toleranz und Respekt fordern, aber selber Vorurteile pflegen: das ist unanständig und verlogen. Die Diskussion um Liminski zeigt: parteipolitisches Feindbild steht über allem."

    Gern wird sicherlich auch darüber hinweggesehen, dass die von Liminski mitgegründete "Generation Benedikt" in ihrem katholischen Mediennetzwerk "Initiative Pontifex" gerade die menschenverachtenden Entscheidung des US Supreme Courts abfeiert und sich selbiges auch für Deutschland wünscht. Einen Link zur Pressemitteilung des Netzwerks werde ich nicht setzen, da ich diesem Personenkreis ganz sicherlich nicht auch noch unnötige Klicks schenken möchte.
    Wer es dennoch als Quelle sehen möchte, der suche nach "INITIATIVE PONTIFEX BEGRÜSST DAS URTEIL DES U.S. SUPREME COURTS ALS WICHTIGEN ANSTOSS FÜR DIE DEUTSCHE DEBATTE":

    »Die Initiative Pontifex begrüßt das am 24. Juni 2022 ergangene höchstrichterliche Urteil aus den Vereinigten Staaten. Dieses verneint nach beinahe 50 Jahren die Ableitung eines Rechts auf Abtreibung aus den Freiheitsrechten der U.S.-Verfassung. Das Mediennetzwerk wünscht sich von dem sorgfältig erwogenen Urteil Rückenwind auch für den Schutz ungeborenen Lebens in Deutschland. (...)
    Das ist kein Thema, bei dem es etwas zu bejubeln oder zu feiern gibt. Auch nicht die Abschaffung des Werbeverbots (§ 219a StGB) in Siegerpose, wie es aktuell in sozialen Medien, sogar durch ganze Bundestagsfraktionen, geschieht.«

    Sei es drum, warum sollte in der Union auf nachlesbares/nachschaubares und keinesfalls falsch interpretierbares Gedankengut geschaut werden, wenn es die Kolleg:innen von der SPD auch nicht tun. Da sind ja auch Thierse, Schawan & Co. die armen Opfer, die von der linksgrünversifften Woke-Cancel-Culture geschlachtet werden sollen, nicht wahr?

    Summa summarum:
    Man kann von Glück sprechen, dass die Unvereinbarkeit von religiösem Hardliner und Bildung auch von Kindern und Jugendlichen zumindest momentan (noch?) gewahrt bleibt.
    Für die Zukunft, auch schon die nahe, sehe ich aber -wie der Blick in die obig zitierten Abgründe der klerikalen Gedankenwelt belegt- eine und schöne (und hoffentlich "nur" verbale) Zuspitzung der "Grabenkämpfe" zwischen den beiden konträren Lagern "für die Einhaltung von Menschenrechten und empathisches Miteinander" und "Ablehnung von Menschenrechten und Empathie". Auf jeden Fall werden die nächsten Jahre sowohl in den USA, als auch insbesondere bei uns in Europa "interessant", wenn das ein Begriff ist, den man für die Abwicklung von Menschenrechten und Minimalfortschritten für Frauen, Queers und -ganz schlimm- Personen abseits von christlichem oder jeglich religiösem Glauben verwenden möchte.

    Mittlerweile bin ich fast gewillt, Bischof H.J. Algermissen zuzustimmen, der 2008 auf dem Kongress "Freude des Glaubens" des Forums Deutscher Katholiken davon sprach: "Wir stecken in einem Kulturkampf".
    Algermissen machte dies u.a. daran fest, dass Frauen das Recht haben, über ihre Körper zu bestimmen.

    Was darauf noch folgte, von anderen Teilnehmenden und Kuratoriumsmitgliedern, liest sich heute wie ein Strategiepapier im Kampf gegen Menschenrechte:
    »Unter dem Deckmantel der Gleichstellungspolitik, heißt es in einer Erklärung, werde die Geschlechtsidentität von Mann und Frau aufgelöst. Es handele sich um eine "kulturelle Revolution der Homo- und Lesbenorganisationen" zur Schaffung des "neuen Gender-Menschen". Der Versuch des Staates, über Erziehung und Ausbildung die Geschlechtsidentität der Kinder und Jugendlichen zu verändern, sei ein Missbrauch staatlicher Macht. Sie ziele auf die Zerstörung der Familie an der Wurzel: "Wir fordern jeden Bürger zum Widerstand gegen Gender-Mainstreaming auf, insbesondere gegen die Vermittlung im Sexualkundeunterricht." Von den Politikern wird verlangt, statt Gender-Mainstreaming "die reale Stärkung der Familie" zum Leitprinzip und zur "Querschnittsaufgabe" zu machen. An die Bischöfe wird appelliert, ihrer Hirtenpflicht nachzukommen und das Volk vor den Versuchen, einen neuen, "geschlechtsvariablen Menschen" zu schaffen, zu schützen. Die "Propagierung der Homosexualität" unter dem Vorwand der Nichtdiskriminierung, die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit Ehe und Familie oder ein Recht homosexueller Paare, Kinder zu adoptieren, wird "kompromisslos" abgelehnt.«*

    Wirft man dann noch einen Blick auf die "Agenda Europe"**, wird mensch hier sehr deutlich, dass die Anhäufungen der Angriffe der letzten Jahre alles sind - nur kein Zufall.

    *) "Papsttreue Katholiken sehen Deutschland im Kulturkampf":
    www.welt.de/welt_print/article2444971/Papsttreue-Katholiken-
    sehen-Deutschland-im-Kulturkampf.html



    **) Die von proFamilia zur Verfügung gestellte Übersetzung der Originalpublikation des European Parliamentary Forum on Population and Development (EPF) :

    wwwtest.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Fachpublikatio
    nen/Agenda_Europe.pdf
  • Antworten »  |  Direktlink »